TU intern - April 2000 - Alumni
Im Prinzip sind alle zufrieden
Diplomarbeiten mit Praxisbezug machen Spaß und helfen beim
Berufseinstieg |
Wenn es schon während des Studiums nicht immer geklappt hat,
praxisorientiert zu arbeiten, hat man am Ende der Studienzeit
noch eine Chance, das Arbeiten und Leben in der Berufspraxis kennen
zu lernen. Examenskandidaten/innen können ihre Diplomarbeit
in einem Unternehmen schreiben und somit Praxis und Theorie vereinen.
"Durch Diplomarbeiten in Unternehmen können Studierende
sich im praktischen Umfeld verwirklichen. Die universitären
Fachgebiete gewinnen Anregungen für Lehre und Forschung,
die Unternehmen können ihre Prozesse verbessern. Im Prinzip
sind alle zufrieden", fasst Prof. Dr. Günther Seliger
die Vorteile dieser Art der Zusammenarbeit kurz und prägnant
zusammen. Im Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb
gibt es schon seit vielen Jahren gute Kooperationen zu verschiedenen
Unternehmen.
Die Vermittlung von Diplomarbeiten ist ein Teil dieser Verbindungen.
Einzige Bedingung für eine gute Zusammenarbeit sind einige
Spielregeln, an die sich beide Seiten halten sollten. "Das
Unternehmen muss eine Aufgabe stellen, die im Rahmen einer Diplomarbeit
von Zeit und Umfang her gelöst werden kann - nicht zu trivial
und nicht zu komplex", wünscht er sich von der unternehmerischen
Seite, von Seiten des universitären Fachgebietes erwartet
er die fachliche Erfahrung und die Infrastruktur, da die Arbeit
als Prüfungsleistung in der Uni und nicht im Unternehmen
betreut wird. Natürlich dürften das Wissen und die Infrastruktur
nicht umsonst angefordert werden. Da die Universität sich
auf die staatliche Zuwendung nicht mehr verlassen kann, ist sie
auf Drittmittel, die auf diese Art eingeworben werden können,
angewiesen.
TU-Absolvent Christian Stolte gehört zu denjenigen, die ihre
Arbeit in einem Unternehmen geschrieben haben. Gemeinsam mit einem
Kommilitonen entschied er sich 1997, seine Diplomarbeit bei der
Berliner Energieagentur GmbH zu schreiben. "Unsere Arbeit
sollte zumindest ein wenig Relevanz haben und nicht in den Schubladen
der Universität verschwinden", begründet er seine
damalige Entscheidung, die er nicht bereut hat. In dem Unternehmen
wird eine Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage betrieben,
die damals ein Jahr in Betrieb war - die Aufgabe der beiden Energietechniker
bestand darin, das erste Betriebsjahr zu untersuchen und Optimierungsvorschläge
zu erarbeiten.
Sowohl die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen als auch die Betreuung
durch den zuständigen TU-Assistenten waren durchweg positiv.
Heute ist Christian Stolte selbst Unternehmer, er hat im vergangenen
Jahr das EnergieBüro gegründet, das Schulungen, Beratungen
und Planung zu allen Bereichen der rationellen Energieanwendung
anbietet. "Vor dem Hintergrund meiner jetzigen Selbständigkeit
war es eine goldrichtige Entscheidung, eine solche praxisrelevante
Diplomarbeit zu schreiben und dadurch mitzubekommen, wie Projekte
und Tätigkeiten in der freien Wirtschaft ablaufen. Der Kontakt
zu Firmen, die ich während der Diplomarbeit kennen lernte,
besteht bis heute", fasst der Energie-Unternehmer zusammen.
Auch Esther Hoffmann und Ralf Pfitzner hatten über einige
Monate fast einen normalen Arbeitsalltag, in dem sie sich in einem
Betrieb mit ihrer Diplomarbeit beschäftigt haben. Ralf Pfitzner
hat in einem Schweizer Unternehmen seine Arbeit geschrieben und
wurde auch von einem Schweizer Professor der ETH Zürich
betreut. Rückblickend hat auch er nur positive Erinnerungen
an diese Zeit und bewertet seine Diplomarbeit, neben einem Hauptstudiumsprojekt
als die wichtigste Etappe seiner Studienzeit.
Nach dem Examen hätte Ralf Pfitzner gleich bei der Schweizer
Firma arbeiten können, letztlich war es die wenig abwechslungsreiche
Umgebung im Kanton Uri, die ihn davon abgehalten hat: "Es
gab zwar schöne Berge, aber ansonsten nur die Gotthardautobahn
und ein Wilhelm-Tell-Denkmal." Nach einer kurzen Bewerbungsphase
bekam er eine Stelle am Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung
in Berlin - entscheidend für die Einstellung war seine Diplomarbeit.
Auch Esther Hoffmann hat bis zur Diplomarbeit ohne unmittelbaren
Praxisbezug studiert - das änderte sich mit der Diplomarbeit.
Sie hat sich mit dem Thema der ökologischen Produktentwicklung
bei der AEG Hausgeräte GmbH
in Nürnberg beschäftigt. Interessant bei diesem Kooperationspartner
waren für sie neben der wissenschaftlichen Seite auch die
Probleme, die durch Umstrukturierungen und Stellenabbau oder durch
den Zusammenschluss von Firmen auftreten. "Für meine
Arbeit waren diese Rahmenbedingungen teilweise erschwerend, aber
es war insgesamt sehr lehrreich für mich", bewertet
sie diese Zeit. Nach dem Abschluss 1998 hat sie sofort in einem
Forschungsinstitut angefangen, auch sie profitierte sowohl bei
der Einstellung als auch in ihrem Arbeitsalltag von ihrer Diplomarbeit.
Bettina Weniger
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