TU intern - April 2000 - Forschung
Der Triumph der Apparatemedizin
Neues aus der Krebsfrüherkennung und -diagnose
Kombination von Magnetresonanz- tomographie und Biopsie |
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Immer noch erkranken in Deutschland jedes Jahr rund 43000 Frauen
an Brustkrebs. Mit fortschreitender Technik ist es heute möglich,
Brustkrebs schon in einem frühen Entwicklungsstadium zu erkennen.
Das hat die Heilungschancen deutlich erhöht, ein chirurgischer
Eingriff ist oft nicht mehr notwendig. Wissenschaftler am Institut für Mikrotechnik und Medizintechnik
der TU Berlin arbeiten nun an einer neuen Technologie zur frühzeitigen
diagnostischen Erkennung von Tumoren der weiblichen Brust.
Ziel ist eine automatisch gesteuerte Gewebeentnahme (Biopsie)
der weiblichen Brust unter Zuhilfenahme der Magnetresonanztomographie
(MRT). Der Vorteil des neuen Systems: Brustkrebs lässt sich
bereits in einem noch früheren Stadium als bislang erkennen
und diagnostizieren. Denn eine Biopsie, die in Kombination mit
einer Aufnahme durch den MR-Tomographen durchgeführt wird,
erreicht eine wesentlich höhere Genauigkeit.
Die Biopsie eines verdächtigen Bereichs der Brust ist im
Allgemeinen der erste Schritt, um eine Diagnose zu erstellen.
Die Gewebeprobe kann sowohl operativ als auch nicht-operativ entnommen
werden. Im Falle der nicht-operativen Gewebeentnahme werden hauptsächlich
zwei Methoden angewendet: die Feinnadel-Aspiration und die Stanzbiopsie.
Bei der Aspirationsbiopsie werden Zellen mit Hilfe von Spezialspritzen
und dünnen Kanülen aus dem Tumor abgesaugt. Bei der
Stanzbiopsie dagegen werden größere Zellverbände
aus dem Tumor mittels einer mit Hochgeschwindigkeit bewegten zweiteiligen
Biopsienadel entfernt. Der Erfolg dieser Methoden hängt in
großem Maße von der Geschicklichkeit und der Erfahrung
des behandelnden Arztes ab.
Um die Erfolgschancen zu erhöhen, entwickeln die TU-Wissenschaftler
in Zusammenarbeit mit der Strahlenklinik der Charité
und gefördert von der Deutschen Krebshilfe
ein neues System zur automatisch gesteuerten Gewebeentnahme.
Automatisch gesteuerte Biopsiesysteme, die mit der Röntgen-
und Ultraschalldiagnostik der Brust verbunden sind, werden bereits
eingesetzt. Aufgrund der starken Magnetfelder bei MR-Tomographen
lassen sich solche Systeme jedoch nicht direkt übertragen.
Die engen Raumverhältnisse innerhalb eines MR-Tomographen
erfordern, dass die Patientin im Anschluss an die Bildgebung aus
dem Untersuchungsbereich des MR-Tomographen in eine für den
Arzt geeignete "externe" Behandlungslage gebracht wird.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit können sich dabei zuvor lokalisierte
Tumorkoordinaten verschieben, was insbesondere bei der Biopsie
von Kleintumoren kritisch wäre. Ferner sind viele Biopsieeinrichtungen
und Instrumente nicht ausreichend MR-kompatibel. Vor dem Hintergrund
dieser Probleme bei der MR-tomographischen Diagnostik wird die
Biopsie heutzutage noch weitgehend manuell ausgeführt.
Die prinzipielle Anwendung des neuen Systems ist folgende: Eine
Patientin legt sich auf dem Bauch in dem Rahmengestell des MR-Tomographen
und kann dann mit Hilfe einer speziellen Oberflächenspule
doppelseitig untersucht werden. Ein kopf- bzw. fußseitiger
Zugang für das medizinische Instrument, welches über
ein automatisch gesteuertes Positionierungssystem unterhalb der
Patientin in den Zielort navigiert werden kann, ermöglicht
direkt im Anschluss an die Bildgebung eine Biopsie, und zwar ohne
dass die Lage der Patientin verändert werden muss. Im Falle
einer Biopsie an beiden Brüsten kann diese optional während
der gleichen Untersuchung durchgeführt werden.
Die Software, die für dieses System entwickelt wurde, läuft
auf einem unabhängigen PC und unterteilt sich im Wesentlichen
in ein Bildverarbeitungs- und ein Automatisierungsmodul; letzteres
kontrolliert alle Steuerungsvorgänge am Navigationssystem.
Zur Vermeidung unerwünscht großer Verzögerungen
zwischen Bildakquisition und der Festlegung der Biopsiekoordinaten
erfolgt ein schneller Datenaustausch der Patientenbilder zwischen
dem Rechner des bildgebenden Systems und dem PC über das
Krankenhausnetz.
Das gesamte Biopsiesystem befindet sich in der Endphase seiner
Realisierung. Ziel ist es, eine hohe Reproduzierbarkeit und eine
hohe Positioniergenauigkeit im Zehntelmillimeterbereich zu erreichen.
Der erste Prototyp soll noch in diesem Jahr präsentiert werden.
Prof. Dr. Ulrich Boenick
Oliver Wendt
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