Wollten Männer Soldaten werden? Töteten und kämpften nur Männer? Waren
Frauen friedliebender? Welche Rolle spielten sie in der Kriegsmaschine an der
Front und in der Heimat? Wie wurden die heimkehrenden Soldaten empfangen? Was
geschah mit den Invaliden? Wie erlebten Frauen und Männer den Krieg und wie
erinnerten sie sich an ihn? Wie formte er die Menschen - Soldaten wie
Zivilisten?
Diese und ähnliche Fragen haben die traditionelle militärhistorische Forschung
nicht interessiert. Im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit standen Schlachten,
Heerführer, Militärverfassungen und Waffensysteme. Erst in den letzten
Jahrzehnten hat sich die Militärgeschichtsschreibung zunächst für sozial- und
wirtschafts-, später auch für alltags- und kulturhistorische Forschungsfragen
geöffnet. Nur eine Dimension der Geschichte von Militär und Krieg blieb bis in
die jüngste Zeit unbeachtet: die geschlechtergeschichtliche. Die bisherige
Militärgeschichtsschreibung kennzeichnet ein doppelt männlich geprägter
Blick: Zumeist männliche Historiker befassen sich fast ausschließlich mit
männlichen Akteuren, ohne jedoch deren Geschlecht und deren kulturell
konstruierte Männlichkeit zu thematisieren.
Dieser einseitige Blick soll auf der Tagung "Geschlechter - Kriege:
Militär, Krieg und Geschlechterverhältnisse 1914 - 1949", die vom Zentrum
für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin (ZIFG)
und dem Freiburger Arbeitskreis
für Militärgeschichte veranstaltet wird, gründlich in Frage gestellt
werden.
Wir möchten Journalistinnen und Journalisten herzlich einladen, über diese Tagung zu berichten. Bitte leiten Sie diese Medieninformation auch an Ihre Kultur-/Feuilletonredaktion weiter.
Zeit: am Freitag, dem 15. Oktober 1999, 13.00 Uhr
Ort: Ernst-Reuter-Haus, Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin
Anknüpfend an das ZIFG-Kolloquium "Militär,
Krieg und Geschlechterordnung im historischen Wandel (17. - 19. Jahrhundert)"
vom November 1997 sollen die bisher weitgehend getrennt bearbeiteten
Forschungsfelder der Militär- und der Geschlechtergeschichte in der
Folgeveranstaltung auch für das 20. Jahrhundert verbunden werden. Ziel der
Tagung ist es, zentrale Problemfelder einer Geschlechtergeschichte von Militär
und Krieg im Kreis von Kolleginnen und Kollegen aus der
Militärgeschichtsschreibung wie der historischen Frauen- und
Geschlechterforschung zu diskutieren. Ein Vorhaben mit Experimentcharakter, das
bereits im Vorfeld auf viel Resonanz stieß. In drei Sektionen werden mehr als
120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus acht Ländern über
Schlüsselprobleme des Themas diskutieren. Die erste Sektion "Frauenbilder
- Männerbilder" widmet sich der Konstruktion von konkurrierenden
Entwürfen von Männlichkeit und Weiblichkeit im Kontext von Militär und Krieg.
Die zweite Sektion zum Thema "Geschlechterbeziehungen -
Geschlechterhierarchien" behandelt die gesellschaftlichen Auswirkungen des
weitreichenden Wandels im Militär- und Kriegswesen des
20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der dritten Sektion "Erfahrungen -
Erinnerungen" stehen die subjektiven Wahrnehmungen von Krieg und Gewalt und
deren Be- und Verarbeitung im kollektiven Gedächtnis. In den Vorträgen werden
unter diesen drei Schwerpunkten unter anderem die eingangs aufgeworfenen Fragen
erörtert. Dabei wird sich zeigen, dass eine geschlechtergeschichtliche
Behandlung des Themas Militär und Krieg mit vielen überkommenen Vorstellungen
aufräumt: Weder waren Frauen per se friedliebender als Männer noch wollten
alle Männer sich im Krieg als "Helden" bewähren. Frauen waren auch
im 20. Jahrhundert noch ein notwendiger Bestandteil der Kriegsmaschine, nicht
nur an der Front, wo sie als Krankenschwester, Verwaltungskraft,
Nachrichtenhelferin oder Flakmädchen sowie vor allem in den Befreiungsarmeen
auch als Soldatinnen zum Einsatz kamen, sondern auch in der Heimat, wo sie durch
ihre Arbeitskraft die Kriegswirtschaft stützten. Die Gewalterfahrungen in
Militär und Krieg hatten für Opfer wie für Täter weitreichende physische und
psychische Folgen. Die beiden großen europäischen Kriege dieses Jahrhunderts
wirkten sich noch lange auf die Gestaltung von Politik, Gesellschaft und
Geschlechterverhältnisse aus. Angesichts der aktuellen Brisanz des Themas und
der Resonanz auf die Tagung ist eine Publikation der Ergebnisse geplant.