TU intern - Dezember 2000 - Hochschulpolitik
Dezentralisierung und Wettbewerb sollen es richten
Wissenschaftssenator Stölzl legte Eckpunkte für ein
neues Berliner Hochschulgesetz vor
Die versammelten Journalisten staunten am 20. November nicht
schlecht. Da präsentierte ihnen Christoph Stölzl, Senator
für Wissenschaft, Forschung und Kultur, überraschend
Eckpunkte für ein neues Berliner Hochschulgesetz. Mehr Selbstverantwortung
für die Hochschulen, Finanzierung nach Leistungskriterien,
weitere Internationalisierung, Studiengebühren für Langzeitstudierende
- das sind die wesentlichen Stichpunkte.
Mit einem neuen Hochschulgesetz will Wissenschaftssenator Christoph
Stölzl die Hochschulen auf Kurs bringen. Wann das Gesetz
verabschiedet wird, steht allerdings in den Sternen |
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Nun will Christoph Stölzl den Berliner Hochschulen den Weg
weisen. Dezentralisierung und Wettbewerb sollen es richten. Geld
soll es künftig nur geben, wenn die Leistung stimmt. Dies
gilt sowohl für die Globalzuschüsse, die die Hochschulen
vom Land erhalten, wie für die hochschulinterne Finanzzuweisung.
Das Prinzip der bloßen Haushaltsfortschreibung will Stölzl
aufgeben.
Grundlage für die Finanzzuweisung wird ein System von Ziel-
und Leistungsvereinbarungen zwischen dem Land Berlin auf der einen
Seite und den Hochschulen auf der anderen Seite sein. Die Hochschulen
sollen verpflichtet werden, eine Kosten- und Leistungsrechnung
einzuführen und über ihre Arbeit regelmäßig
zu berichten, und zwar in einem ordentlichen Geschäftsbericht.
Die Mittelverteilung innerhalb der Hochschulen soll über
ein System der Budgetierung erfolgen.
Da sich die so genannte Experimentierklausel bewährt hat,
soll sie in das neue Hochschulgesetz übernommen werden. Darüber
hinaus will sich das Land aus der bisherigen Detailsteuerung zurückziehen
und nur noch auf wissenschaftspolitisch zentrale Fragen konzentrieren.
Damit soll die Autonomie der Hochschulen auch in organisatorischer
Hinsicht erweitert werden. Wer mit dieser Gestaltungsfreiheit
nichts anzufangen weiß, kann sich beim Senat eine Musterverfassung
abholen.
NEUE STUDIENSTRUKTUREN
Alle hochschulpolitischen Belange sollen in Zukunft in so genannten
Hochschulräten verhandelt werden. Nicht nur jede staatliche
Hochschule, sondern auch das Land Berlin soll einen Landeshochschulrat
erhalten. Diese werden mit externen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft
und Kultur besetzt. Während die Hochschulräte der Hochschulen
wichtige Entscheidungskompetenzen haben werden, soll dem Landeshochschulrat
lediglich beratende Funktion zukommen.
An den Empfehlungen des Wissenschaftsrates orientiert sich Stölzl
mit seiner Forderung nach mehr Profilbildung der einzelnen Hochschulen
vor allem in der Lehre. Grundlage sind die neuen Studiengänge
Bachelor und Master. Die Hochschulen werden ausdrücklich
aufgefordert, sie anzubieten. Offen lassen die Eckpunkte allerdings,
ob Bachelor und Master an die Stelle der Diplomabschlüsse
treten sollen oder ob die neuen und alten Abschlüsse parallel
angeboten werden können.
Um eine auch internationale Vergleichbarkeit der Studienleistungen
zu ermöglichen, sollen die Lehreinheiten in so genannte Module
gegliedert werden. Zum Nachweis der Leistungen sollen die Hochschulen
ein System der Leistungspunkte (credit points) entwickeln, das
Vergleichbarkeit nach europäischem Standard ermöglicht.
Die Qualität der Studiengänge will Stölzl regelmäßig
durch externe Experten begutachten lassen. Die Internationalisierung
will Stölzl vor allem durch die Einführung von fremdsprachlichen
Lehrangeboten und Prüfungen vorantreiben.
Eine klare Absage erteilt der Wissenschaftssenator dem unbegrenzten
gebührenfreien Studium. Das Erststudium gibt es zwar auch
in Zukunft umsonst. Langzeitstudierende sollen aber zahlen. Jene
25 Prozent der Studierenden an den großen Berliner Universitäten,
die länger als 14 Semester studieren, müssen mit Gebühren
in Höhe von 1000 Mark pro Semester rechnen. Die Einnahmen
aus den Gebühren werden den Hochschulen zugute kommen und
nicht auf die Landeszuschüsse angerechnet werden.
KRACH IN DER KOALITION
Nicht nur die Journalisten staunten über die plötzliche
Vorlage dieser Eckpunkte. Auch bei der SPD war die Überraschung
groß. Immerhin sind Sozialdemokraten und CDU, für die
Christoph Stölzl (parteilos) im Senat sitzt, gemeinsam an
der Regierung. Insofern darf die SPD eigentlich erwarten, von
den Plänen der CDU mindestens unterrichtet zu werden. Das
aber hielt Christoph Stölzl wohl nicht für angebracht.
Dem ehrgeizigen Plan des Senators, die Eckpunkte in der ersten
Hälfte des kommenden Jahres in Gesetzesform zu gießen,
erteilte der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD, Peter Schuster,
denn auch umgehend eine Absage. In ein neues Berliner Hochschulgesetz
müssten sowohl die Erfahrungen aus den Modellkuratorien an
Freier und Humboldt-Universität
als auch das neue Dienstrecht einfließen. Vor Ende 2002
sei mit der SPD ein neues Berliner Hochschulgesetz nicht zu machen.
ths
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