TU intern - Dezember 2000 - Die neue TU

Optimismus und Bedenken gegenüber der Budgetierung

Umfrage bei den Dekanen zum Herzstück der Universitätsreform

Die Neuorganisation ihrer Finanzstrukturen und die eigenständige Verwaltung der finanziellen Mittel durch die Fakultäten, die so genannte Budgetierung, ist das Herzstück der Reformen an der TU Berlin. Nachdem der Akademische Senat und das Kuratorium den Plänen zugestimmt haben, ist es am 1. Januar 2001 nun soweit. Doch wie sehen die Verantwortlichen vor Ort der Einführung der Budgetierung entgegen? TU intern fragte die Dekane der einzelnen Fachbereiche.

Prof. Dr. Kurt Kutzler, 1. Vizepräsident der TU Berlin
Die Gremien der TU haben mit der Beschlussfassung im Akademischen Senat und im Kuratorium eine pragmatische Grundlage für die Einführung der Budgetierung zum 01.01.2001 gelegt. Die Pilotfakultät III hat an vielen Stellen Erfahrungen gesammelt, die in die tägliche Arbeit mit den zukünftigen Fakultäten eingehen werden. Darüber hinaus hat die Zentrale Universitätsverwaltung mit der Aufteilung und der Zuweisung der Haushaltsmittel, die in die erste Phase der Budgetierung hineingenommen werden, eine Zuarbeit geleistet, wodurch nunmehr für die Fakultäten eine Planungssicherheit garantiert ist.
Dabei ist aber auch klar, dass auf Grund der extrem schwierigen Haushaltssituation niemand mit diesen Summen wirklich glücklich sein kann. Schwierigkeiten hat es von Seiten der Zentrale mit der Bemessung und der Zuweisung der Stellen gegeben, weil noch zu wenig Klarheit über den wirklichen Aufgabenumfang und die vollständig neue Aufgabenverteilung herrscht. Ich hoffe aber, dass dies im Januar 2001 erfolgen wird. Weiterhin gehe ich davon aus, dass die Fachbereiche so viel Erfahrung mit der Deckungsschleife haben, dass sie improvisierend und verantwortungsvoll mit dieser Aufgabe umgehen werden.

Prof. Dr. Dietrich Naunin, Dekan des Fachbereichs 12 Elektrotechnik
Wir sehen der Budgetierung gespannt entgegen. Wie die Mittelverteilung abgewickelt werden soll, wenn wir mit dem Fachbereich 13 Informatik die neue Fakultät IV bilden, ist mir jedoch völlig unklar. Denn die Informatik hat ganz andere Finanzierungs- und Mittelverteilungsstrukturen als die Elektrotechnik. Hier treffen unterschiedliche Kulturen aufeinander. An diesem Punkt sehe ich erhebliche Schwierigkeiten auf uns zukommen. Während sich die Informatik - um ein Beispiel zu nennen - nur mit der Ausstattung von Rechnern und Software kümmern muss, haben wir hier ganze Werksanlagen zu unterhalten; der Rechner ist für uns gewissermaßen die kleinste technische Einheit.

Prof. Dr. Jürgen Siegmann, Dekan des Fachbereichs 10 Verkehrswesen und Angewandte Mechanik
Mit Einführung der Budgetierung wird ja eine seit langem erhobene Forderung eingelöst, die Entscheidungsprozesse zu dezentralisieren. Ab kommendem Jahr können wir endlich selber darüber entscheiden, wo und wie wir Engpässe meistern. Es besteht allerdings die Gefahr, dass wir Aufgaben übernehmen müssen, für die wir nicht bezahlt werden und für die wir vor allem personell nicht gerüstet sind. Wenn ich einmal die Vorbereitungen für die neue Fakultät V herausgreifen darf, dann ist die personelle Ausstattung ein ganz strittiger Punkt. Wir brauchen für die dezentralisierten Aufgaben einfach entsprechende Personalmittel, die in die Budgetierung Eingang finden müssen. Bei übermäßigen finanziellen Zumutungen gibt es Ärger.

