Assessment Center

Big brother is watching you

parTU
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Headhunter, Assessment Center, Recruiting und soft skills sind die Anglizismen, die Absolventen und Personalberater verwenden, wenn es um den Berufseinstieg geht. Nicht ohne Grund, denn viele neue Auswahlverfahren kommen aus den USA.

Wenn es pikt und die Personalchefin mit lächelnder Miene unangenehme Fragen stellt, dann ist man mittendrin im Bewerbungsgespräch. Neben den eher klassischen Auswahlverfahren prüfen Unternehmen immer öfter ihre künftigen Mitarbeiter über ein Assessment Center (AC). Auch kleine Firmen leisten sich den Aufwand dieses meist zwischen einem und mehreren Tagen dauernden Auswahlverfahrens.

Viele Examenskandidaten bekommen vor dieser Prozedur das große Zittern. War es früher nur das einstündige Vorstellungsgespräch, so setzt sich ein AC aus mehreren Modulen zusammen. Dabei gilt stets: Big brother is watching you.

Selbst in größten Stresssituationen, wenn der Schweiß rinnt und die Gehirnzellen rotieren, sitzen Beobachter am Rande und notieren fleißig. Ihr Ziel ist es, Motivation, Kreativität, Kommunikationsfähigkeit und Zielstrebigkeit des Bewerbers zu erkunden. Die vielgelobten soft skills also. Das Fachwissen des Absolventen muss sich dort einreihen.

Der Kandidat balanciert auf einem schmalen Grat: Einerseits muss er Teamfähigkeit und Schnelligkeit zeigen, andererseits die Mitbewerber als Konkurrenten sehen und knifflige Aufgaben mit kühlem Kopf angehen. Schauspieler werden dabei schnell entlarvt.

Und diejenigen, die sich hinter den anderen verstecken, sind aus dem Spiel. Manchmal stößt der AC-Kandidat auf unlösbare Aufgaben - auch das ist gewollt. Vor nichts ist er gefeit, wie im Arbeitsleben auch.

"Offen sein und auch Schwächen dort zeigen, wo es sie gibt", rät Horst Kunz vom Hochschulteam Arbeitsamt Berlin West. Das sei die beste Strategie, die dem Beobachter zeigt, dass man sich richtig einschätzt. Richtig einschätzen sollte man auch seine Selbstdarstellung. Arroganz ist fehl am Platz. Lieber sollte man auf Teamwork setzen.

Wann ein AC eingesetzt wird: um Hochschulabsolventen für das Traineeprogramm auszuwählen, für Direkteinsteiger in Fachpositionen, bei der internen Besetzung von Führungsstellen.

Was zu einem AC gehört: Gruppendiskussion, Rollenspiel, Kurzpräsentation, Fallstudie, Postkorbübung, Interview, eventuell auch Persönlichkeits- und Intelligenztests.

Kein Stelldichein der Eitelkeiten

Immer häufiger werden Assessment Center bei der Personalsuche eingesetzt - Hochschulabsolventen, aber auch die Firmen müssen sich darauf vorbereiten. parTU befragte die Leiterin "Talentsuche und -bindung" der VW Coaching Gesellschaft, Sabine Schönberg:

parTU: Sollte man ein AC als Prüfung oder eher als Selbstdarstellung sehen?

Sabine Schönberg: Es ist eine Prüfung, man wird beobachtet und bewertet. Schauspielerei ist fehl am Platz und wird von den Beobachtern schnell erkannt.

parTU: Zählen dabei nur soft skills - soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungs- und Überzeugungskraft -, und wie wird Fachwissen abgefragt?

Sabine Schönberg: Soft skills sind das Wichtigste. Fachwissen wird über Praktikumserfahrungen oder im Gespräch abgefragt. Viele sind deshalb gut beraten, wenn sie schon im Studium Moderations- und Präsentationsformen üben.

parTU: Warum werden AC immer häufiger von Firmen durchgeführt, die Absolventen technischer oder wirtschaftswissenschaftlicher Fächer suchen?

Sabine Schönberg: Das Arbeitsleben hat sich geändert, Teamarbeit wird immer wichtiger. Probleme können wir künftig nur gemeinsam lösen. Dafür benötigen Ingenieure neben ihrem Fachwissen vor allem soft skills.

parTU: Welchen Rat geben sie Firmen, die ein AC vorbereiten?

Sabine Schönberg: Sie sollten sich über ihre Unternehmenskultur im Klaren sein. Wer sind wir? Was wollen wir? Und welcher Kandidat passt zu uns? Deshalb sollte man auch nie die AC-Durchführung einem fremden Auftragnehmer überlassen, der darüber nicht informiert ist.

Datenbank:

Kontakt: sabine.schoenberg@volkswagen.de

Wenn Sie sich auf ein Assessment Center vorbereiten wollen, gibt es folgende Anlaufstellen:

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