TU intern - April 2000 - Studium

Knackpunkte der Studienreform

Modularisierung und Internationalisierung als Wettbewerbsbonus

Die Weichen für eine Reform der Studienordnungen an der TU Berlin sind gestellt. Der Akademische Senat hat in seiner Sitzung am 16. 2. 2000 nach zweijähriger Diskussion "Leitlinien für die Weiterentwicklung von Studiengängen an der Technischen Universität Berlin" verabschiedet. Jetzt sind die Fachbereiche gefordert, mit Blick auf diese Leitlinien ihre Studienordnungen zu überarbeiten. TU intern sprach mit Prof. Dr. Jürgen Sahm, Vizepräsident für Lehre und Studium der TU Berlin, über die Ziele, die mit den verabschiedeten Leitlinien verfolgt werden.

Die Diskussion über die neuen Leitlinien hat sich über rund zwei Jahre erstreckt. Welches waren die Knackpunkte?

Eine zentrale Frage war die nach dem Zweck der Leitlinien. Die Idee eines allgemeinen Leitbildes für die Lehre an der TU Berlin wurde wegen der Gefahr der Unverbindlichkeit verworfen. Stattdessen konzentrierte sich die Diskussion auf Punkte, die mit konkret formulierbaren Maßnahmen umgesetzt werden können. Strittig waren verständlicherweise alle quantitativen Festlegungen von Studienanteilen, zum Beispiel beim überfachlichen Studium.

Welches sind die Ziele, die mit den Leitlinien verfolgt werden?

Lehre und Studium an einer Universität bedürfen der ständigen Aktualisierung von Inhalt und Methode. Entsprechende Bemühungen von Fachbereichen der TU Berlin, teilweise unterstützt durch zentrale Förderprogramme, sind dank des Engagements von Lehrenden und Studierenden vielfach erfolgreich gewesen. Es gilt nun, diese Entwicklung hinsichtlich noch nicht gelöster Probleme fortzuführen.

Auch die neuen Rahmenbedingungen gilt es zu berücksichtigen. So etwa die veränderten Anforderungen der beruflichen Praxis, die neben den fachlichen und methodischen in wachsendem Maße auch soziale Kompetenzen und die Fähigkeit zu lebenslangem Lernen voraussetzt. Zum anderen führt der nationale und internationale Wettbewerb zu einer zunehmenden Konkurrenz auch auf dem Arbeitsmarkt für Akademiker. Die TU Berlin möchte ihren Absolventen dafür bestmögliche berufliche Startchancen mitgeben.

Bei der Weiterentwicklung der Studienordnungen muss sich die Universität zuvorderst auf die Einheit von Forschung und Lehre besinnen. Denn hierin unterscheidet sich die Universität von den Fachhochschulen, an denen die Forschung nur eine geringe Rolle spielt. Ein Studiengang, der nicht forschungs- bzw. konzept- und theorieorientiert ist, gehört nicht an die Universität.

Die Globalisierung ist eine der zentralen Herausforderungen schon seit Mitte der neunziger Jahre. Wie können Studienordnungen dieser Herausforderung Rechnung tragen?

Die TU Berlin will in Zukunft nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre einen national und international hervorragenden Platz einnehmen. So können wir unseren Studierenden bzw. Absolventen den künftig immer wichtigeren Zugang zum internationalen Arbeitsmarkt sichern. Deshalb ist uns die internationale Vergleichbarkeit und Anerkennung unserer Studiengänge wichtig.

Ein besonders wichtiges Element dabei ist die Modularisierung der Studiengänge, verbunden mit der Vergabe von Studien- bzw. Leistungspunkten, sogenannten Credits. Die Zusammenfassung von Studienelementen mit gleichen Kompetenzzielen zu Modulen bedeutet für die meisten Fachbereiche eine noch nicht gelöste, herausfordernde Aufgabe.

An dieser Stelle möchte ich auch die Diskussion über gestufte Abschlüsse wie Bachelor und Master erwähnen, die in der Universität noch geführt wird und in diesem Sommersemester zu einem Beschluss im Akademischen Senat führen soll.

Immer wichtiger werden auch überfachliche Qualifikationen. Sollen die Studienordnungen auch in dieser Hinsicht weiterentwickelt werden?

Ein wichtiges Ziel ist der Blick über den Tellerrand. So sollen sich die Studierenden während ihres Studiums nicht nur auf ein Fach konzentrieren, sondern auch auf mindestens eine weitere Disziplin fachlich einlassen und hierin wenigstens eine Orientierungskompetenz erwerben. Dafür sind mindestens 15 Prozent des Gesamtstudienumfangs vorgesehen. Es wird eine Herausforderung für die meisten Fachbereiche sein, entsprechende Angebote für solche überfachlichen Qualifizierungen zu machen.

Kommt mit den neuen Leitlinien denn endlich auch einmal die Frage der langen Studienzeiten auf den Tisch?

Natürlich müssen wir die Studiendauer sowohl für die Studierenden als auch für deren spätere Arbeitgeber akzeptabel machen, und das heißt senken. Dafür müssen die Fachbereiche immer wieder die Praxis des Studienverlaufs beobachten, die Lehrangebote der Fachbereiche immer wieder kritisch betrachten, damit das Studienangebot auch wirklich in der Regelstudienzeit studierbar wird. Das Niveau der Studiengänge steht dabei jedoch keinesfalls zur Disposition.

Inwiefern sind die Fachbereiche jetzt verpflichtet, ihre Studienordnungen zu überarbeiten?

Die Leitlinien bedeuten eine Aufforderung an die Fachbereiche, die bestehenden Studiengänge entsprechend zu überarbeiten. Grad und Erfolg der Umsetzung werden über Lehrleistungskriterien und über Zielvereinbarungen budgetwirksam bewertet. Entscheidend aber ist, die Fachbereiche von den hier vorgelegten Leitlinien zu überzeugen, denn nur in dem Maße, in dem die Fachbereiche die hier formulierten Ziele als die ihren betrachten, werden die Maßnahmen auch erfolgreich sein.

Wir erwarten, dass die Fachbereiche sich umgehend an die Arbeit machen und Ende des Jahres einen ersten Bericht über ihre Arbeit geben können.

Das Gespräch führte Thomas Schulz

Die Leitlinien sind im Internet zu finden unter: http://archiv.pressestelle.tu-berlin.de/div/neue_leitlinien.htm


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