Prof. Dr. Ulf Preuss-Lausitz, Dekan des Fachbereichs 2 Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften
Zunächst einmal halte ich es für sinnvoll, dass die Einführung der Budgetierung gestaffelt wird - 2001 die Budgetierung der Sachmittel, 2002 dann der Personalmittel. Wir freuen uns drauf und sind gespannt, wie das laufen wird. Nur habe ich so meine Zweifel, ob der Zeitplan, den die Zentrale Universitätsverwaltung vor Augen hat, gehalten werden kann. Obwohl wir bereits im Sommer einen Antrag für die Ausstattung des einzurichtenden Fakultäts-Service-Centers eingereicht haben, wissen wir bis heute nicht, womit wir rechnen können. Das ist ein unmöglicher Zustand. Was die Budgets betrifft, haben sich die Fachbereiche, die ab dem 1. April die neue Fakultät I bilden werden, für das Sommersemester 2001 darauf geeinigt, dass die jeweiligen Fachbereiche ihre Budgets noch selber verwalten, weil wir sie ja auch getrennt zugewiesen bekommen. Einen Fakultätshaushalt werden wir erst später einrichten.

Prof. Dr. Hans Burkhardt, Dekan des Fachbereichs 9 Bauingenieurwesen und Angewandte Geowissenschaft
Zunächst einmal sieht der Fachbereich der Einführung der Budgetierung positiv entgegen. Wir versprechen uns mittel- und langfristig Vorteile von der Dezentralisierung der Finanzmittel. Erhebliche Bedenken haben wir allerdings, was die praktische Umsetzung angeht. Das liegt einmal an der bisher nicht erfolgten Information durch die Zentrale Universitätsverwaltung, welche Verwaltungsabläufe von uns durchgeführt werden sollen. Ein anderer Punkt ist die personelle Ausstattung der Fakultäts-Service-Center. Wir haben unseren Bedarf zwar angemeldet, eine Antwort aber bislang noch nicht erhalten. Das betrifft nicht nur die rein personelle Ausstattung, sondern auch den Sachverstand, den das Personal mitbringen muss. Für die neuen Verwaltungsabläufe erwarte ich einheitliche Vorgaben, damit nicht jede Fakultät ihre eigenen Strukturen entwickeln, d.h. das Rad neu erfinden muss. Weiterhin erwarte ich eine möglichst baldige und ausführliche Einführung des Personals in die neuen Aufgaben. Also: Über die praktische Umsetzung der Budgetierung herrscht alles andere als Klarheit und ich habe große Bedenken hinsichtlich der künftigen Effektivität der Verwaltungsarbeit in den Fakultäten.

Prof. Dr. Joachim Erber, Dekan des Fachbereichs 7 Umwelt und Gesellschaft
Wir haben uns im Fachbereich intensiv auf die Budgetierung vorbereitet. Auf Seiten der Zentralen Universitätsverwaltung sehen wir allerdings noch erheblichen Handlungsbedarf was die mittelfristige Finanzplanung betrifft. Wir haben als Fachbereich bereits im Sommer unsere Planungen eingereicht, bis heute aber haben wir keine Rückmeldung erhalten. Das andere Problem, das wir sehen, ist die Behandlung von Sondertatbeständen bei der Einstellung von Studiengängen. Trotz Nachfragen bekommen wir auch hier von der Zentralen Universitätsverwaltung keine Antworten. Wir befürworten die Einführung der Budgetierung, sehen aber massive Defizite bei deren Umsetzung. Als Fachbereich fühlen wir uns da alleine gelassen.

Prof. Dr. Arnold Upmeyer, Dekan des Fachbereichs 11 Maschinenbau und Produktionstechnik
Unsere Vorbereitungen auf die Budgetierung laufen gemeinsam mit dem Fachbereich 10, mit dem wir ab April die neue Fakultät V bilden. In meinem Fachbereich habe ich mit Blick auf die Mittelzuweisungen eine Formel für Leistungskriterien entwickelt, die wir schon bei den letzten drei Haushalten angewandt haben. Das Problem ist nun, dass der Fachbereich 10 mit anderen Leistungskriterien arbeitet. Um hier eine einheitliche Struktur hinzubekommen, werden wir demnächst eine Kommission einrichten, die einheitliche Kriterien erarbeiten soll. In den ersten drei Monaten des kommenden Jahres werden wir die Budgets wahrscheinlich noch nach den alten Formeln zuweisen, bevor dann zum April der Fakultätshauhalt aufgestellt wird. Das wird sicher nicht einfach, aber ich denke schon, dass wir das hinbekommen. Was die personelle Ausstattung des Fakultäts-Service-Centers betrifft, das ja u. a. die Budgetierung vor Ort umsetzt, habe ich ein Organigramm entwickelt, das jetzt in der Zentralen Universitätsverwaltung liegt. Ich hoffe nun, dass die Verwaltung fair mit unseren Vorstellungen umgeht und uns nicht etwas anderes aufbrummt. Wenn von unserem Konzept Abstriche gemacht werden sollten, würde ich auf jeden Fall darum bitten, die Änderungen mit uns zu besprechen.

