TU intern - Dezember 2000 - Hochschulpolitik

SPD:

Nicht ohne Konsens

Mit der überhasteten Vorlage von Eckpunkten zu einem neuen Berliner Hochschulgesetz hat Christoph Stölzl die Chance versäumt, ein mit den Koalitionsfraktionen abgestimmtes Positionspapier vorzulegen. Damit hat er auch kein Signal gegeben, ein neues Gesetz in breitem gesellschaftlichem Konsens zu erarbeiten.


Peter Schuster

Es ist aber keine Eile erforderlich, denn Berlin hat seit zehn Jahren ein fortschrittliches Hochschulgesetz, durch Novellierungen weiter entwickelt worden ist. Die größere Autonomie hat vor zehn Jahren mit der Einführung von Kuratorien begonnen, die die bis dahin unumschränkte Herrschaft der Ministerialverwaltung abgelöst haben. Das gilt erst recht seit der Einführung des Globalhaushaltes, der Hochschulverträge und der Erprobungsklausel.

Für die SPD ist ein wichtiges hochschulpolitisches Kriterium, möglichst vielen jungen Menschen eine Hochschulausbildung zu bieten. Im Vergleich mit anderen reformorientierten Staaten müssten wir die Zahl der Studierenden eines Jahrgangs und damit auch der Abiturienten verdoppeln. Damit bleibt untrennbar verbunden das Kriterium der Qualitätssicherung, der Leistung und der Exzellenz von Forschung und Lehre.

Wir wollen ein schlankes, klares und verständliches Hochschulgesetz. Es soll insbesondere in Organisationsfragen auf wenige Grundsätze und Rahmenregelungen beschränkt sein. Wir wollen leistungsorientierte Kriterien für die Zumessung der Finanzen an die Hochschulen und innerhalb der Hochschulen. Wir wollen, dass die Hochschulen Körperschaften des Öffentlichen Rechts bleiben, für deren Mitglieder die demokratische Teilhabe an der Selbstverwaltung zu sichern ist.

Innerhalb der Hochschule sollen weiterhin Grundsatz- und Richtungsentscheidungen durch Gremien getroffen werden, in denen alle Mitglieder und Gruppen stimmberechtigt mitwirken. Diese Gremien wählen jeweils Leitungen, deren Kompetenz gestärkt werden soll und die gegenüber dem jeweiligen Wahlgremium rechenschaftspflichtig sind. Die Autonomie der Hochschulen wollen wir weiter ausbauen und die Detaileingriffe der Senatsverwaltung abbauen.

Für die Hochschule insgesamt soll es bei den Kuratorien als Aufsichtsgremium mit externen und internen Mitgliedern bleiben. Wie die Aufgaben und die Zusammensetzung endgültig zu regeln sind, in welchem Umfang es zentrale Vorgaben gibt oder nicht, ob die internen Mitglieder direkt oder indirekt vertreten sind, wer das Vorschlagsrecht hat, kann erst nach Auswertung der Erfahrungen mit den laufenden Modellversuchen entschieden werden. Ein Landeshochschulrat zur Beratung von Senat, Parlament und Hochschulen sowie als Ort der Koordination und Entscheidungen bei Konflikten, der nicht nur externe Mitglieder hat, wird auch von der SPD befürwortet.

Studienreform ist eine der wichtigsten inhaltlichen Reformprojekte. Der Konsens der Hochschulminister der Europäischen Union zur Einführung von Bachelor- und Master-Abschlüssen, von Studienmodulen und Credit Points ist nicht nur ein Beitrag zur Internationalisierung, sondern auch ein neuer Anlauf zur inhaltlichen Studienreform in Deutschland. Mit Freude nimmt die SPD zur Kenntnis, dass Christoph Stölzl sich für die Gebührenfreiheit des Erststudiums ausgesprochen hat. Der Vorschlag, Langzeitstudierende mit hohen Gebühren zu belegen, ist jedoch nicht zu Ende gedacht. Viele Studierende studieren bewusst neben einer Berufstätigkeit oder neben den Belastungen einer Familie wie Kindererziehung.

Ein neues Hochschulgesetz in dieser Legislaturperiode ist in der Koalitionsvereinbarung festgelegt. Wir sind zur Novellierung bereit, aber nicht auf Raten, sondern als Gesamtpaket mit den Schlussfolgerungen aus der Erprobungsklausel und der Übernahme der vom Bund für Ende 2001 angekündigten Reform des Dienstrechts und der Personalstruktur.

Peter Schuster ist wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD.


Leserbriefe

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    Dezember 2000


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