Wissenschaftliche Konferenz an der TU Berlin am 5. und 6. Juli 2001/Vorankündigung
Das
Zentrum für Antisemitismusforschung/Arbeitsstelle Jugendgewalt und Rechtsextremismus der Technischen Universität Berlin veranstaltet zusammen mit dem Berliner Arbeitskreis für Beziehungsanalyse eine Wissenschaftliche Konferenz zum Thema "Adoleszenzkonflikte - Opposition, Krisen, Radikalismus zwischen den Generationen". Adoleszenz ist eine konflikthafte Phase für Jugendliche ebenso wie für Erwachsene in der Gesellschaft. Wie keine andere Altersgruppe werden Jugendliche von Erwachsenen aus
unterschiedlichen Motiven heraus erforscht. Die Wirtschaft interessiert sich für sie als Konsumenten und Kunden. Politik und Gesellschaft wollen wissen, ob die Generationsverträge sicher sind und ob die Jungen die alten Werte achten oder sich oppositionell verhalten, krank oder gar asozial und straffällig werden. Spätestens dann werden sie zu einem allgemeinen Problem für die Erwachsenen.
In der gegenwärtigen politischen Situation nach der Wende erzwingen gewaltbereite und rechtsradikal argumentierende Jugendliche die besondere Aufmerksamkeit Erwachsener in Ost und West. Diese fragen nach Gründen, Verantwortlichkeiten und versuchen, Lösungen zu finden. Einzelne ad hoc entwickelte
Projekte gegen Jugendgewalt reichen nicht aus. Jugendliche Gewaltbereitschaft und auch Demokratiefeindlichkeit müssen im Zusammenhang von Adoleszenzkonflikten, die immer auch Erwachsenenkonflikte sind, betrachet werden. Eine Perspektive, die nicht nur Jugendliche als Täterinnen und Täter, sondern ebenso Erwachsene in den Blick nimmt, hat größere Chancen, für die akuten Probleme der Gesellschaft längerfristige Lösungen zu finden, als täterfixierter Aktionismus auf der Suche nach Patentrezepten.
Die Psychoanalytikerin Annette Simon, Referentin der Konferenz am 2. Tag, schreibt dazu in einem früheren Beitrag, dass ihr niemand erzählen könne, es wäre nicht möglich, Nazilieder grölende Jugendliche
binnen kurzem zu zivilisiertem Verhalten zu bringen, wenn die Väter und Großväter, die Mütter und die Lehrerinnen, der Taxifahrer und die Verkäuferin vor Ort ihnen eindeutig vermitteln würden, dass sie dieses
Verhalten nicht dulden, dass sie es gemeinsam ächten und dass sie die Polizei riefen, wenn es denn nötig sei.
In einem interdisziplinären Ansatz, der Sozialwissenschaftler, Psychologen, Psychoanalytiker und Historiker aus Ost und West zusammenführt, soll das Problem der Adoleszenzkonflikte in seinen tieferen
Dimensionen betrachtet werden. Wir möchten Sie herzlich zur Berichterstattung über diese Konferenz einladen. Bitte weisen Sie auch Ihre Leserinnen und Leser darauf hin. Die Veranstaltung ist öffentlich. Um Anmeldung wird unbedingt gebeten (Lindner, Tel.: 030/314-25854 und Benz, 030/7428031).
Zeit: Donnerstag und Freitag, 5. bis 6. Juli 2001
Ort: Technische Universität Berlin, Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, Räume H 1035
(5. Juli) und H 2036 (6. Juli), 10623 Berlin
Programm
Donnerstag, 5. Juli 2001
Senatssitzungssaal H 1035
10.00 Uhr
Einführung
10.30 Uhr
Generationskonflikte im historischen Kontext: Jugendbewegung im Kaiserreich,
Edelweißpiraten im NS-Staat, äHalbstarke“ in der Nachkriegszeit
Werner Bührer, München
11.30 Uhr
Gewinnung von äKulturautonomie“ und Akzeptanz eigener Grenzen in der Adoleszenzphase
Stephan Dorgerloh, Wittenberg
12.30 Uhr
Medialer Umgang mit jugendlicher Gewalt (mit Beispielen)
Peter Widmann, Berlin
Mittagspause 13.30 – 14.30
14.30 Uhr
Täterstrukturen und Eskalationsprozesse fremdenfeindlicher Gewalt
Helmut Willems, München
15.30 Uhr
Jugendliche Lebenswelten als Adoleszenzphänomene
Michael Kohlstruck, Berlin
Kaffeepause 16.30 – 17.00
17.00 Uhr
Umgang der Justiz mit adoleszenter Gewalttätigkeit. Strafe als ultima ratio der Gesellschaft?
Sigrun von Hasseln, Cottbus
Freitag, 6. Juli 2001
Hörsaal H 2036
9.00 Uhr
Heldenentwürfe junger Rechtsradikaler
Wolfgang Benz, Berlin
10.00 Uhr
Rechtsextremistisch motivierte Vorfälle an Berliner Schulen im Spiegel der Schulgewaltmeldungen 2000/2001
Bettina Schubert, Berlin
Kaffeepause 11.00 – 11.30
11.30 Uhr
Jugend-Notdienst und existenzielle Krisen: Der Umgang der Gesellschaft mit gefährdeten Jugendlichen
Petra Vogelgesang, Berlin
12.30 Uhr
Reaktionen Erwachsener auf Jugendgewalt und jugendlichen Extremismus: Das Problem intergenerativer Verantwortung
Annette Simon, Berlin
Mittagspause 13.30 – 14.30
14.30 Uhr
Erwachsenenkonflikte und Adoleszenzkonflikte
Peter Ellasat, Berlin
15.30 Uhr
Adoleszenzkrisen aus der Sicht einer analytischen Psychotherapeutin im Land Brandenburg
Agathe Israel, Neuenhagen bei Berlin
16.30 Uhr
Verlust, Trauer, Neuanfang. Schwierigkeiten der Adoleszenz für Jugendliche und Erwachsene
Ute Benz, Berlin
Schlussdiskussion
18.00 Uhr
Ende der Konferenz