Prof. Dr. Jürgen Starnick, Dekan des Fachbereichs 5 Chemie
Ich sehe bei der Einführung der Budgetierung keine Schwierigkeiten. Aus meiner Sicht bleibt das meiste beim Alten. Die Sachmittelzuweisung beispielsweise erfolgt so wie in diesem Jahr. Mit den Fachbereichen, die im April zu einer Fakultät zusammengehen, ist vereinbart, dass wir kein Fakultäts-Service-Center aufbauen werden, wie es im Umsetzungsausschuss empfohlen worden ist. Wir wollen die Strukturen schlanker halten und die Institute stärken. Wir werden also, wenn Sie so wollen, eine weitergehende Dezentralisierung einleiten. Ansonsten liegen auch unsere Anträge für die personelle Ausstattung unbeantwortet bei der Zentralen Universitätsleitung.

Prof. Dr. Peter Erdmann, Dekan des Fachbereichs 1 Kommunikations- und Geschichtswissenschaften
Das Zusammenfallen von Budgetierung und Bildung der neuen Fakultäten im kommenden Jahr ist zeitlich unglücklich gewählt. Es bedeutet die Bindung der wenigen Kräfte in unterschiedliche Richtungen. Was die Budgetierung betrifft, so fehlt bisher die Schulung des Personals für die neuen Aufgaben. Nach wie vor ist unbekannt, wann sie beginnen soll. Die Budgetierung behebt nicht die Unterausstattung für wissenschaftliche Hilfskräfte und Lehraufträge, die im Fachbereich besteht. Mittelfristig stellt die Versorgung der kw-gesetzten Stellen für uns ein Problem dar.

Prof. Dr. Klaus Obermayer, Dekan des Fachbereichs 13 Informatik
An unserem Fachbereich laufen die Vorbereitungen auf die Einführung der Budgetierung ganz gut. Zurzeit setzen wir uns regelmäßig mit dem Fachbereich 12 Elektrotechnik, mit dem wir ab April 2001 gemeinsam die neue Fakultät IV bilden werden, zusammen, um die Verteilungspläne für die Finanzmittel abzustimmen. Das ist nicht so ganz einfach, weil beide Fachbereiche über unterschiedliche Verteilungskriterien verfügen. Hinzu kommt, dass die Elektrotechnik Maschinenhallen unterhalten muss, wir es aber "nur” mit Computern zu tun haben. Bis diese Verhandlungen abgeschlossen sind, werden die jeweiligen Fachbereiche ihre Mittel wie bisher verwalten.

Prof. Dr. Jean-Dominique Deuschel, Dekan des Fachbereichs 3 Mathematik
Im kommenden Jahr steht ja nicht nur die Budgetierung, sondern auch die Bildung der Fakultäten bevor. Beides bedeutet eine enorme Kraftanstrengung. Mir ist noch nicht klar, wie wir das bewältigen sollen. Im Prinzip aber begrüße ich die Einführung der Budgetierung, weil sie den Fachbereich Mathematik stärken wird. Wir können dann endlich mal auflisten, so hoffe ich jedenfalls, welche unserer Leistungen was kostet. Von Leistungen spreche ich deshalb, weil die wenigsten Studierenden für das Fach Mathematik eingeschrieben sind. Zum größeren Teil unterrichten wir Studierende anderer Fachrichtungen, die bestimmte Mathematikkenntnisse nachweisen müssen. Das sind Service-Leistungen für andere Fachbereiche, um die es in den vergangenen Jahren immer wieder Streit gegeben hat. Angesichts der bevorstehenden Einrichtung der Fakultäten zum 1. April 2001 macht es aus meiner Sicht allerdings wenig Sinn, die Budgetierung am 1. Januar einzuführen. Die neue Fakultät muss sich mit dem Thema ja wieder von vorn auseinandersetzen.


Leserbriefe

  TU intern -
    Dezember 2000


© 12/2000 TU-Pressestelle