Leibniz-Vorlesung mit Prof. Dr. Martin Grötschel, Leibniz-Preisträger 1995
Eine neue Tradition soll an der Technischen Universität Berlin begründet werden: In der Folge einer Verleihung des "Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises" der Deutschen Forschungsgemeinschaft an herausragende Wissenschaftler/innen der TU Berlin und in Erinnerung an die Ideen Gottfried Wilhelm Leibniz soll es künftig an der TU Berlin eine Leibniz-Vorlesung geben. Insbesondere die Leibnizsche Forderung an die Wissenschaft, sich öffentlich darzustellen und an die Wissenschaftler, dies auch vor einem breiten Publikum in verständlicher Weise zu tun, soll mit dieser Veranstaltung erfüllt werden.
Begonnen wird die neue Vorlesungsreihe mit Prof Dr. Martin Grötschel, Professor am Fachbereich Mathematik der TU Berlin und Vizepräsident des Konrad-Zuse-Zentrums für Informationstechnik, der 1995 den höchstdotierten und höchst-angesehenen Leibniz-Preis der Deutschen Wissenschaft erhalten hat.
Wir möchten Sie im Namen des Präsidenten der TU Berlin, Prof. Dieter Schumann, und des Präsidenten des Konrad-Zuse-Zentrums für Informationstechnik, Prof. Peter Deuflhard, sehr herzlich zur Leibniz-Vorlesung mit Prof. Martin Grötschel einladen. Er spricht über das Thema: Wie entsteht mathematische Forschung?" Die TU-Professoren Ingo Müller (Physik), Helmut Schwarz (Chemie) und Klaus Petermann (Elektrotechnik), Leibniz-Preisträger früherer Jahre werden ebenfalls anwesend sein.
Zeit: am Dienstag, dem 6. Juni 1995, 17.00 Uhr
Ort: Mathematikgebäude der TU Berlin, Raum MA 005, Straße des 17. Juni 136, 10623 Berlin
Zum Vortrag:
Prof. Martin Grötschel erläutert in seinem Vortrag, wie und warum heutzutage Mathematik entsteht. Er will dabei nicht nach umfassenden Antworten suchen, sondern ganz einfach seine eigene wissenschaftliche Entwicklung analysieren, um zu erklären, wann man warum zu einer bestimmten Zeit über gewisse mathematische Probleme nachdenkt und wodurch man zu wissenschaftlicher Arbeit angeregt wird.
Forschungsprojekte in der Mathematik werden - insbesondere bedingt durch die Notwendigkeit, Drittmittel unter harter Konkurrenz einwerben zu müssen - immer häufiger strategisch geplant. Dennoch ist die Entstehung von Forschung keineswegs allein ein zielgerichteter Prozeß. Viel häufiger als man glaubt, sind Zufall und spielerische Neugier Anlaß wichtiger Entwicklungen. Prof. Grötschel will insbesondere auf derartige Aspekte eingehen und dabei natürlich auch einen Überblick über sein Fachgebiet, die kombinatorische Optimierung, geben.
Zur Person:
Martin Grötschel ist seit dem 1. September 1991 Professor im Fachbereich 3 Mathematik der Technischen Universität Berlin. Gleichzeitig mit seiner Professur an der TU Berlin hat er damals auch das Amt des Vizepräsidenten des Berliner Konrad-Zuse-Zentrums für Informations-technik (ZIB) übernommen, das er heute noch innehat.
Martin Grötschel studierte in Bochum Mathematik. Die Promotion legte der heute 46jährige 1977 in Bonn in Wirtschaftswissenschaften, seinem Nebenfach, ab. 1981 habilitierte er sich an der Bonner Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. 1982 wurde er zum Professor an der Universität Augsburg berufen, wo er sich beim Aufbau der Mathematik und bei der Entwicklung der Beziehungen zwischen der Universitätsmathematik und der umliegenden Industrie große Verdienste erworben hat. Das Arbeitsgebiet von Martin Grötschel an der TU Berlin ist sehr breit. Ihm sind grundlegende Beiträge zur Konvexitätstheorie, Kombinatorik und zum Travelling Salesman Problem zu verdanken. Gleichzeitig hat sich Martin Grötschel, der mit seinen Arbeiten auch international anerkannt ist, herausragende Verdienste um die Anwendung dieser Theorie auf die Entwicklung und den effizienten Einsatz von Algorithmen zur Lösung praktischer Probleme erworben, etwa in der Telekommunikation (Gestaltung von Netzen), Verkehrsplanung, VLSI-Design (Verdrahtung und Plazierung), Robotik und Produktionsplanung.