[TU Berlin] Medieninformation Nr. 183  vom 17. Juli 2006 - Bearbeiter/in: stt

   

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40 Tonner sind passé

Neue Wege in der Energietechnik: Prototyp der weltweit ersten Versuchsanlage zur Hochspannungserzeugung mit sehr niedriger Frequenz an der TU Berlin vorgestellt

Hochspannungskabel sind so etwas wie der Lebensnerv für die Stromversorgung von Städten. Mit enormem Aufwand ist bislang die Überprüfung von neuen Hochspannungskabelanlagen verbunden, die mit einer gegenüber dem Normalbetrieb höheren Spannung von mehreren 100.000 Volt vor der Inbetriebnahme getestet werden müssen. Das könnte sich jetzt ändern. Das von Prof. Dr. Wilfried Kalkner geleitete Fachgebiet Hochspannungstechnik der TU Berlin hat in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Baur Prüf- und Messtechnik GmbH (Sulz, Österreich) eine neuartige Versuchanlage zur Prüfung von Hochspannungs-Kabelanlagen entwickelt und erfolgreich getestet. 

Benötigt werden solche Spannungsquellen zur Prüfung von neu errichteten energietechnischen Anlagen wie etwa Energiekabeln, Kraftwerke und Umspannwerke. Um solche auch für die Hochspannungstechnik außergewöhnlich hohen Spannungen von mehreren 100.000 Volt auf den Baustellen zu erzeugen, müssen bislang große und schwere Spannungsquellen herangeschafft werden. Das geht in der Regel nur mit der Hilfe von 40-Tonnen-Sattelschleppern. Oftmals ist zudem der Platz auf Baustellen zu eng und der noch nicht verfestigte Untergrund ein Problem. Zur Eigenversorgung der Spannungsquelle wird außerdem zusätzlich ein leistungsstarkes Dieselaggregat benötigt. 

Kleiner und leichter dank extrem niedriger Stromfrequenz 
Die von der TU Berlin und der Firma Baur entwickelte Lösung umgeht dieses Problem, indem die erforderlichen hohen Spannungen nicht mit den gewohnten 50 Hertz erzeugt werden, sondern mit einer extrem niedrigen Frequenz (very low frequency, VLF) von nur 0,1 Hertz. Dabei wechselt der Strom nicht 50 Mal in der Sekunde von Plus nach Minus – wie auch der Strom aus der Steckdose –, sondern lediglich einmal in 10 Sekunden. Diese 500-fach geringere Frequenz führt zu einer erheblichen Reduzierung der Baugröße und des Anlagengewichts. Der Strombedarf wird reduziert, so dass kleinere und kostengünstigere Dieselaggregate zur Eigenversorgung der Anlage benutzt werden können. Mit einer solchen mobilen VLF-Anlage könnte man also in kürzerer Zeit und mit erheblich geringerem Aufwand in verschiedenen Umspannwerken neue Kabelanlagen testen. 

Prototyp hat erste Tests bestanden
Erste Ergebnisse mit einem Prototypen der Versuchsanlage haben gezeigt, dass komplexe Kabelanlagen der Energietechnik grundsätzlich auch mit einer 500-fach geringeren Frequenz getestet werden können. Zu diesem Zweck wurde an der TU Berlin unter der Leitung von Professor Kalkner eine aufwändige Studie durchgeführt. Im hochspannungstechnischen Institut entstand speziell für dieses Projekt eine eigene Hochspannungs-Kabelanlage mit allen gängigen Komponenten. Diese Komponenten wurden unter anderem vom Berliner Siemens-Werk bereitgestellt und auch dort vorab getestet. Zur fachgerechten Montage der Einzelkomponenten konnten mit der Firma CCC-GmbH-Berlin ebenfalls Experten aus Berlin gewonnen werden. 

Auch Aufspürung von Fehlern in Kabeln möglich
Ebenfalls gelang das Aufspüren künstlicher Kabelfehler, die zu Testzwecken in die Kabelanlage eingebracht worden sind. Mit speziellen diagnostischen Messungen konnte dabei eine gute Übereinstimmung zu Messungen mit der eigentlichen Stromfrequenz von 50 Hertz festgestellt werden. Kleinere Nachteile, etwa bei der Messempfindlichkeit, müssen dabei jedoch in Hinblick auf die Vorteile bei Größe, Gewicht und Handhabbarkeit in Kauf genommen werden. Die detaillierten wissenschaftlichen Ergebnisse aller Messreihen werden zur Zeit der internationalen Fachwelt vorgestellt und sollen durch weitere Studien untermauert werden.

Das Ziel: Konstruktion einer serienreifen Prüfanlage 
Für die nahe Zukunft ist die Konstruktion einer serienreifen Prüfanlage vorgesehen. Mit dieser dann noch einmal in Gewicht und Größe reduzierten VLF-Spannungsquelle sollen erste Messungen im Netz der Energieversorger durchgeführt werden. Hier gilt es, die verantwortlichen Ingenieure von den Vorteilen der neuen Technik zu überzeugen und die neuartige Technologie in die aktuellen Vorschriftenwerke einzuarbeiten. Interesse ist bereits von Vattenfall Berlin, aber auch aus dem asiatischen Raum bekundet worden. 


Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Dipl.-Ing. Volker Bergmann, Institut für Energie- und Automatisierungstechnik der TU Berlin, Tel.: 030/314-23394, Fax: -21142, E-Mail: bergmann@ihs.ee.tu-berlin.de oder Dr.-Ing. Kay Rethmeier, HV Engineering der Baur Prüf- und Messtechnik GmbH (Sulz, Österreich), E-Mail: k.rethmeier@baur.at, WWW: http://ihs.ee.tu-berlin.de, http://www.baur.at, http://www.ccc-gmbh-berlin.de, http://www.siemens.com/ptd
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