Berliner Netzwerk wird mit 750.000 Euro EFRE-Mitteln gefördert / TU Berlin übernimmt die Koordinierung
Mit 756.000 Euro wird ab Oktober 2002 das neue Kompetenznetzwerk "Biologische Oberflächen“ für drei Jahre in Berlin gefördert. Das Geld kommt aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). An der Grenzstelle zwischen Werkstoff und Zelle beziehungsweise Gewebe forschen dann Wissenschaftler der TU Berlin, des Paul-Drude-Instituts für Festkörperelektronik (Forschungsverbund Berlin), des Max-Planck-Instituts für Kolloid und Grenzflächenforschung sowie der Universitätsklinika Benjamin Franklin (FU Berlin) und Charité Virchow (HU Berlin) in einem engen Verbund.
Es gibt in der Chirurgie, Traumatologie, dem Tissue Engineering oder der Bio-Reaktionstechnik einen wachsenden Bedarf an Materialien, mit denen Zellen unter kontrollierten Bedingungen in Kontakt treten oder die sogar außerhalb des Körpers, beispielsweise in Bioreaktoren, physiologische, das heißt körperähnliche Bedingungen vorfinden. Die Wissenschaftler stehen dabei vor der Herausforderung, die "bioaktiven Oberflächen“ von Werkstoffen und Zellen kompatibel zu gestalten. Dies geschieht an der Schnittstelle von Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Medizin.
Bei Kathetern, so genannte percutane Implantate, die die Haut durchdringen, Bioreaktoren, Knochennägeln oder Hüftgelenkimplantaten sollen die Zellen an das fremde Material anwachsen und zu einer bleibenden Verankerung führen. Bei percutanen Kathetern kommt es zwischen dem Epithel (Oberhaut) und der Materialoberfläche zu einen Kontakt. Bei falscher Materialbeschaffenheit führt dies zu unkontrolliertem Wachsen, was mit Entzündungen und Vereiterungen verbunden ist. Nimmt man hingegen bioaktive Strukturen wie sie im Rahmen dieses Verbundes erzeugt werden, ergibt sich ein bleibender Kontakt, der auch gegen Bakterien abschließt.
Die Forscher der TU Berlin um Prof. Dr. Helmut Schubert vom Institut für Werkstoffwissenschaften und –technologien, der das neue Netzwerk koordinieren wird, werden sich in ihren Teilprojekten vor allem auf die Materialstrukturen und -oberflächen konzentrieren.
Hintergrund und Infrastruktur
Materialforschung und Medizin sind zwei herausragende Kompetenzfelder in der Berliner Forschungslandschaft. Im Bereich der Medizin existieren einige bedeutende und
wachstumsfähige Industrien, speziell in den Bereichen Biotechnologie und Medizintechnik. In vielen dieser Industriezweige werden Werkstoffoberflächen benötigt, die aktiv mit meist humanen Zellen und somit auch mit Gewebe in Wechselwirkung treten können. Gerade aber in der Entwicklung und Erforschung solcher Werkstoffoberflächen sind nur wenige Arbeitsgruppen im Raum Berlin-Brandenburg involviert. Dies steht im Gegensatz zu dem enormen Bedarf in der modernen Medizintechnik, so dass den in diesem Feld tätigen Unternehmen lediglich ein dünner wissenschaftlicher Fundus zur Verfügung steht. Aus diesem Grund sollen die Forschungsaktivitäten in diesem transdisziplinären Technologiefeld erheblich verstärkt werden. Ziel des Netzwerks ist die Identifizierung erfolgversprechender Forschungsthemen, Infrastrukturbildung und Initiierung von Verbünden zwischen Forschung, Medizin und vor allem der Industrie.
Ein Charakteristikum dieser Systeme von "unbelebter“ Technik im Kontakt mit dem "Biosystem“ Mensch ist es, dass lange Entwicklungszeiten und intensive Prüfphasen in Kauf genommen werden müssen. Bis zur klinischen Akzeptanz können manchmal 15 Jahre vergehen. Eine solche Entwicklungsarbeit ist besonders für mittlere und kleine Firmen kaum zu leisten. An diesem Punkt möchte das neue Netzwerk ansetzen und mit seinen Kompetenzen den Know-how-Transfer in die Wirtschaft fördern.
Die Thematik der biokompatiblen Oberflächen wurde bereits in dem Interdisziplinären Forschungsverbund Materialforschung, der an der TU Berlin angesiedelt ist und von der Wissenschaftssenatsverwaltung gefördert wird, begonnen. Er führte zu einem engen Interessenverbund von FU, HU, TU Berlin und dem Forschungsverbund Berlin e.V. mit dem Paul-Drude-Institut sowie dem Max-Planck-Institut für Kolloid und Grenzflächenforschung. Diese universitären und außeruniversitären Einrichtungen verstehen sich als Impulsgeber für weitere Aktivitäten, bei denen Naturwissenschaften, Ingenieur- und Biowissenschaften sowie die Medizin kooperieren.