Zwei Projekte mit Beteiligung der TU Berlin in BMBF-Förderprogramm aufgenommen
Eine millionenschwere Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stehen dem Fachbereich Mathematik und dem Fachgebiet Computergestützte Informationssysteme am Institut für Kommunikations- und Softwaretechnik der TU Berlin ins Haus. Ihre Projekte gehören zu den ersten vierzehn Projekten, die im Rahmen des BMBF-Wettbewerbs "Neue Medien in der Bildung" zur Förderung freigegeben wurden. Für dieses Programm stellt das BMBF rund 390 Millionen Mark in den nächsten drei Jahren zur Verfügung. Etwa 60 weitere Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und Einführung innovativer multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschulen können noch zusätzlich in das Programm einbezogen werden. Insgesamt waren rund 460 Anträge eingegangen.
In dem Projekt "Lernumgebung für die mathematische Ausbildung von Ingenieuren", das der Fachbereich Mathematik der TU Berlin unter der Federführung von Professor Ruedi Seiler leitet, soll ein WWW-basiertes Modulsystem für die Mathematikausbildung aller Ingenieur-Studiengänge im Grundstudium entwickelt werden. Vorgesehen ist eine Förderung in Höhe von fünf Millionen Mark. Zusammen kommen die vier Hochschulen auf rund 18.000 Studierende. "Kein anderer Antragsteller kann auf eine solche Zahl verweisen", schätzt Lars Oeverdieck, Leiter der Fachbereichsverwaltung Mathematik der TU Berlin.
Viele Ingenieurstudierende betrachten die Mathematik als notwendiges Übel und haben Schwierigkeiten mit dem abstrakten, oft als trocken empfundenen Lehrstoff. Hinzu kommt, dass der umfangreiche Lehrstoff in vergleichsweise kurzer Zeit vermittelt werden muss und in den Lehrveranstaltungen sich bis zu 1.000 Studierende drängeln. Alleine der TU-Fachbereich Mathematik betreut in seinen Serviceveranstaltungen pro Jahr rund 7.000 Studierende aus Studiengängen wie Physik, Bauingenieurwesen und Kommunikationswissenschaften.
Im geplanten Multimedia-Projekt sollen die Studierenden in einem Zusammenspiel von Texten, Graphiken, Animationen und interaktiven Elementen in spielerischer Weise zum Lernen eingeladen werden. Dafür haben die Projektbeteiligten verschiedene Lehrmodule vorgesehen. In den Lektionsmodulen wird zum Beispiel die Vermittlung mathematischen Wissens unterstützt, in den Test- und Übungsmodulen können die Studierenden ihren Wissensstand mit Hilfe von Aufgaben und Multiple-Choice-Fragen überprüfen. Ein Pfadmodul ermöglicht es, aus den vorhandenen Lerneinheiten je nach Bedürfnis spezielle Lehr- und Lerneinheiten zusammenzustellen. Im Kommunikationsmodell können sich Lehrende und Lernende unter- bzw. miteinander austauschen. Ein Controllingmodul verhindert während der Entwicklung Doppelarbeiten und erlaubt eine effektive Kontrolle über den jeweiligen Entwicklungsstand.
"Das Angebot soll jedoch die klassischen Lehrveranstaltungen nicht ersetzten, sondern ergänzen", stellt Oeverdieck klar. Es werde aber möglich sein, Teile einer Lehrveranstaltung interaktiv von zu Hause aus zu absolvieren. Oeverdieck denkt hier zum Beispiel an Studierende mit Kind, denen es nicht möglich ist, regelmäßig an Veranstaltungen in der Universität teilzunehmen. Von dem Multimedia-Projekt erhoffen sich die Macher auch größere Anreize für Frauen, sich für ein Mathematik- bzw. ingenieurwissenschaftliches Studium zu entscheiden. Studieninteressentinnen können in den Testmodulen ihre Leistung objektiv individuell einschätzen und bei den ausgewählten Beispielen aus der Praxis die vielfältigen Anwendungen der Mathematik in den Ingenieurwissenschaften kennen lernen.
Das Projekt baut auf den Erfahrungen auf, die die TU-Mathematiker im Rahmen des Studienreformprojektes "Multimediagestützte interaktive Mathematikausbildung für Ingenieure" derzeit sammeln. Auch an der TU München läuft ein ähnliches Projekt.
An dem Projekt "New Economy" ist seitens der TU Berlin das von Professor Herbert Weber gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Software und Systemtechnik (ISST) geleitete Fachgebiet Computergestützte Informationssysteme (CIS) beteiligt. Dieses Projekt wird in einem bundesweiten Konsortium von acht Partnern unter der Federführung der FU Berlin angegangen. Neben der TU Berlin und den drei Fachgebieten von der FU Berlin sind die Universität Trier, das Bundesland Bayern, die Ruhr-Universität Bochum und die Fachhochschule für Technik und Wissenschaft Berlin beteiligt.
In dem Projekt soll ein multimediagestütztes Online-Curriculum für Wirtschaftswissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaftler, Informatiker und MBA-Studierende entwickelt werden. Die Konzeption und Entwicklung der IuK-Struktur und Bereitstellung der IT-bezogenen Inhalte bilden den Schwerpunkt des bei CIS unter der Leitung von Ralf-Detlef Kutsche angesiedelten Projekts. Dafür stehen rund 750.000 Mark Fördermittel bereit.
Ebenso wie bei den Mathematikern baut das Ausbildungsmodell auf Lernmodule auf. Diese 15 Module bestehen aus Theorieteilen, Fallstudien und Simulations- bzw. Planspielkomponenten. Dafür sind die Entwicklung und Strukturierung eines neuen Curriculums für die New Economy als erster Schritt notwendig. Die spätere multimediale Umsetzung wird durch Multimedia-Kompetenzzentren unterstützt. Parallel wird eine Lernumgebung sowie die Infrastruktur für den deutschlandweiten Einsatz der Module aufgebaut. Denn es ist beabsichtigt, in Zukunft die Lehrmodule an weiteren Hochschulen und auch in der kommerziellen Weiterbildung einzusetzen.
Dabei haben auch die Projektpartner von "New Economy" ihr Modulsystem als eine Ergänzung zum Frontalunterricht konzipiert. Zwar soll das neue Lernmaterial Teile des herkömmlichen Unterrichts ersetzen, Präsensveranstaltungen bleiben aber weiterhin fester Bestandteil des Lehrplans. Nach einer Evaluationsphase werden die Lehrmodule ab dem Wintersemester 2003/2004 in den Lehrveranstaltungen der Partner eingesetzt und in den Prüfungsbetrieb eingegliedert.