TU intern - Dezember 2000 - Aktuelles
Der Wald als CO2-Speicher?
Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe |
Die Klimakonferenzen ringen
um eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes,
mit dem Ziel, das Tempo des Anstiegs der CO2-Konzentration
zu verringern. |
Peter C. Werner |
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Das Weltklima gerät aus den Fugen. So empfinden es jedenfalls
diejenigen, die von Naturkatastrophen heimgesucht werden. Inzwischen
haben auch die Staats- und Regierungschefs erkannt, dass das Thema
Klima auf die Tagesordnung gehört. Und in regelmäßigen
Abständen treffen sie sich nun, um über Maßnahmen
für den Klimaschutz zu beraten. So Mitte November in Den Haag.
Ergebnis: Null. Die Konferenz, auf der die Verringerung des CO2-Ausstoßes
im Mittelpunkt stand, ist gescheitert, weil die USA darauf bestanden,
Wälder als CO2-Speicher anzuerkennen. Für das
Frühjahr des nächsten Jahres ist in Bonn ein neuer Versuch
geplant, sich in Sachen Klimaschutz zu einigen.
Was bedeutet das Scheitern der Haager Konferenz? Ist es überhaupt
sinnvoll, Wälder als CO2-Speicher
anzuerkennen, wie dies die USA gefordert haben? Darüber sprach
TU intern mit den Meteorologen Dr. Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe
und Dr. Peter C. Werner vom Institut
für Klimafolgenforschung Potsdam. Die beiden Wissenschaftler
beschäftigen sich mit Klimaanalyse, Klimaänderungen und
Klimaszenarien.
Ist die allgemeine Wahrnehmung, dass die Naturkatastrophen
zunehmen, richtig?
Gerstengarbe: Zunächst einmal würde ich nicht
von Klimakatastrophen, sondern von Klimaextremen sprechen. Es
ist aber richtig, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten eine
Häufung von Extremen feststellen konnten. In Europa beispielsweise
hat die Gefahr durch Hochwasser erkennbar zugenommen. In Deutschland
ist davon vor allem das Einzugsgebiet des Rheins betroffen. Wir
haben nachweisen können, dass sich im Winter die Zirkulation
deutlich verändert hat. Seit den 70er Jahren gibt es mehr
Westwind. Das bedeutet: Es ziehen mehr Tiefdruckgebiete durch,
das Wetter ist milder, der Niederschlagsanteil ist höher.
Sturmtiefs gehören natürlich auch dazu. Auslöser
für diese Veränderungen ist die seit ca. 100 Jahren
zu beobachtende Erwärmung der Atmosphäre.
Gescheitert ist die Konferenz, weil die USA darauf beharrt
haben, Wälder als CO2-Speicher anzuerkennen.
Gerstengarbe: Der Wald speichert CO2, das ist natürlich
richtig. Und je älter der Wald ist, um so mehr CO2 hat er
aufgenommen. Aber er kann niemals die Menge absorbieren, um die
der CO2-Ausstoß reduziert werden soll.
Werner: Die Idee, den Wald als CO2-Speicher anzuerkennen,
ist deshalb nicht möglich, weil er letztlich ein ausgeglichenes
System darstellt. Er kann so viel CO2 aufnehmen, wie er selber
abgibt, z. B. durch das Fällen von Bäumen bzw. durch
natürliches Verrotten. Letzteres kann sich sogar noch durch
die Erwärmung beschleunigen. Das aber setzt zusätzliches
CO2 frei. Hier ist also gar kein Spielraum für Rechenkünste
gegeben.
Da läge doch der Gedanke nahe, brachliegende Flächen
aufzuforsten.
Werner: Mit einer Aufforstung, so sinnvoll sie auch sein
mag, ist der geschilderte Prozess nicht zu stoppen. Beim Aufforsten
muss im Übrigen immer auch der Wasserverbrauch berücksichtigt
werden. In Spanien beispielsweise hat man diesbezüglich schon
mit erheblichen Problemen zu kämpfen.
Was erwarten Sie von der Klimafolgekonferenz in Bonn?
Gerstengarbe: Der Druck auf die Folgekonferenz wird nun
so groß sein, dass die Staats- und Regierungschefs eine
Einigung erzielen müssen. Die Klimakonferenzen ringen um
eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes, mit dem Ziel, das Tempo
des Anstiegs der CO2-Konzentration zu verringern. Dabei sind die
Industrienationen gefordert. Ein Amerikaner produziert so viel
CO2 wie zwanzig Afrikaner. Vor diesem Hintergrund sollten wir
uns mit Klimaschutzforderungen an die Adresse der so genannten
Entwicklungsländer zurückhalten.
Werner: Hinzu kommt, dass die Entwicklungsländer zwar
am wenigsten CO2 ausstoßen, von den Klimaveränderungen
aber am meisten betroffen sind. Semiaride Gebiete wie in Afrika
reagieren auf Schwankungen einfach empfindlicher als die Landschaften
in Europa. Und: In der Sahel-Zone haben sich die Niederschläge
in den vergangenen Jahrzehnten halbiert, die Bevölkerungszahl
aber ist erheblich angestiegen.
Das Gespräch führte Thomas Schulz
http://www.pik-potsdam.de
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