Winzige Zwerge, virtuose Alleskönner

TU-Wissenschaftler begeben sich in den Nanokosmos und arbeiten an einem neuartigen Laserfernseher

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Forschung & Entwicklung

Unsere Kenntnis von Zahl und Beschaffenheit der chemischen Elemente ist weitgehend vollständig. Die physikalischen Gesetze, welche das Zusammenwirken von Atomen in Flüssigkeiten oder festen Körpern bestimmen, sind überwiegend erforscht. Ist damit das Zeitalter der durch die Physik oder Chemie verursachten Innovationsschübe abgeschlossen? Weit gefehlt! Die Nanowelt eröffnet neue Perspektiven.

Menschliche Neugier enthüllte viele Geheimnisse der Natur und man nutzte die Erkenntnisse für den Fortschritt. Zunächst bedeutete dies die Beherrschung verschiedener Materialien: Stein, Bronze, Eisen und heutzutage Silizium als Basis der Mikroelektronik. Zunehmend entwickelt sich nun die Beherrschung des Raumes in immer kleineren Dimensionen zur Schlüsselkompetenz in Wissenschaft und Wirtschaft - die Erschließung der Nanowelt.

Ameise, Größe: bis zu 60 mm
Wir beginnen den Raum, die Ausdehnung von Materie als Träger völlig neuer Eigenschaften zu begreifen. Dabei begeben wir uns in eine Welt, die unserer unmittelbaren Anschauung nicht mehr zugänglich ist. Das winzige Kleine, ein Haar oder das Auge einer Ameise, lassen sich gerade noch unter einem Mikroskop betrachten.

Treten wir in den Nanokosmos, so wird alles nochmals um den Faktor 1000 kleiner. Wir können es nicht mehr sehen oder berühren, nur noch mit den besten Elektronenmikroskopen in Sichtbares übersetzen.

Neben dem Material bestimmen die Ausdehnung, die Geometrie der Nanostrukturen und die Anordnung der Atome die Eigenschaften der Dinge, also auch ihre Funktion.

Ameisenkopf, Größe: 0,7 mm
Im Nanokosmos beobachten wir die plötzliche Teilung und Differenzierung von Zellen. Auch auf scheinbar glatten Festkörperoberflächen können sich in Sekundenschnelle Hunderte von Milliarden regelmäßig angeordneter Strukturen bilden, die so genannten Quantenpunkte.





Verkapselte Medikamente und Nanoröhren für den PKW-Tank

  • Die Vorsilbe"Nano" kommt aus dem griechischen und bedeutet "Zwerg". Ein Nanometer entspricht dem millionsten Teil eines Millimeters.
  • Nanopartikel, die Chemotherapeutika in sich tragen, werden in Zukunft dicke Zellwände durchdringen können und gezielt nach einem Schlüssel-Schloss-Prinzip an Tumore andocken. Gravierende Nebenwirkungen einer Chemotherapie könnten vermieden werden.
  • Fullerene sind eine weitere Modifikation des Kohlenstoffs, ebenso wie Graphit und Diamant. Bei den Fullerenen sitzen die Atome nur an der Oberfläche. Wasserstoff lässt sich in ihnen dicht anordnen und man könnte es für eine 500 Kilometer lange PKW-Fahrt in einem aus Nanoröhren bestehenden Tank unterbringen. Er würde nur knapp 50 Kilogramm wiegen.
  • Auch nanoverkapseltes Insulin könnte etwa nahezu ungehindert durch die Lunge mittels eines Nasensprays in die Blutbahn aufgenommen werden. Auf Spritzen könnte dann verzichtet werden.
Am Ameisenbein liegt der Nanotechnik-Laser (rot). Sein Durchmesser beträgt: 0,01 mm

Für Nanoteilchen gelten ihrer Winzigkeit wegen andere physikalische Gesetze: die Gesetze der Quantenmechanik.

Am Institut für Festkörperphysik (IFKP) der TU Berlin können mit Hilfe von hochsensiblen Geräten wie dem Rastertunnelmikroskop einzelne Atome "abgetastet" werden. Selbstorganisationsmechanismen nutzt man dabei zur Herstellung von Nanostrukturen mit oftmals verblüffender Schönheit. Diese können beispielsweise auf einer Halbleiter-Oberfläche entstehen. Die Größe und Form der Nanostrukturen werden von den Forschern durch gewählte Umgebungsbedingungen eingestellt. Beispielsweise lassen sich Nanoteilchen unter bestimmten Umständen zum Leuchten anregen. Je nach Größe senden sie Licht einer ganz bestimmten Farbe aus: Aus demselben Material lassen sich - je nach Größe der verwendeten Strukturen - Laser für den grünen, blauen und ultravioletten Spektralbereich erschaffen. Und daran arbeiten die TU-Forscher.

Die Nanopyramiden sind darin regelmäßig angeordnet. Sie messen 10 - 20 millionstel mm
Die nanokosmische Architektur stellt damit die Grundlage für neue, noch dichter gepackte Datenspeicher als auch für ein zukünftiges, auf der Technik von Halbleitern aufbauendes Farbfernsehen dar. In der Vision der TU-Wissenschaftler und Ingenieure erzeugen drei nur jeweils stecknadelkopfgroße, Energie sparende Laser ausreichend Licht, um einen TV-Schirm mit einer Diagonale von zwei Metern mit Bildern bisher ungekannter Farbreinheit zu erfüllen.

Wenige Tausend Halbleitermoleküle (Kugeln) formen eine Pyramide. Diese verstärkt das Laserlicht
Aber auch am Institut für Verfahrenstechnik hat man sich auf die Nanoebene begeben. Die TU-Forscher wollen Aerogele herstellen, die mit ihrer nanoporösen Substanz als thermische Isolatoren in der Solartechnik und im Brandschutz eingesetzt werden können. Und das Institut für technischen Umweltschutz entwickelt neuartige Nanopartikelfilter, da die klassischen Verfahren zur Abwasserreinigung eine Vielzahl von chemischen Substanzen nicht entfernen können.

Datenbank:

Die TU Berlin ist Sprecherhochschule des Sonderforschungsbereichs (Sfb) "Wachstumskorrelierte Eigenschaften von Halbleiter-Nanostrukturen" der DFG und gleichzeitig Sitz von NanOp, dem nationalen Kompetenzzentrum des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für die Nutzung von Nanotechnologie in der Optoelektronik und des Optoelektronik-Konsortiums Berlin.
Institut für Festkörperphysik, PN 5-2,
Hardenbergstr. 36, 10623 Berlin, Tel: 030/314-22082, Fax: 030/314-22569,
Prof. Dr. Dieter Bimberg, E-Mail: bimberg@physik.tu-berlin.de,
Internet: http://sol.physik.TU-Berlin.de/ oder http://www.nanop.de/

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