[TU Berlin] Medieninformation Nr. 14 - 19. Januar 2001 - Bearbeiter/in: mika
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Tötung auf Verlangen: Das Beispiel Niederlande - Konsequenzen für Deutschland?

Einladung zum Symposium am 26. Januar 2001

Ende November vorigen Jahres verabschiedete das niederländische Parlament ein Gesetz, das es Ärzten erlaubt, unheilbar Schwerstkranken aktive Sterbehilfe zu leisten. Diese Neuregelung hat die Diskussion um aktive Sterbehilfe auch in Deutschland wieder entfacht. Vor diesem Hintergrund greift das Berliner Zentrum Public Health, das zu 50 % von der TU Berlin mitgetragen wird, dieses Thema gemeinsam mit der Ärztekammer Berlin und dem Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften der Berliner Hochschulmedizin in einem Symposium auf. Wir möchten Sie hiermit herzlich zu dem Symposium einladen.

Zeit: am Freitag, dem 26. Januar 2001, 16.00 bis 20.00 Uhr
Ort: Charité, Campus Mitte, Großer Hörsaal der Abteilung für Innere Medizin, Südflügel, Schumannstr. 20, 10117 Berlin

Der Umgang mit Sterbenden und dem Sterben allgemein findet in der Öffentlichkeit großes Interesse. Dies ist nicht etwa eine Erscheinung unserer Zeit mit den Möglichkeiten moderner intensivmedizinischer Behandlung. Bereits seit der Antike machen sich Menschen Gedanken über den Umgang mit dem nahenden Tod. Seither schwören Ärzte im hippokratischen Eid: "Ich werde niemand ein tödliches Mittel geben, auch wenn er mich darum bittet". Der niederländischen, bislang weltweit einmaligen Regelung, ging eine über mehr als drei Jahrzehnte andauernde Diskussion voraus, die der ehemalige Leiter der niederländischen Sachverständigenkommission, Pieter V. Admiraal, über lange Zeit begleitete. Er vertritt den Standpunkt, dass jeder Mensch ein Recht auf Selbstbestimmung habe, und damit das Recht, über das eigene Leben zu verfügen. Allerdings habe auch jeder Arzt das Recht, eine erbetene Sterbehilfe zu verweigern. Für Admiraal ist die aktive Sterbehilfe eine ärztliche Aufgabe und "der letzte würdige Akt in der Phase der Sterbebegleitung". Achtzig Prozent der Niederländer teilen seiner Einschätzung nach diese Haltung.

In Deutschland ist aktive Sterbehilfe, also Tötung auf Verlangen, verboten und mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren belegt (§ 216 StGB). Die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung schreiben vor, dass Ärzte Todkranken so helfen müssen, dass sie in Würde zu sterben vermögen. Maßnahmen zur Verlängerung des Lebens dürfen in Übereinstimmung mit dem Willen des Patienten unterlassen oder beendet werden, wenn sie nur den Todeseintritt verzögern, aber den Verlauf der Krankheit nicht aufhalten können. 

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) fordert eine Veränderung des geltenden Rechts und plädiert für eine Regelung der Sterbehilfe im Strafgesetzbuch: Das von ihr geforderte Selbstbestimmungsrecht bis zur letzten Lebensminute schließt auch die Möglichkeit aktiver Sterbehilfe ein. Christof Müller-Busch, Leiter der Palliativstation im Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, sieht das anders: Palliativmedizinische Bemühungen könnten der Restlebenszeit mehr Sinn und Qualität schenken und damit die Forderung nach einer Tötung auf Verlangen überflüssig machen. Gerade weil eine Tötung auf Verlangen oder ein ärztlich assistierter Suizid eine gezielte und endgültige Zerstörung von Autonomie darstellten, seien sie für ihn mit medizinisch-ethischen Prinzipien nur schwer vereinbar. 

Die öffentliche Diskussion über das Thema Tötung auf Verlangen ist längst überfällig. Immer mehr Menschen wollen durch Verfügungen festlegen, dass bei ihnen im Fall einer schweren Erkrankung ohne Aussicht auf Heilung auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet wird. Solche Patienten-Testamente sind jedoch rechtlich noch nicht verbindlich. Daher fordert die Vorsitzende der Ethikkommission der Ärztekammer Berlin, Ruth Mattheis, Rechtssicherheit: "Durch gesetzliche Regelung sollte klar gestellt werden, unter welchen Voraussetzungen Patientenverfügungen für den Arzt verbindlich sind." 

Mit dem Symposium "Tötung auf Verlangen: Das Beispiel Niederlande - Konsequenzen für Deutschland?" bietet das Berliner Zentrum Public Health Wissenschaftlern und Öffentlichkeit, Ärzten und Angehörigen Betroffener eine Plattform für die Diskussion der unterschiedlichen Auffassungen und ethischen Gegensätze.


Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne Dr. Monika Huber vom Berliner Zentrum Public Health der TU Berlin, Tel.: 030/314-24876, Fax: 030/314-21578, E-Mail: bzph@tu-berlin.de