TU intern - Januar 2000 - Internationales

Die Studierenden: Das Wunder von Berlin

”Die drei Musketiere" waren der Motor für den Austausch internationaler Erfahrungen
Kurz vor Weihnachten verließ Prof. Ronald Danner von der Penn State University, der für drei Monate einer Einladung an die TU Berlin gefolgt war, um in englischer Sprache Thermodynamik II zu lehren, Berlin und kehrte in die USA zurück.

Mit leichter Wehmut in den Augen verabschiedeten wir uns von einem Professor, der uns durch seine liebenswürdige Art und durch die intensiven Vorlesungen vertraut geworden war. Er freute sich über Besuche in seiner Sprechstunde, erwartete viele Nachfragen und war um den Kontakt zu uns Studierenden immer sehr bemüht. Vieles war ungewohnt an seiner Art zu lehren. Das lag sicher nicht nur an seinem persönlichen Stil. Die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem US-amerikanischen universitären System spielten wohl eine wesentliche Rolle.

So wird in Deutschland wenig Wert auf Projektarbeit gelegt und Wissen stattdessen in Frontalveranstaltungen vermittelt. Prof. Danner ging daher häufig etwas enttäuscht aus den Vorlesungen, weil er das Gefühl hatte, uns nicht erreicht zu haben. Unsere Enttäuschung kam gelegentlich zum Ausdruck, wenn er unsere Fragen nach Hintergründen, Erklärbarkeiten und Zusammenhängen unbefriedigend beantwortete. Der ”philosophische, hinterfragende Ansatz" war ihm fremd. Seine Art zu lehren konzentrierte sich mehr auf die anwendungsbezogene Ausbildung.

Der kritische Diskurs mit Prof. Danner fand nicht nur auf der fachlichen Ebene statt. Die Art, mit der wir scheinbar freizügig entscheiden, welche Veranstaltung wir wie oft besuchen, war etwas, was ihn an unserem Interesse und damit auch an der Fähigkeit, gute Leistungen erbringen zu können, ernsthaft zweifeln ließ. Dass dieser Schluss so nicht unbedingt zulässig ist, ließ ihn an seinem letzten Tag, als er die Klausurergebnisse gesehen hatte, vom ”Miracle of Berlin" sprechen: nur etwa 10 Prozent (sonst 30-70 Prozent) der Studierenden fielen durch, die anderen erhielten mehr als 90 Prozent der zu vergebenden Punkte.

Initiator dieses Projektes ist Prof. Wolfgang Arlt, der Thermodynamik I liest. Er fragte uns, ob wir Interesse an einer englischen Vorlesung hätten. Dieses Angebot, der Hauch von ”hier bewegt sich etwas", hat einige Studierende schon im vergangenen Semester motiviert, das Projekt einer englischen Vorlesung mit vorzubereiten. Dabei stand für uns die Frage der englischen Sprachkenntnisse im Vordergrund. Bei der Organisation des vorbereitenden Sprachkurses kam es zu Situationen, die nicht immer unseren Vorstellungen von guter Zusammenarbeit zwischen studentischer und professoraler Seite entsprachen. Der Englischkurs, dessen Durchführung eine Zeit lang gefährdet schien, konnte schließlich doch stattfinden.

Neben diesen organisatorischen Punkten war es uns immer wichtig, die grundsätzlichen Probleme im Blick zu haben. Internationalisierung kann nicht mit Einzelbausteinen erreicht werden. Unbedingt notwendig scheinen uns grundsätzliche Überlegungen über Möglichkeiten und Konsequenzen von Internationalisierung und entsprechende Rahmenbedingungen - das hat die Vorlesung von Prof. Danner bestätigt.

Astrid Krösser, David Klein, Lena Schnabel


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