[TU Berlin] Medieninformation Nr. 200 - 24. September 1997
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In Berlin entsteht ein "Nullheizenergiehaus"

Neues vom Internationalen Bauphysikkongreß*: Bauphysik der Außenwände

Die Themen "Energieeinsparung und Wärmeschutz" in Deutschland und Skandinavien bilden den Auftakt des Internationalen Bauphysikkongresses. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart hat in Zusammenarbeit mit Architekten und Firmen die ersten Nullheizenergiehäuser in Deutschland marktreif gemacht, davon eines in Berlin.

Nullheizenergiehaus in Berlin, Weinmeisterhornweg 145
Gemeinsam mit dem Berliner Architektenbüro IBUS (Prof. H. Schreck), der Wohnungsbaugesellschaft GSW Berlin und der Universität Stuttgart wurde am Weinmeisterhornweg in Berlin-Spandau ein Einfamilienhaus erstellt. Das Haus zeichnet sich durch einen extrem niedrigen Heizwärmebedarf aus, der mittels eines 54 m2 großen Solarkollektorfeldes und eines vertikal in Hausmitte angeordneten saisonalen Wasserspeichers von 20 m3 Inhalt gedeckt wird. Dieses Pilotprojekt bildete die Grundlage für weitere Versuchsprojekte.

Die Entwicklungen der letzten Jahre haben das Niedrigenergiehaus als derzeitigen Stand der Technik marktreif gemacht. Während Altbauten einen Heizwärmebedarf von 300 bis 400 kWh/m2 pro Jahr haben, weisen Neubauten nach der Wärmeschutzverordnung 1995 Bedarfswerte zwischen 50 und 100 kWh/m2 auf. Niedrigenergiehäuser erreichen Bedarfswerte zwischen 15 und 40 kWh/m2, während Nullheizenergiehäuser mit null kWh/m2 an fossilen Heiz-energiebedarf für Raumwärme und Warmwasser auskommen.

Weitere zukunftsorientierte Planungen reichen bis ins nächste Jahrtausend, sie zielen darauf ab, künftig jeglichen fossilen Energieverbrauch für Gebäude zu unterbinden. Dafür existieren derzeit drei Kategorien, und zwar:

  1. das Nullheizenergiehaus (Gebäude, bei dem keine Heizenergie benötigt wird);
  2. das Nullenergiehaus (Gebäude, bei dem sowohl keine Heizenergie als auch keine Energie für Warmwasseraufbereitung, Beleuchtung u.a. benötigt werden);
  3. das energieautarke Haus (Gebäude, in dem aufgrund gebäudetechnischer Anlagen ein Überschuß an Energie erzeugt wird, der in das Stromnetz eingespeist wird).

Bei der Beurteilung des Energieverbrauchs eines Gebäudes muß auch der Energieaufwand für die Errichtung, den Abbau und das Recyceln des Gebäudes betrachtet werden. Darüber hinaus sind in eine solche Lebenszyklusbetrachtung nicht nur die Energieflüsse, sondern auch die Materialströme und die Emissionen einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Nullenergiehäuser bzw. die energieautarken Häuser im hiesigen Klima weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Das nächste Jahrtausend wird deshalb eindeutig dem Nullheizenergiehaus gehören.


Weitere Informationen erteilt Ihnen Prof. Dr. Erich Cziesielski, Institut für Bauingenieurwesen der TU Berlin, Tel.: (030) 314-23317.

* Wie lassen sich Schimmelpilze in Plattenbauten erfolgreich bekämpfen? Warum gibt es Schwierigkeiten mit der Akustik im gläsernen Sitzungssaal des Bundestages in Bonn? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigen sich namhafte in- und ausländische Bauphysiker, die Ergebnisse ihrer überwiegend praxisbezogenen Forschungen auf einer internationalen Tagung zum Thema "Bauphysik der Außenwände": am 25. und 26. September 1997 an der Technischen Universität Berlin vorstellen.