Seit September 2000 lehrt und forscht Prof. Dr.Ir. Lucienne Blessing am Institut für Konstruktion, Mikro- und Medizintechnik der TU Berlin
Was an ihr sofort auffällt, ist ihre absolute Gelassenheit in Stresssituationen. Trotz Termindruck erklärt sie geduldig ihre Arbeit. Sie ist von ihrem Fach begeistert, und diese Begeisterung steckt an. Lucienne Blessing, Jahrgang 1960, vertritt das Fachgebiet Konstruktionstechnik und Entwicklungsmethodik am Institut für Konstruktion, Mikro- und Medizintechnik der TU Berlin. Sie hat ihr Studium der Produktentwicklung im niederländischen Delft absolviert. Im Mittelpunkt dieses mit dem Maschinenbau verwandten Faches steht die Entwicklung von Konsumgütern. Das Faszinierende an dem Fach sei die Verbindung aus Maschinenbau, Ästhetik und dem Blick auf den Menschen gewesen, der ein Gerät benutzen soll. Die besondere Anforderung bestehe darin, die Dinge den Bedürfnissen des Konsumenten anzupassen. Einen "Braun"-Wecker sollten alle sofort in Betrieb nehmen können.
Von Cambridge nach Berlin
Nach dem Studium lehrte und forschte sie an der Universität Twente. Hier ging sie der Frage nach, wie rechnerunterstütztes Arbeiten mehr ins Studium der Maschinenkonstruktion integriert werden könne. Trotz des geringen Frauenanteils in ihrem Fach habe sie nicht das Gefühl gehabt, aufgrund ihres Geschlechts nicht ernst genommen zu werden. In Twente promovierte sie in ihrem Hauptinteressengebiet über Rechnerunterstützung basiert auf einem Prozessmodell des Konstruktionsvorgangs. Auch die Universität Cambridge in Großbritannien interessierte sich für ihre Arbeit. An der englischen Eliteuniversität wurde gerade ein Zentrum zum Thema Engineering Design aufgebaut. Hier konnte sie sich mit ihrem Interesse für Produktentwicklung und Konstruktionsprozesse als "Senior Researcher" einbringen. Lucienne Blessing interessiert der Ablauf des Konstruierens. Welche Versuche und Umwege macht ein Konstrukteur oder eine Konstrukteurin, bevor am Ende ein fertiges Produkt herauskommt und mit welchen Methoden und Rechnerhilfsmitteln kann man diesen Prozess verbessern? Zu diesem Thema wird sie weiterforschen und auch Männer und Frauen im Konstruktionsprozess vergleichen.
"Männer nicht als Gegner begreifen"
Seit September 2000 ist sie "funkelnagelneu" in Berlin. In ihrem Institut ist sie die einzige Professorin. Diesen Minderheitenstatus sieht sie positiv. Auf Kongressen prägt sie sich den Zuhörern eher ein als ihre männlichen Kollegen. Auch für Fragen der Gleichstellung interessiert sie sich, begreift aber Männer nicht als Gegner. Sie möchte mit ihrer Arbeit nichts beweisen. Sie macht ihr einfach Spaß. Allerdings bedauert sie, dass dieses Fach nicht mehr Frauen interessiert. Die Gründe dafür sieht Lucienne Blessing schon in der Schule. Hier sollte es ein Fach geben, in dem die Jugendlichen sehen können, dass Ingenieurberufe praxisnah und spannend sein können - auch für Mädchen! Ihrer Vorbildfunktion ist sie sich bewusst; sie behauptet sich in einem männerdominierten Fach und kann so auf andere Frauen motivierend und ermutigend wirken. Mit ihrer entspannten Art und der Begeisterung für ihr Fach macht Lucienne Blessing ihrem Namen alle Ehre. Ein Glücksfall nicht nur für die Frauen im Fach Maschinenkonstruktion. It's a blessing, wie es auf Englisch heißt, es ist ein Segen.
Jessica Harnischfeger
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern Prof. Dr.Ir. Lucienne Blessing vom Institut für Konstruktion, Mikro- und Medizintechnik der TU Berlin, Tel.: 030/314-23341, Fax: 030/314-26481, E-Mail: institut@ktem.tu-berlin.