TU intern - Februar/März 2000 - Studium

Persönlichkeit ist gefragt - aber wie kann man sie trainieren?

Sowohl in den Hochschul- und Karrierebeilagen seriöser Tageszeitungen, den einschlägigen Studentenmagazinen als natürlich auch in der nicht mehr zu überschauenden Menge an Fachliteratur wird mit stetigen Hinweisen auf außerfachliche Kompetenzen nicht gegeizt. Insbesondere in den letzten Jahren ist der Bedeutung der sogenannten sozialen Kompetenzen ein unvergleichlich hoher Stellenwert eingeräumt worden.

"Hier werden Fähigkeiten geübt, die im Berufsalltag gefordert, aber von der Universität in der Regel nicht angeboten werden."
Der neudeutsche Begriff "Soft-Skills" ist zum Schlagwort avanciert. Studierende der Luft- und Raumfahrttechnik können entsprechende Fähigkeiten im Rahmen eines Pilotprojektes zum ersten Mal an sich selbst testen. Prof. Gerhard Hüttig leitet die Seminare gemeinsam mit der Psychologin Marion Rible.

Wenn außerfachliche, zwischenmenschliche Fähigkeiten als so grundlegend für eine erfolgreiche Berufslaufbahn angesehen werden, warum fehlt dann in der universitären Ausbildung immer noch dieser fundamentale Baustein?

Um genau diese Lücke zu schließen, hat Prof. Gerhard Hüttig vom Institut für Luft- und Raumfahrttechnik im WS 1999/2000 ein Pilotprojekt ins Leben gerufen: eine interdisziplinäre Lernveranstaltung zur "Praxis der Managementtechniken". Themenschwerpunkte sind Präsentations- und Kommunikationstechniken, Konfliktmanagement, Arbeitsmarkttechniken, Teamfähigkeit und Führung, Schlagworte, die in nahezu jedem Anforderungsprofil von Stellenausschreibungen zu finden sind. Die ersten drei Seminare liegen hinter uns (Präsentationstechniken, Kommunikations- und Konfliktmanagement sowie Arbeitsmarkttechniken) und haben erste Spuren hinterlassen: Wer inzwischen beispielsweise ein Referat halten musste, konnte die vermittelten Präsentationstechniken gleich anwenden.

"Ich konnte die Präsentationstechniken, die wir hiergelernt haben, bereits anwenden. Man fühlt sich einfach sicherer."
Jedes der Seminare setzt sich aus drei Bausteinen zusammen: Zunächst wird in kurzen Vorträgen die Theorie des betreffenden Themas mittels Folie, Tafel, Flipchart und Handouts vorgestellt. Wie sieht das etwa für das Thema Arbeitsmarkttechniken aus? Neben den bekannten Forderungen an einen berufserfahrenen Uniabsolventen, der Praktika absolviert und durch Auslandsaufenthalte seine mindestens zwei Fremdsprachen zur Perfektion gebracht hat sowie höchstens 25 Jahre alt ist, wurden die realistischen Ansprüche seitens der Unternehmen vermittelt. In einem anderen Theorieblock wurden Aufbau und Inhalt von Lebensläufen und Anschreiben beleuchtet, anhand praktischer Beispiele Stellenausschreibungen analysiert und Anforderungsprofile erstellt.

"Was die Kommunikationstechniken betrifft, die waren mir schon vorher bekannt. Aber die Übung, die fehlte mir noch."
In einem zweiten Block konnten wir in Gruppen- und Einzelübungen die Theorie unmittelbar anwenden, etwa in Form von Rollenspielen, in denen Bewerbungsgespräche authentisch simuliert oder Stellenausschreibungen analysiert wurden. Diese praktischen Übungen sind für uns Teilnehmer der wichtigste Teil, sie vermitteln Sicherheit und Selbstvertrauen. In einem individuellen Feedback wird jede Übung nachbereitet. Persönliche Stärken und Schwächen werden ausgelotet und Verbesserungspotenziale aufgezeigt. Dabei geht es um praktische Hinweise, keinesfalls um tiefenpsychologische Analysen, wie der ein oder andere zu Beginn durchaus befürchtete.

Abschließend wird die gesamte Veranstaltung formal bewertet. Inwieweit haben sich Erwartungen erfüllt? Wie effektiv waren die einzelnen Übungen? Was kann jeder an praktischen Erfahrung mit nach Hause nehmen? Somit kann Kritik in die Konzeption der nächsten Veranstaltung einfließen.

Alles in allem kann ich jedem nur dazu raten, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Das dafür zu "opfernde" Wochenende ist mehr als gut investiert. Abgesehen davon ist die Form als Seminar äußerst effektiv und verbindet optimal Theorie mit praktischen Übungen. Die Begeisterung ist groß, ein Wochenende je Thema viel zu kurz. Ich hoffe, dass sich diese Art der Ausbildung durchsetzen wird.

Andreas Schleife


© 2-3/2000 TU-Pressestelle