Wissenschaftler der TU Berlin dokumentieren die Geschichte des Wege- und Wasseranlagenbaus in deutschen Gärten und Parks und liefern Grundlagen für die angewandte Gartendenkmalpflege
Schloss
Charlottenburg in Berlin: Der Ehrenhof am Eingang zum Schlosshauptgebäude
ist mit historischen und modernen (nachgebildeten) Klinkern gepflastert
(l.). Kunststeine waren im 18. und frühen 19. Jahrhundert keine
Massenware, sondern kostbares Material. Erst im 20. Jahrhundert wurden
Klinker vermehrt eingesetzt. Fotos: TU Berlin/Forner |
Der große Meister des Landschaftsgartens Hermann Fürst von Pückler-Muskau beschrieb in seinem Werk "Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ von 1834 präzise, wie Gartenwege anzulegen und zu bauen sind. Sie seien "so zu führen, dass sie auf die besten Aussichtspuncte ungezwungen leiten“, "die übersehbaren Flächen, durch die sie führen, nur in malerischen Formen abschneiden“, und sie müssten "technisch gut gemacht werden, immer hart, eben und trocken“ sein. Doch Buchweisheiten sind das eine, die Praxis ist das andere.
In einem 3-jährigen nun abgeschlossenen DFG-Forschungsprojekt "Historische Bauforschung und Materialverwendung im Garten- und Landschaftsbau“ untersuchten Prof. Dipl.-Ing. Heinz W. Hallmann und Dr.-Ing. Jörg-Ulrich Forner vom Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung an der Technischen Universität Berlin deshalb, ob die namhaften Gartenkünstler auch so gebaut, wie sie es niedergeschrieben hatten. Es sei vorweggenommen, dass Pückler-Muskau in beeindruckender Weise den Landschaftsgarten in Branitz und den Park in Potsdam-Babelsberg so ausführte, wie er sie erdacht hatte. Nicht jedem Gartenbaukünstler war das vergönnt.
"Die Forschungsergebnisse dienen der angewandten Gartendenkmalpflege bei der Sanierung, Rekonstruktion und zukünftigen Pflege der Garten- und Parkanlagen“, sagt Dr. Jörg-Ulrich Forner. "Mit diesem Wissen kann eine präzise Analyse und Bewertung der vorgefundenen Bausubstanz durchgeführt werden, was erhaltenswert ist, weil original so gebaut, und welche baukonstruktiven Teile der Anlagen neuzeitlich, also später, angefügt wurden.“ Den Verantwortlichen für Gartendenkmalpflege obliegt es nun, anhand dieser Forschungsergebnisse zu entscheiden, wie Parks und Gärten künftig rekonstruiert und saniert werden sollen.
Hallmann und Forner konzentrierten sich in ihrem Forschungsprojekt auf die Untersuchung des Baus von Wegen und Wasseranlagen in Gärten und Parks. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich auf 140 Jahre von 1800 bis 1940. Für den Vergleich werteten sie über 250 Quellen aus (Lehr- und Handbücher sowie Fachzeitschriften) und untersuchten deutschlandweit 21 Wegebauten und Wasseranlagen in denkmalgeschützten Garten- und Parkanlagen u.a. im Branitzer Park, auf der Pfaueninsel Berlin, im Großen Garten in Dresden, im Schlossgarten in Schwetzingen oder im Schlosspark Wilhelmshöhe in Kassel. Bis Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland keine Forschung zur originalen Material- und Baustoffverwendung im Garten- und Landschaftsbau. Erste Anfänge dazu unternahm Professor Hallmann Ende der 1980er Jahre an der TU Berlin.
Anhand des Studiums der Quellen sowie von Bauaufnahmen und gartenhistorischen Grabungen wurde es möglich, die historische Entwicklung des Wege- und Wasseranlagenbaus zu rekonstruieren. Erstmals gelingt den TU-Wissenschaftlern zum Beispiel der Nachweis, dass bereits 1864/65 bekannt war, wie Wasserbecken mit Zementmörtel und ‚Betonfertigteilen’ zu bauen sind. Sie stellen fest, dass ädie Bauweisen der in Gärten und Parks integrierten Wasseranlagen ihre Anregungen und Impulse teilweise aus dem landwirtschaftlich-ökonomisch erforschten Bereich des Wasserbaus“ bezogen und technologische Entwicklungen im Straßenbau bei der Anlage von Fahrwegen in Gärten und Parks adaptiert wurden. Die Gartenkunst selbst beeinflusste ingenieurmäßiges Bauen. Entwickelte Entwässerungssysteme, um die Damen nach Regengüssen auf den Parkwegen trockenen Fußes lustwandeln zu lassen, fanden ihre modifizierte Anwendung auch im Straßenbau. Der technische Fortschritt veränderte zudem das Berufsbild. Das bis weit ins 19. Jahrhundert hinein vorherrschende Selbstverständnis des Gartenkünstlers, allein der Umsetzung ästhetischer Ideale verpflichtet zu sein, wich, zumindest bei den großen Gartenbaumeistern, zunehmend dem Anspruch und der Einsicht, die Gartenkunst mit den "funktionalen und technisch-konstruktiven Notwendigkeiten“ zu verknüpfen. Kunst und Technik wurden im Gartenbau nicht mehr länger als Widerspruch begriffen.
Die untersuchten Objekte auf einen Blick:
Wegebauweisen
Pfaueninsel, Berlin
Branitzer Park, Branitz
Hofgarten, Coburg
Schlosspark Fantaisie, Donndorf
Schlosspark Wilhelmshöhe, Kassel
Johannapark, Leipzig
Neuer Garten, Potsdam
Park Babelsberg, Potsdam
Schlossgarten, Schwetzingen
Schlosspark Belvedere, Weimar
Wasserbauweisen
Carolasee, Großer Garten, Dresden
Fichtepark, Dresden-Plauen
Binsenteich im Greizer Park, Greiz
Teichanlage, Klettenbergpark, Köln
Promenadenring Leipzig Schwanenteich, Leipzig
Schlossinsel Rheinsberg
Raffelbergpark, Mühlheim a. d. Ruhr
Kreuzkanal, Schlossgarten, Schwerin
Großer Weiher, Schlossgarten, Schwetzingen
Sumpfpflanzenbecken am Römischen Haus, Weimar
Schirmteich Schlosspark Belvedere, Weimar