Medieninformation Nr. 234 - 20. September 2004 - Bearbeiter/in: sn |
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Neu berufen: Prof. Dr. Norbert Kühn setzt im traditionellen Fachgebiet Ingenieurbiologie neue Akzente und entwickelt Konzepte zur Begrünung städtischer Freiflächen
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Damit Berghänge nicht ins Rutschen geraten, Deiche nicht hinweggespült werden, es dem Meer auf seinem fortwährenden Beutezug nicht gelingt, sich ein Stück Land einzuverleiben, und Böschungen von heimtückischer Erosion verschont bleiben, ist das Wissen des Ingenieurbiologen gefragt. Er braucht zum Bauen keinen Stahl, kein Glas, keinen Beton, sein Material sind Pflanzen – Schilf, Gehölze, Rasen. "Die Ingenieurbiologie ist ein aus der Landschaftsplanung nicht mehr wegzudenkender Bereich und kann auf eine lange Tradition verweisen, deren Ursprünge im 18. Jahrhundert zu finden sind. Damals besann sich der Mensch darauf, die Natur mittels alter Kulturtechniken zu schützen und mit Pflanzen zu bauen", erzählt Norbert Kühn, der im vergangenen Jahr an das Fachgebiet Ingenieurbiologie an der Technischen Universität Berlin berufen wurde. Diese Sicherungsbauweisen mit Pflanzen in der Landschaft können von jeher als Teil des Umwelt- und Naturschutzes betrachtet werden.
Doch längst hat sich die Ingenieurbiologie auch andere Bereiche erschlossen, die unter dem Begriff Vegetationstechnik erfasst werden. Hier beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Frage, wie sowohl das ökologische als auch das ästhetische Potenzial der Pflanzen im städtischen Raum genutzt werden kann und welche Pflanzen sich dafür eignen. Dach- und Fassadenbegrünungen sind dafür ein Beispiel, Kühns Vegetationskonzepte zur Begrünung von großen Freiflächen in der Stadt ein anderes. Sein Ansatzpunkt im Umgang mit der Vegetation ist ein interaktiver. Anders als für einen Naturschützer ist für ihn Vegetation kein Selbstzweck. "Mir geht es nicht so sehr darum, die Natur, so wie sie ist, zu erhalten", sagt er, "mich interessiert, wie sich Pflanzen unter Berücksichtigung von Standort und Klima für die Umsetzung einer gestalterischen oder funktionalen Idee eignen und wie der Mensch eingreifen kann und muss, um diese Ideen umzusetzen und um das beabsichtigte Ziel zu erreichen." Deshalb versteht sich Kühn auch als Vegetationsmanager.
Kühn, der an der Technischen Universität München-Weihenstephan Landespflege studierte und 1997 zum Doktor der Agrarwissenschaften promovierte, will die Ingenieurbiologie an der Universität um die Gebiete Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung erweitern. Dies eröffnet ein weites Forschungsspektrum, das von Pflanzen für technische Bauwerke zur ökologischen Ressourcenbewirtschaftung, über Vegetationskonzepte für den Stadtumbau, Vegetationsmanagement in Städten bis zu der seit Jahren an der TU Berlin etablierten
Rasenforschung reichen. Die Auseinandersetzung mit Prinzipien der Pflanzenverwendung im modernen und historischen Kontext soll die theoretische Basis dieser Forschungsarbeiten schaffen. So entsteht ein Fachgebiet, das alle Bereiche abdeckt, in denen die Vegetation für gestalterische und technische Aspekte eingesetzt wird.