TU intern - Juli 2000 - Hochschulpolitik
Wortmeldung zum Wissenschaftsrat
Eine Erwiderung
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"Die Wissenschafts- und Technikgeschichte stellt nur ein
Beispiel dar für den eklatanten Widerspruch zwischen den
öffentlichen Bekundungen Dahlheims und den internen Planungen."
Wolfgang König
Professor für Technikgeschichte |
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In seiner Stellungnahme
lässt Werner Dahlheim, Prodekan am Fachbereich 1 Kommunikations- und Geschichtswissenschaften,
am Gutachten des Wissenschaftsrates kein gutes Haar. Nun kann
man wahrlich über die Radikalität der dort empfohlenen
Ausrichtung der Geisteswissenschaften auf das Problemfeld Technik
und Naturwissenschaften streiten. Außerdem fallen neben
wohlbegründeten Urteilen Defizite und krasse Fehlurteile
wie über die Stadtgeschichte ins Auge: Der Wissenschaftsrat
hat offensichtlich nicht erkannt, welches Integrations- und Kooperationspotenzial
die Stadtgeschichte gerade an einer Technischen Universität
besitzt.
Auf tönernen Füßen steht die Stellungnahme Dahlheims
jedoch, wenn sie zu suggerieren sucht, der Fachbereich pflege
ja ohnehin das vom Wissenschaftsrat angemahnte spezifische Profil
im Rahmen des Fächerspektrums der TU Berlin. Dahlheim nennt
in diesem Zusammenhang die Wissenschafts- und Technikgeschichte,
die Kommunikationswissenschaft und die Medienberatung. Nun erleben
es Vertreter dieser und anderer Fächer seit vielen Jahren,
dass sie zum Vorzeigen immer dann aus dem Keller geholt werden,
in dem man ihnen ansonsten die Luft zum Atmen nimmt, wenn der
Fachbereich unter Beschuss steht.
Besonders peinlich ist dies im Falle Dahlheims bei der Wissenschafts-
und Technikgeschichte. Da erfahren wir, dass es an der TU Berlin
"ein florierendes Unternehmen" Wissenschafts- und Technikgeschichte
gibt, ausgezeichnet durch "internationales Ansehen und landesweite
Kooperation", "an dem drei Professoren arbeiten".
Verschwiegen wird, dass die Strukturplanungen des Fachbereichs
- und auf diese ausschließlich bezieht sich das Gutachten
des Wissenschaftsrats - den Wegfall zweier dieser Professoren
vorsehen und damit de facto die Einstellung des Magisterstudiengangs
und entweder der Wissenschafts- oder der Technikgeschichte. Man
komme mir nicht mit dem Argument, irgendwann könnten die
Planungen doch nachgebessert werden. Schon heute bestimmen sie
die Personalausstattung: So stehen für den gesamten Studiengang
und Dahlheims gewaltige Armada von drei Professoren zusammen gerade
eine Mitarbeiterstelle und eine halbe Hilfskraftstelle (sic!)
zur Verfügung.
Die Wissenschafts- und Technikgeschichte stellt nur ein Beispiel
dar für den eklatanten Widerspruch zwischen den öffentlichen
Bekundungen Dahlheims und den internen Planungen. Der Wissenschaftsrat
wird sich auch daran gestört haben, dass der Strukturplan
des Fachbereichs demjenigen der Universität für den
Fachbereich zuwiderläuft. In einem ist Dahlheim jedenfalls
uneingeschränkt zuzustimmen: "Es tut immer gut, einer
Philosophischen Fakultät Beine zu machen, wenn sie allzu
selig im eigenen Saft schmort und ihre Pflichten gegenüber
den technischen Disziplinen nicht ernst genug nimmt."
Wolfgang König
Professor für Technikgeschichte
Leserbriefe
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