[TU Berlin] Medieninformation Nr. 96 - 28. April 1998
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Baugeschichte und Kulturgeschichte verknüpfen

Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer für das TU-Fachgebiet Baugeschichte und Stadtgeschichte neu berufen

Johannes Cramer, neu berufener Professor für das Fachgebiet Baugeschichte und Stadtbaugeschichte am Fachbereich Architektur, beschreibt seine zukünftige Arbeit an der TU wie folgt: "Ziel muß es sein, baugeschichtliche Forschung mit den Anforderungen an eine zeitgemäße Architektenausbildung zu verknüpfen". Er möchte mit seinem Ansatz von Lehre und Forschung an die Fachvertreter aus der ersten Jahrhunderthälfte anknüpfen. Dabei geht es ihm darum, die Architekturforschung in ihrem kulturgeschichtlichen Zusammenhang darzustellen. Das soll mit Hilfe von über das Fach Architektur hinaus greifenden Deutungen des Baugeschehens erfolgen.

Professor Cramer hat dies bereits bei verschiedenen Forschungsvorhaben umgesetzt. Bei dem noch laufenden Projekt "Bauliche Zeugnisse und Spuren der Euthanasie" geht es beispielsweise um die Dokumentation und Erforschung der vier verbliebenen "Euthanasie"-Anstalten der NS-Zeit und um die Mitwirkung bei der Gestaltung der Gedenkstätten. Ein anderes Projekt befaßte sich mit der Klosterkirche St. Michael in Hildesheim in Zusammenhang mit der Ausstellung "Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen". Zukünftig will sich Cramer unter anderem mit der Urbanisierung der Städte im späten Mittelalter sowie mit dem Komplex "Nutzung, Struktur und Materie von Bauwerken" auseinandersetzen. Derzeit wird in Kooperation mit der Universität Sapienza in Rom und dem dortigen Denkmalamt an einem Projekt in Zusammenhang mit der anstehenden Restaurierung der Maxentius-Basilika gearbeitet.

In Sachen Lehre wünscht er sich, daß Studierende der Architektur mehr Übungen zur Baugeschichte absolvieren. "Durch neue Bausubstanzen verändern sich die Aufgabenfelder für Architekten. Beispielsweise liegen heute im Gegensatz zur Nachkriegszeit rund die Hälfte aller Bauaufgaben im Altbaubereich. Ohne Kenntnisse der Zusammenhänge, in denen historische Architektur entstanden ist, und ohne besondere Planungsstrategien können die neuen Aufgaben nicht bewältigt werden", gibt Cramer zu bedenken. Schließlich würden sich die angehenden Architektinnen und Architekten in den Übungen zur Baugeschichte erste Kenntnisse in der Erfassung, Deutung und Veränderung von Bauwerken aneignen. Dieses Wissen ist seiner Ansicht nach grundlegend für deren zukünftige Tätigkeit. Einen ersten Einblick bietet die aktuelle Vorlesung von Professor Cramer, die als Zusammenfassung auch unter http://www.a.tu-berlin.de/Institute/0833/BG/lehre_1.html zu finden ist.

In der Denkmalpflege sieht er eine zusätzliche, wichtige Aufgabe für das Fachgebiet Baugeschichte. Große Hoffnungen setzt er auf den in Planung befindlichen Aufbaustudiengang Denkmalpflege, der zum Wintersemester 1998/99 eingeführt werden soll. Wichtige Vorarbeit leistet hier das gemeinsam von TU Berlin und Universität Bamberg getragene Graduiertenkolleg "Kunstwissenschaft - Bauforschung - Denkmalpflege", das seit 1995 erfolgreich Forschung und Praxis miteinander verknüpft.

Johannes Cramer, 1950 geboren, studierte von 1969 bis 1975 Architektur an der TH Darmstadt. Dort war er anschließend als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und schloß 1980 seine Promotion ab. 1987 habilitierte er sich an der Universität Hannover. Vor seiner Berufung an die TU Berlin war Cramer von 1989 bis 1997 Professor für Bau- und Siedlungsgeschichte an der Universität Bamberg.

Christian Hohlfeld


Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, Institut für Baugeschichte, Architekturtheorie und Denkmalpflege der TU Berlin, Tel.: 030/314-21945, Fax: -21947.