TU intern - Januar 2000 - Forschung

Was ist eigentlich Nanotechnologie?

Die TU Berlin stößt in den Mikrokosmos vor

Der Fuß einer Ameise neben einem Quantenpunktlaser
Kaum ein wissenschaftlicher Begriff tauchte im vergangenen Jahr so oft in den Medien auf wie das Wort Nanotechnologie. Es ist der Oberbegriff einer neuen Disziplin der Natur- und Ingenieurwissenschaften, mit dem sich viele verschiedene Ideen verbinden: realistische wie neue Generationen von Halbleiterbauelementen, aber auch visionäre und utopische wie sich biologisch reproduzierende Miniaturroboter.

Was aber genau verbirgt sich hinter dieser neuen Wissenschaft? Welche Ziele und welche Anwendungsmöglichkeiten bietet sie? Und was bedeutet der Begriff Nano überhaupt? Ein Nanometer, das sind 0,000000001 Meter, d. h. ein millionstel Millimeter, eine Größenordung, einige Zehntausend Mal dünner als ein Haar. Nanotechnologie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die Aspekte und Methoden der Physik, der Chemie, der Biologie, der Verfahrenstechnik, der Werkstoffwissenschaften und der Informatik vereint und sich mit der kontrollierten Herstellung und den Eigenschaften kleinster, im Extremfall atomarer Strukturen, befasst. Deren Eigenschaften werden auf Grund ihrer geringen Größe durch quantenmechanische Effekte bestimmt und unterscheiden sich fundamental von denen makroskopischer Strukturen. Ziel der Nanotechnologie ist es, diese neuartigen Eigenschaften gezielt zu beeinflussen, zu verändern und technisch nutzbar zu machen.

COMPUTERTECHNOLOGIE UND MATERIALFORSCHUNG

Ein Beispiel hierfür ist der nur quantenmechanisch zu beschreibende Giant Magneto-Resistance-Effect. Er tritt in Schichten von nur wenigen Nanometern Dicke auf, und ist die Basis für die nächste Generation von Computerfestplatten mit extrem hoher Speicherkapazität. Andere Beispiele sind mit nanometergroßen Partikeln beschichtete Oberflächen, die Schmutz abweisen oder besondere Biokompatibilität aufweisen oder auch hochelastische Sinterkeramiken aus Nanopartikeln. Als interdisziplinäre Wissenschaft profitiert die Nanotechnologie von vielen verschiedenen Entwicklungen. Zum Beispiel hat die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops und aller von ihm abgeleiteten so genannten Rastersondenmikroskope einen großen Vorschub geleistet. Aber auch die Entdeckung von Selbstorganisationseffekten in der Chemie oder das Verständnis der Struktureigenschaften der Proteine durch die Biochemie lieferten wichtige Impulse.

An der TU Berlin wird in verschiedenen Fachbereichen an Nanotechnologien geforscht. Einen Schwerpunkt bildet die Erforschung von Halbleiternanostrukturen in der Optoelektronik am Institut für Festkörperphysik. Von dort wird das Kompetenzzentrum NanOp für Nanotechnologien in der Optoelektronik organisiert, ein vom Bundesforschungsministerium gefördertes Netzwerk von 34 Forschungs- und Entwicklungszentren, Industrieunternehmen und Banken, das die Entwicklung und den industriellen Einsatz von Nanotechnologien in der Optoelektronik vorantreiben soll. Hauptarbeitsgebiet des Instituts für Festkörperphysik ist die Erforschung und Entwicklung neuartiger Halbleiterlaser auf der Basis von Quantenpunkten. Dies sind Halbleiterkristallite aus nur wenigen tausend Atomen, die selber wiederum eine Art künstlicher Atome darstellen. Ihre Eigenschaften können in weiten Bereichen verändert werden. Bei herkömmlichen Halbleiterlasern wird die Wellenlänge des ausgestrahlten Lichts im Wesentlichen von dem Material bestimmt, aus dem er gefertigt wird. Da nur relativ wenige, geeignete Halbleitermaterialien zur Verfügung stehen, lassen sich auch nur für kleine Bereiche des Lichtspektrums Laser herstellen. Dies ändert sich durch den Einsatz von Quantenpunkten. Mit ihrer Hilfe können neue Wellenlängen erreicht werden. Neben preiswerten Lasern im Nah-Infrarotbereich für die Nachrichtentechnik wird auch die Herstellung von grünen und blauen Halbleiterlasern möglich. Diese können zum Beispiel in Laserprojektoren eingesetzt werden und helfen damit, die Fernsehröhre endgültig zu ersetzen.

THERMISCHE ISOLATOREN UND MIKROSKOPISCHE FILTER

Am Institut für Verfahrenstechnik der TU Berlin arbeitet man an der Erforschung und Herstellung von Aerogelen: Diese nanoporösen, transparenten Substanzen können als thermische Isolatoren in der Solartechnik und im Brandschutz eingesetzt werden, finden aber darüber hinaus auch Anwendung in der Akustik oder in neuen elektrischen Bauelementen wie z. B. Kondensatoren. Das Institut für technischen Umweltschutz entwickelt neuartige Nanopartikelfilter, da die klassischen Verfahren zur Abwasserreinigung eine Vielzahl von chemischen Substanzen, die heutzutage im Abwasser vorhanden sind, nicht entfernen können. Die neue Klasse von Nanopartikelfiltern kann noch feinste Verunreinigungen, im Extremfall sogar einzelne Moleküle, zurückhalten. Solche Filter können in verschiedenen Verfahren hergestellt werden und so zu einer besseren Umweltverträglichkeit industrieller Abwässer beitragen.

Volker Türck


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