[TU Berlin] Medieninformation Nr. 225 - 8. Oktober 1998
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Die Technik philosophisch gesehen

Das Frankreichzentrum hat mit Professor Thomas Gil seinen ersten Lehrstuhlinhaber

Das im Januar 1998 mit einem Festakt offiziell gegründete Frankreichzentrum füllt sich. Nachdem die Geschäftsstelle bereits im Sommersemester 1996 ihre Arbeit aufgenommen hatte, ist nun mit Professor Dr. Thomas Gil die erste von insgesamt vier Professuren besetzt worden. Das Fachgebiet von Thomas Gil lautet "Philosophie mit Schwerpunkt französische Philosophie unter Berücksichtigung von Ethik und Technikphilosophie". In seiner Forschung und Lehre geht es neben der französischsprachigen Philosophie um die praktische Philosophie, dazu gehört Ethik, Sozial- und Technikphilosophie. Ein Schwerpunkt in diesem Semester wird die Technikbewertung während der französischen Aufklärung sein. Dabei geht es weniger um die Technikfolgenabschätzung, die sich erst in den letzten zwanzig bis dreißig Jahren etabliert hat. "In der französischen Aufklärung haben sich eine Reihe von Intellektuellen mit der Bewertung von Technik und Wissenschaft beschäftigt", erläutert Professor Gil. "Diese haben Technik eindeutig positiv gesehen und sich von ihr Glück und Wohlstand erhofft. Es gab aber auch andere Stimmen, wie zum Beispiel Jean-Jacques Rousseau, die ein pessimistisches Bild des Menschen hatten und an Fortschritt und gesellschaftlicher Entwicklung zweifelten." Eine Untersuchung der Technikbewertung wird in die neue Reihe "Studien des Frankreichzentrums der TU Berlin" aufgenommen, die demnächst beim Nomos-Verlag und Berlin Verlag erscheinen wird.

Um die kulturwissenschaftliche Seite der heutigen Technik kümmert sich Thomas Gil zusammen mit Prof. Hans Poser vom TU-Institut für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte in dem Projekt "Technik im Alltag", das das Zentrum für Technik und Gesellschaft der TU Berlin koordiniert. Gil setzt in seiner Arbeit nicht nur auf fachübergreifende Zusammenarbeit an der TU, sondern auch auf die Kooperation mit den anderen Berliner Universitäten: Im Sommersemester 1999 wird er zusammen mit dem FU-Rechtswissenschaftler Professor Dr. Klaus Adomeit eine Lehrveranstaltung über Rechtsphilosophie anbieten. Langfristig ist ein interdisziplinärer Studiengang mit Schwerpunkt Frankreich angedacht, an dem alle drei Universitäten beteiligt sind.

Die Verwirklichung dieses Zukunftsprojekts hängt auch mit den zwei derzeit noch laufenden Berufungsverfahren für das Frankreichzentrum zusammen. "Erst wenn diese Stellen besetzt sind, können wir alles das, was uns vorschwebt, in Angriff nehmen", sagt Gil. Die bereits laufenden Aktivitäten und Projekte des Frankreichzentrums will er indessen tatkräftig unterstützen. Das Café Littéraire, zu dem Schriftsteller zu Lesungen eingeladen werden, wird ebenso fortgesetzt wie im kommenden Sommersemester die Vortragsreihe über französische Philosophen nach 1945, das im vergangenen Sommersemester zusammen mit dem Institut Français und der Gesellschaft für französischsprachige Philosophie durchgeführt wurde.

Der 1954 in Madrid geborene Thomas Gil studierte Philosophie und Sozialwissenschaften in Bonn und Münster. Nach Tätigkeiten als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Köln, Hamburg und Stuttgart übernahm er den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität St. Gallen, Schweiz. Zwischenzeitlich hatte er die Chaïm-Perelman-Honorarprofessur an der Freien Universität Brüssel (ULB) inne. Im April dieses Jahres nahm Thomas Gil schließlich den Ruf an die TU Berlin an.