Europäische Sedimentforscherinnen und -forscher treffen sich zu SedNet in Berlin
Pharmazeutische Abfälle wie Antibiotika sowie Reinigungs- und Körperpflegemittel, Nahrungsmittelreste, organische und anorganische Stoffe (Nährstoffe und Schwermetalle) belasten unsere Gewässer sehr. Das wissen wir längst. Doch auch, wenn die Umweltgifte und problematischen Stoffe im Wasser nicht mehr zu finden sind, bleiben sie in den Gewässersedimenten als das Gedächtnis unserer Flüsse erhalten. Mit dem Baggergut , das beim Ausbaggern der Sedimente von Häfen und schiffbaren Flüssen anfällt und das in der Verarbeitung unter anderem von Baustoffen Verwendung findet, gelangen sie wieder in die unmittelbare Wohnumgebung des Menschen. Dort fahren sie, mitunter jahrelang unentdeckt, mit ihrer schleichenden Gesundheitsschädigung fort.
Natürlich hat die Anreicherung des Wassers mit entsprechenden Stoffen auch Auswirkungen auf das Leben im Wasser: "Genetische und Verhaltensänderungen bei Fischen sprechen eine deutliche Sprache", sagt Prof. Dr. Peter-Diedrich Hansen, Ökotoxikologe an der TU Berlin. "Es ist mittlerweile sicher, dass die deponierten Schadstoffe einen direkten Einfluss auf die Reproduktion und das Immunsystem der Sedimentbewohner wie Muscheln und Fische haben."
Wasser überschreitet Grenzen. Kein Gewässermanager eines Landes kann allein Verantwortung für die Reinhaltung und die Schonung der Ressource Frischwasser übernehmen, erst recht nicht allein die damit zusammen hängenden Probleme der Sedimente als "Schadstoff-Deponie" lösen, die ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellen. Diese Situation führte im Januar 2002 zur Etablierung des europäischen Forschungsnetzwerkes "SedNet" (European Sediment Research Network), das von der Europäischen Union finanziell gefördert wird. Vorrangig will dieses Netzwerk bedarfsorientierte Forschung über Sedimente in Europa koordinieren, eine Plattform zum Sammeln von Informationen bieten und vor allem den Austausch von Expertenwissen fördern. Hafen- und Umweltbehörden sowie andere Personenkreise, die sich mit dem Flussgebiets-Management im Rahmen der Europäischen Wasser Rahmenrichtlinie (WRRL) sowie der durch Klimaveränderungen immer knapper werdenden Ressource Frischwasser befassen, sollen hier Kontakte zu Forscherinnen und Forschern sowie zu Organisationen finden, die an der Lösung ihrer Probleme arbeiten. Geboten werden Methoden, Wissen, Technologien und Erfahrungen, die für das Management benötigt werden. "SedNet" ist für die Verbreitung und Nutzbarmachung des gesammelten Wissens zum Thema zuständig sowie für die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und damit für die Information von Öffentlichkeit und Entscheidungsträgern.
Das "SedNet" ist in verschiedenen Arbeitsgruppen organisiert. Es ergänzt und integriert außerdem existierende Netzwerke sowie thematisch nahe stehende Arbeitsgruppen in der EU. Schließlich vermittelt es Beratungspartner für europäische, nationale und regionale Behörden. Damit wird indirekt auch die politische Aufmerksamkeit auf die Sedimente der europäischen Wasserstraßen gelenkt. Immerhin hat eine von 148 Ländern unterstützte UN-Resolution das Jahr 2003 zum internationalen Jahr des Süßwassers erklärt. Die Resolution fordert alle Akteure des Wassersektors auf, die Bedeutung einer nachhaltigen Wasserbewirtschaftung für die Menschheit herauszustellen und den Schutz des Süßwassers zu verbessern.
Vom 3. bis zum 5. April 2003 richtet das "European Sediment Research Network" seinen zweiten Workshop in Berlin aus. Organisatoren sind die Technische Universität Berlin sowie die Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz. Der Workshop wird sich mit den Einflüssen, der Bioverfügbarkeit und der Einschätzung von Umweltgiften in Sedimenten und Baggergut unter extremen hydrologischen Bedingungen befassen. Diskutiert werden auch Verfahren zur schnellen Erkennung gefährlicher Stoffe wie der Einsatz und die Auslegung von Frühwarnsystemen wie Biosensoren.
Die Veranstaltung ist öffentlich. Veranstaltungsort ist das Harnackhaus der Max-Planck-Gesellschaft in der Ihnestrasse 16 - 20 in Berlin-Dahlem.