Potsdamer Platz - Exerzierfeld für BauingenieureTU-Student simulierte die Temperatur- verteilung im Sony-Atrium am Rechner |
Forschung & Entwicklung |
Glas, Stahl, Beton - das sind die Stoffe, aus denen der neue
Potsdamer Platz erwächst. Er ist nicht nur ein Diskussionsfeld
für Architekten, sondern auch ein Exerzierfeld für Bauingenieure.
Wie beeinflusst die Sonnenstrahlung das Raumklima in einem 5-geschossigen verglasten Atrium? Welche Konsequenzen haben hohe Lufttemperaturen auf die Tragfähigkeit der stählernen Dachkonstruktion? Und wie können Ingenieure diese Situation modellieren? TU-Absolvent Guido Morgenthal befasste sich in seiner Abschlussarbeit mit einer rechnerischen Simulation der thermisch bedingten Luftströmungen in Gebäuden. Solche Zirkulationen können Dimensionen erreichen, bei denen sie einen erheblichen Einfluss auf die Temperaturverteilung haben. Der Planer muss sie genau berechnen und berücksichtigen. Von ihnen hängt letztlich die Nutzbarkeit und Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes ab. Die Ergebnisse der Diplomarbeit am Institut für Bauingenieurwesen der TU Berlin flossen in die Bauplanung der Sony Europa-Zentrale am Potsdamer Platz ein. parTU: Das Verhalten eines Bauwerks kann nur dann korrekt vorausbestimmt werden, wenn alle physikalischen Eigenschaften und Randbedingungen berücksichtigt werden. Worauf haben Sie sich konzentriert, was war das Ziel Ihrer Diplomarbeit? Guido Morgenthal: Ich habe einen Modellierungsansatz entwickelt, um die Temperaturverteilung mithilfe der "Finiten Element Methode" am Computer zu simulieren. Dies ist ein weit verbreitetes numerisches Lösungsverfahren. Untersuchungsobjekt war der Skygarden - ein Teil des Sony-Centers am Potsdamer Platz.
|
parTU: Welche Einflüsse haben Sie gemessen und
in Ihre Simulation einbezogen?
Guido Morgenthal: Die Eigenschaften der Luft als sogenanntes Fluid wurden ebenso berücksichtigt wie die klimatischen Randbedingungen Außenlufttemperatur, Sonnenstand und -strahlung sowie Luftdruck und deren zeitliche Variation. Außerdem wurde die künstliche Beschattung mithilfe einer auf das Glas aufgebrachten Beschichtung beachtet. parTU: Und welchen Praxisnutzen hat Ihre Arbeit? Guido Morgenthal: Man kann damit die Veränderung des Raumklimas innerhalb eines beliebigen Zeitzyklus', beispielsweise eines Tages, berechnen und Konsequenzen für die Konstruktion ableiten. Die Methode könnte sich auch für den Einsatz im Ingenieurbüro eignen. Allerdings nur für spezielle Projekte. Ausserdem sind experimentelle Untersuchungen stets aufwendig und teuer. Computersimulationen finden immer breitere Anwendung, da sie erhebliche Zeit- und Kostenersparnisse ermöglichen. Bereits im Projektstadium kann man mit ihnen umfangreiche Studien vornehmen und die Konstruktion optimieren.
Das Gebäude D, die zukünftige Europa-Zentrale des
SONY-Konzerns, befindet sich an der Nord-West-Seite des Komplexes
und bildet dort den Abschluss zum Tiergarten. Integriert ist ein
nach allen Seiten hin verglaster Wintergarten (Skygarden), der
sich über fünf Geschosse erstreckt und eine Grundfläche
von ca. 350 qm einnimmt.
Dipl.-Ing. Guido Morgenthal (24) erhielt für die hohe wissenschaftliche
Anforderung und den großen Praxisbezug den Bauingenieur-Fakultätspreis
auf der Absolventenfeier der Bauingenieure der TU Berlin im Juli
dieses Jahres überreicht. |
||
Inhalt Impressum | © TU-Pressestelle 10/'99 |