TU intern - Juli 2000 - Vermischtes
Privatrundgang mit Josef Paul Kleihues im Neuen Museum
Ausstellung im Berliner Neuen Museum |
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Wo hinterlässt so ein Jahrhundert wie das scheidende seine
Spuren? In den Köpfen gewiss, in den Geschichtsbüchern
auch, aber vor allem im Gesicht der Stadt Berlin. Die Ausstellung
"Stadt der Architektur - Architektur der Stadt, Berlin 1900
- 2000" verdeutlicht das imposant. Berlin, so kann man im
Einleitungstext nachlesen, "stellt zugleich wegen seiner
herausragenden politischen Rolle in diesem Jahrhundert einen Ort
höchst interessanter und spannungsreicher Entwicklung der
Architektur und des Städtebaus dar". Die Folgen des
Ersten und Zweiten Weltkriegs, die Mauer quer durch die Stadt
und die Wiedervereinigung hinterließen Narben und immer
wieder Freifelder für Architekten. Die Umsetzung verschiedener
Konzepte, aber auch die Ideenfindung selbst, haben Berlin im 20.
Jahrhundert auf dem Weg von einer deutschen Großstadt zur
Weltmetropole begleitet.
Begleitet wird auch der Besucher - mit einem höchst interessanten
Interview aufgezeichnet auf Kassette. Stararchitekt Josef Paul
Kleihues persönlich erklärt die Berliner Architekturgeschichte
und leitet durch die zwei Etagen des Neuen Museums. Kein anderer
Ausstellungsort im Herzen Berlins konnte besser gewählt sein.
Zeigen sich doch an diesem Ort die Wunden des vergangenen Jahrhunderts.
Der Stüler-Bau auf der Museumsinsel ist durch diese Architektursammlung
das erste Mal seit 1939 zugänglich. Einer Ruine gleich, birgt
er in sich jedoch wunderbare Schätze. Der Besuch wird damit
zum doppelten Erlebnis.
Eines zeigen die zahlreichen Stadtpläne, Modelle und Zeichnungen
- viele von ihnen Originale aus Berliner Archiven: Die Stadt teilweise
oder gar neu zu planen, hieß auch immer, das Alte mit dem
Neuen zu verbinden oder das Gewesene auf andere Art zu ersetzen,
Mietskasernen und Hinterhöfe zu öffnen oder die Industrie
in Architektur zu gestalten. Viele Gegenpaare finden sich in den
Entwürfen, die zugleich immer Spiegel ihrer Zeit sind: Tradition
und Moderne, Abstraktion und Transparenz, geschlossene und offene
Stadt.
Die großen Architekturwettbewerbe, im vergangenen Jahrzehnt
wieder viel diskutiert, zeigen sich hier als Königsdisziplin.
Der Wettbewerb etwa um den Bahnhof Friedrichstraße Anfang
der 20er Jahre oder der um die Bebauung des Alexanderplatzes nur
wenig später. Der Zeitplan für die Bebauung der Großen
Achse aus der Feder von Albert Speer verdeutlicht auf erschütternde
Weise das Gegenteil.
Gleich in der zweiten Etage eröffnet sich der Blick über
die alt-neue Innenstadt - das Planwerk, das im Frühjahr 1999
beschlossen wurde, wird im Modell gezeigt. Imposant sind die Planungen
für den Alexanderplatz. Die vielen Hochhäuser lassen
den nun schon realen Potsdamer Platz schrumpfen. Über dem
Modell schauen die Macher selbst von einer großen Fotografiewand
herunter. Mehr als die Hälfte von ihnen ist teilweise oder
ganz durch die Schule der TU Berlin gegangen. Sollte diese Ausstellung
der Auftakt zu einem der Stadt noch fehlenden Architekturmuseum
sein, so wird auch dort die TU mit ihren Absolventinnen und Absolventen
Spuren hinterlassen. Der Gedanke wurde schon aufgegriffen: "Es
bedarf nur eines Hauses", schrieb der Tagesspiegel
kürzlich. "Unweit der Museumsinsel stand Schinkels 1961
abgerissene, aber ohne weiteres rekonstruierbare Bauakademie.
Sie wäre als Vorbildbau der Moderne das angemessene Gehäuse."
Stefanie Terp
Unter http://www.berlin1900-2000.de
finden Sie ein umfangreiches Rahmenprogramm, an dem auch TU-Hochschullehrer
beteiligt sind. Eintritt: 10 DM, geöffnet bis 3. September
2000, täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs geschlossen. Neues
Museum, Konzeption: Josef Paul Kleihues, Paul Kahlfeldt.
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