[TU Berlin] Medieninformation Nr. 110 - 4. Juni 1999
[TU Berlin] [Pressestelle] [Medieninformationen] [<<] [>>]

Architektur, die das Leben umschreibt

Eine Ausstellung von Vessela Lozanova und TU-Professor Roland Posner

Einladung zur Vernissage

Berlin, das ist eine sich ständig wandelnde Stadt. Besonders deutlich wird dies in der Gegend um den Potsdamer Platz und die Potsdamer Straße, wo jede Generation des 20. Jahrhunderts ihre Spuren hinterlassen hat. Die Reihe der Einschnitte reicht von der gigantischen, nur teilweise umgesetzten Stadtplanung von Hitlers Baumeister Albert Speer über den auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs gebauten Mauerstreifen bis hin zur derzeitigen Neugestaltung. Die Gebäude, die dort errichtet werden, sind wie die Schrift auf einem Palimpsest: Bei einem Palimpsest wird aus Mangel an Schreibmaterial Altes wegradiert und über bzw. neben dem Übriggelassenen entsteht Neues.

Mauer-Triptychon, 1998. Öl auf Leinwand, Photos, 148 x 280 cm
Das Projekt "Palimpsest. Architektur, die das Leben umschreibt" der bekannten bulgarischen Künstlerin Vessela Lozanova und des TU-Professors Roland Posner vom Institut für Linguistik will den architektonischen Palimpsest am Potsdamer Platz mit künstlerischen Mitteln analysieren und interpretieren. Es ist bereits die fünfte Zusammenarbeit der beiden. Dabei ergänzen sich die Photographien von Roland Posner und die Malerei von Vessela Lozanova, die zu Bildkompositionen zusammengestellt sind: Die Malerei interpretiert die Photos, und gleichzeitig wird die Malerei von den Photos interpretiert. Der Rückgriff auf photographische Analyse und malerische Interpretation in den Zeiten von Video und Multimedia soll es ermöglichen, die verschiedenen Zeitschichten in der architektonischen Beschriftung des Potsdamer Platzes freizulegen.

Zu sehen sind nicht nur die neuen Gebäude, sondern zugleich auch der Prozeß der Entstehung und die verschiedenen Perspektiven der Lektüre. An dem nostalgischen Blick des alten Anwohners, dem erwartungsvollen Blick der neuen Hochhausbelegschaft oder dem staunenden Blick des Touristen erkennt man, wie die Gebäude sozusagen als Text gelesen werden. Aber: Die Berliner werden den Text nicht so nehmen, wie er ist, sondern ihn durch ihre Lektüre verändern. Denn ebenso wie Architektur einerseits das Leben umschreibt, wird andererseits Architektur vom Leben umgeschrieben, heißt es im Ausstellungskatalog.

Die Qualität der neuen Architektur, so sind sich Frau Lozanova und Prof. Posner einig, wird sich darin erweisen, wie vielfältig die Architektur gelesen werden kann und wie prägnant die Lektüren sind, die sie ermöglicht. Den gleichen Anspruch stellen die beiden an ihre Bildkompositionen.

Die Ausstellung, die dem Programm "Berlin: offene Stadt", zugeordnet ist, ist vom 12. Juni bis zum 25. Juli 1999, täglich 9.00 bis 19.00 Uhr in der roten Info Box am Leipziger Platz, 10117 Berlin zu sehen. Der Eintritt ist frei. Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie in Ihrem Medium auf die Ausstellung hinweisen könnten. Wir möchten Sie außerdem herzlich zur Vernissage einladen. Ein Katalog wird dann zur Verfügung stehen.

Zeit: am Freitag, dem 11. Juni 1999, 19.00 Uhr
Ort: Rote Info Box am Leipziger Platz, 10117 Berlin, Ausstellungsräume im 2. Obergeschoß

Vessela Lozanova, 1962 in Teteven/Bulgarien, erwarb 1986 ein Diplom in "Peinture et Recherche 3-dimensionelle" am Institut Supérieur d'Architecture La Cambre/Belgien. Sie arbeitete mehrere Jahre als Kuratorin bei der Nationalen Kunstgalerie in Sofia sowie bei mehreren Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und Medien. 1998 promovierte Vessela Lozanova im Fachgebiet Semiotik an der Neuen Bulgarischen Universität. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit, ihre Werke waren sowohl in Sammelausstellungen als auch in eigenen Ausstellungen zu sehen, hat sie zahlreiche Abhandlungen und Essays in Fachzeitschriften über Moderne Kunst und zum Thema Semiotik veröffentlicht.

Der 1942 in Prag geborene Roland Posner studierte Philosophie, Vergleichende Literaturwissenschaft, Linguistik und Kommunikationstheorie an den Universitäten Bonn, München und Berlin. Nach der Promotion 1972 und der Habilitation 1973 wurde er 1974 Professor für Germanistische und Allgemeine Linguistik an der TU Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Wissenschaftstheorie, linguistische Pragmatik, Kultursemiotik, Poetik und Ästhetik sowie Gebärdenforschung. Seit 1991 hat Roland Posner mehrere Photoausstellungen in den USA, Bulgarien, Schweden und Litauen gezeigt.


Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Prof. Dr. Roland Posner, Arbeitsstelle für Semiotik am Institut für Linguistik der TU Berlin, Tel. 030/314-23115 (vormittags), Fax: -27638 oder Tel./Fax: 030/8218183, E-Mail: posner@kgw.tu-berlin.de