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Vor 100 Jahren wurde das Promotionsrecht an die Technischen Hochschulen Preußens verliehen

parTU
Jubiläum

Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich war es, der den Ingenieuren den "Ritterschlag der Wissenschaft" gewährte und sie den "humanistisch gebildeten Akademikern" gleichstellte.
1899 verlieh er während des 100-jährigen Gründungsjubiläums der Bauakademie das Promotionsrecht an die Technischen Hochschulen Preußens.

Der Entwicklung der Zeit folgend, öffnete sich damit für die Ingenieure die Tür zu Wissenschaft und Forschung. Die Bauakademie - eine der Vorgängereinrichtungen der TU Berlin - war zwar höhere Bildungsanstalt, doch hatte sie nur einen Lehr-, aber keinen Forschungsauftrag. Die Königlich Technische Hochschule konnte sich nun gleichrangig neben den altehrwürdigen Universitäten behaupten.

Im Laufe des vorigen Jahrhunderts hatten die Technikwissenschaften an Bedeutung und Terrain gewonnen. Nicht nur in der Lehre wuchs der Bedarf. Impulse gab vor allem die aufstrebende Industrie, die sich anschickte, Gesellschaft und Arbeitswelt grundlegend zu ändern. Mit der zunehmenden Technisierung Anfang des Jahrhunderts wurde Charlottenburg zu einem bevorzugten Ansiedlungsgebiet der Industrie. Die Verquickung von Wissenschaft und Praxis fand darin ihren Ausdruck.

Die Verleihung des Promotionsrechts bedeutete somit die Anerkennung einer neuen Wissenschaft und die Etablierung eines neuen Berufsstandes, des Ingenieurs. Und gerade die Vertreter der Technik beeinflussten durch ihr Forschen und Wirken maßgeblich das Alltagsleben - im positiven wie im negativen Sinne.

Zunächst hatten Frauen einen verschwindend kleinen Anteil daran. Der Weg in die preußischen Hörsäle öffnete sich für sie erst 1908 und an der Technischen Hochschule ein Jahr später. Vor allem Chemie und Architektur belegten die ersten Studentinnen. Bis 1931 promovierten in Charlottenburg insgesamt 14 Chemikerinnen zum Dr.-Ing. Die Öffnung der Hochschule für sie und die Erlangung der Doktorwürde war ein wichtiger Schritt nicht nur für die Frauenbewegung.

Den Jahren der Nazidiktatur und des Krieges folgte ein Umdenken mit Konsequenzen für die Ausbildung. Dem Fachstudium wurde obligatorisch ein humanistisches Studium beigeordnet. Der Ingenieur sollte über sein Wirken auch reflektieren. In den folgenden Jahrzehnten gab es zahlreiche Spezialisierungen des Berufes. Heute unterstützen private und staatliche Förderprogramme angehende Dr.-Ing., Dr. rer. pol. oder Dr. rer. nat.

Ungefähr fünf Prozent der Ingenieur-Absolventen wählen den Weg der Promotion. Der 100. Jahrestag der Verleihung des Promotionsrechts ist erneut Anlass, über Berufsstand und Zukunftsorientierung nachzudenken.

Was bringt ein Doktortitel?

Eine geistige Bereicherung ist die Promotionszeit zweifelsohne - was bringt jedoch der Doktortitel auf dem Gehaltszettel? parTU befragte den Geschäftsführer der Kienbaum Vergütungsberatung (Gummersbach), Dr. Heinz Evers:

parTU: Wie viel bringt eine Promotion pro Monat auf dem Gehaltszettel?

Heinz Evers: Im Durchschnitt zwischen 10.000 und 20.000 Mark im Jahr. Am deutlichsten wird es beim Tarifvertrag der Chemischen Industrie. Ohne Promotion bekommt man im 2. Berufsjahr 80.400 Mark, mit Promotion 93.600 Mark. Dabei gilt für alle Doktoren: Je mehr Praxisrelevanz das Promotionsthema aufweist, um so höher ist das Einstiegsgehalt. Gut die Hälfte aller Geschäftsführer und Vorstände sind Promovierte. Also auch im späteren Berufsleben zahlen sich die zwei Buchstaben vor dem Namen aus.

parTU: Steigen Doktoren auf der gleichen Hierarchie-Stufe ein wie Nicht-Promovierte?

Heinz Evers: Grundsätzlich ja, jedoch gibt es auf dieser Stufe unterschiedliche Wertigkeiten. Promovierte steigen aber schneller auf, da ihre Qualifikation besser ist.

parTU: Schreckt der Doktortitel nicht kleine Firmen ab, da sie automatisch an ein höheres Gehalt denken?

Heinz Evers: Das kann sein. Akademiker sind teuer - mit oder ohne Titel. Aber sie werden sich auch nicht unbedingt bei solchen Firmen bewerben, da dort die Aufstiegschancen für sie geringer sind.

Promotionen an der TU Berlin 1997

Im Jahre 1997 wurden 463 Promotionen an der TU Berlin durchgeführt.

  • Dr.-Ing. 246, davon 216 männlich, 30 weiblich
  • Dr. rer. nat. 151, davon 119 männlich, 32 weiblich
  • Dr. phil. 41, davon 25 männlich, 16 weiblich
  • Dr. rer. oec. 23, davon 22 männlich, 1 weiblich
  • Dr. agr. 2, davon 1 männlich, 1 weiblich

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Die Kienbaum Consultants International GmbH zählt zu den Branchenführern der Beratung in Europa. In Deutschland ist sie Marktführerin in der Vergütungsberatung.

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