TU intern - Dezember 2000 - Forschung
GMD-Vorstand sagt ja zu Fraunhofer
Bei der geplanten Fusion geht es jetzt nur noch um das Wie
Der Vorstand der GMD stimmte für die Fusion mit der FhG -
die GMD-Mitarbeiter demonstrierten |
Der Aufsichtsrat der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung
(GMD) hat in seiner Sitzung Anfang November der Fusion mit der
Fraunhofer-Gesellschaft (FhG)
seinen Segen gegeben. Damit ist die größte Hürde
genommen; nun geht es nicht mehr um die Frage, ob es eine Fusion
geben soll, sondern es geht um deren konkrete Gestaltung.
Einen etwas anderen "Polterabend begingen die Mitarbeiter
des GMD-Forschungszentrums Informationstechnik Anfang November
auf Schloss Birlinghoven: Teller wurden zerschlagen, über
deren Scherben die Aufsichtsratsmitglieder zu ihrer Sitzung gehen
mussten. Übrig blieb ein großer Scherbenhaufen - Symbol
der Gefühle, die die Fusion bei der GMD hinterlässt.
"Haben wir den falschen Bräutigam?, fragten die
Beschäftigten höhnisch auf Plakaten und machten ihrer
Wut über den von ihnen als Zwangsfusion empfundenen Zusammenschluss
der beiden Forschungseinrichtungen Luft. Auch gegen ihren Vorstandsvorsitzenden
Dennis Tsichritzis, der die Fusion grundsätzlich befürwortet,
richtete sich der Unmut: "Dennis go Home war auf Flugblättern
zu lesen. "Die Stimmung ist hier auf dem Nullpunkt. Der Kampf
ist verloren, sagte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Bernd
Hartkopf.
DER BESCHLUSS STAND FEST
Die aufwendige Demonstration - bei der die zunehmende Verzweiflung
über den im Zuge der Fusion befürchteten Wegfall von
Arbeitsplätzen und die Empörung der Mitarbeiter deutlich
zu spüren waren - half nichts: Während der Aufsichtsratssitzung
wurde die Fusion mit der Fraunhofer-Gesellschaft beschlossen.
Wahrscheinlich schon zum 1. Januar, spätestens aber zum 1.
Juli 2001, werden Bund und Länder ihre Geschäftsanteile
an der GMD an FhG übertragen. Die Details regelt eine Gesellschafterversammlung.
Für diese Beschlussempfehlung stimmten die Vertreter von
Bund und Ländern (Berlin, NRW, Hessen). Die Vertreter der
GMD-Belegschaft stimmten dagegen. Die vier Aufsichtsratsmitglieder
aus Wirtschaft und Wissenschaft enthielten sich der Stimme. Da
Bund und Länder auch in der Gesellschafterversammlung die
Mehrheit halten, wird das Gremium der Empfehlung höchstwahrscheinlich
Folge leisten.
Der Aufsichtsrat tagte dreieinhalb Stunden, obwohl das Ergebnis
von Anfang an klar war. Denn zu Beginn der Sitzung ließ
der Vertreter des Mehrheitsaktionärs Bund keinen Zweifel
daran, welche Entscheidung das Kontrollorgan zu fällen habe:
Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn erwarte, dass die
GMD der Fusion mit Fraunhofer zustimmt.
MACHTSPIELE
"Es ist klar, dass die Fusion unprofessionell betrieben wurde,
sagte der Sprecher der GMD-Institutsleiter Thomas Christaller
gegenüber SPIEGEL ONLINE. Es habe sich zuletzt nur noch um
ein Machtspiel gehandelt, der Zweck der Fusion sei bis zuletzt
unklar gewesen. Seitens des Ministeriums habe es geheißen,
es sei genug Zeit vergangen und man müsse nun Nägel
mit Köpfen machen. Christaller: "Nicht eben motivierend.
Als besonderen Knackpunkt des auf einem Entwurf von Staatssekretär
Uwe Thomas basierenden Beschlusses sieht der Gesamtbetriebsratsvorsitzende
Bernd Hartkopf die Übertragung der Geschäftsanteile
der GMD auf die FhG. "Die Politik hat sich absolut stur gestellt,
zeigte sich Hartkopf resigniert angesichts der Vielzahl der gescheiterten
Bemühungen für einen Kompromiss.
Der GMD-Aufsichtsrat stellte gestern die Bedingung, die bisherigen
Grundmittel müssten bis 2005 bei den GMD-Projekten bleiben.
Hessen forderte Veränderungen auch bei der FhG und will diese
im Fusionsvertrag festschreiben lassen. NRW setzte eine Ergänzung
des letzten Absatzes um einen Passus über die Verwaltungszusammenführung
durch.
Die breite Kritik am Fusionsprozess brachte das Bundesforschungsministerium
zuletzt allerdings noch dazu, der GMD ein Stück entgegenzukommen:
Staatssekretär Uwe Thomas versprach, bis Ende 2005 die Grundfinanzierung
der GMD nicht zu ändern. Dadurch entsteht für die GMD
nicht die ursprünglich vorgesehene Finanzierungslücke
von 60 Millionen Mark. Finanziert wird dieser Ausgleich aus den
UMTS-Milliarden, ebenso wie die nun zugesagten zusätzlichen
70 Millionen Mark für eine Projektvollkostenfinanzierung
in den nächsten fünf Jahren bei Instituten beider Einrichtungen.
Dabei können die Gelder sowohl für Grundlagen- als auch
Anwendungsforschung verwendet werden.
Das änderte aber nichts daran, dass die Betriebsversammlung
der Berliner GMD-Institute Ende November eine Resolution verabschiedete,
in der sie sich einstimmig gegen den ausschließlich mit
den Stimmen der Bundes- und Ländervertreter durchgesetzten
Beschluss des GMD-Aufsichtsrates von Anfang November ausspricht.
Berlinews.de
http://www.berlinews.de/archiv/1423.shtml
Leserbriefe
|