TU intern - Juli 2000 - Hochschulpolitik

Mehr Patente aus den Hochschulen bitte

Das Hochschullehrerprivileg steht im Forschungsministerium zur Disposition

Die Enteignung des geistigen Eigentums stehe kurz bevor - so ließ der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Hartmut Schiedermair, im Frühjahr verlauten. Stein des Anstoßes sind Planungen im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das so genannte Hochschullehrerprivileg abzuschaffen. Künftig sollen die Hochschulen Erfindungen aller ihrer Wissenschaftler vermarkten dürfen und damit ihre Haushalte aufbessern können. Mag sein, dass es in der Professorenwelt bebt, wie die Berliner Zeitung ausgemacht haben will. Doch ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Denn: Weniger als vier Prozent der Erfindungen kommen aus den Hochschulen, eine Quote, die gesteigert werden soll.

Anders als andere Arbeitgeber können nur die Hochschulen keinen direkten Nutzen aus Erfindungen ihrer Wissenschaftler - mit Ausnahme der wissenschaftlichen Mitarbeiter, die als sogenannte Diensterfinder gelten - ziehen. Es liegt allein in der Verantwortung der Hochschullehrer, Erfindungen im eigenen Namen zu patentieren und sie auf eigene Rechnung zu verwerten oder auf eine Patentierung zu verzichten und den Weg der Veröffentlichung zu wählen. Dass die Erfindungen aus öffentlichen Mitteln entstanden sind, spielt dabei bislang keine Rolle.

Einen ersten Versuch, die geringe Patentaktivität der Hochschulen von vier Prozent und damit die Innovationskraft zu steigern, hat das BMBF im Frühjahr des vergangenen Jahres unternommen. Die vom BMBF zum 1. März 1999 in Kraft gesetzten neuen Zuwendungsbestimmungen für vom Bund geförderte Forschungsprojekte verlangen schon bei Antragstellung einen Technologieverwertungsplan. Und: Das BMBF verzichtet nicht nur auf die Erlöse aus der Verwertung, sondern auch auf die bislang in Anspruch genommenen Nutzungsrechte. Nunmehr sind ausschließlich die Zuwendungsempfänger für die Umsetzung der erzielten Ergebnisse etwa in neue Produkte verantwortlich. Das heißt: Jetzt muss die Universität bei den Diensterfindern - den wissenschaftlichen Mitarbeitern - die Verwertung übernehmen, den freien Erfindern - Professoren und wissenschaftlichen Assistenten, die das Hochschullehrerprivileg genießen - steht es frei, ihre Ergebnisse selbst zu verwerten oder die Verwertung der Universität zu übertragen. An die Wahlmöglichkeit der freien Diensterfinder, also das Hochschullehrerprivileg, will das BMBF Hand anlegen, um mehr Patentanmeldungen aus den Hochschulen heraus zu erreichen. Patentanmeldung und Veröffentlichung der Forschungsergebnisse sollen sich dann nicht mehr gegenseitig ausschließen, sondern sowohl als auch möglich sein.

Für eine Patentanmeldung aber "braucht man einen langen Atem", so Bernd Poppenheger, an der TU Berlin für Technologietransfer zuständig. "Die Patentanmeldung ist mit hohen Kosten verbunden und erst nach fünf bis zehn Jahren ist damit zu rechnen, dass eine Erfindung Erträge abwirft. Klar, dass die meisten Professoren im Interesse ihrer wissenschaftlichen Reputation die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse einer Patentanmeldung vorziehen." Und: Nicht mit jeder Erfindung wird sich Geld machen lassen.

Die TU Berlin, die im Referat Wissenstransfer eine Patentberatung anbietet und alle Erfindungsmeldungen auf ihre Verwertungsrelevanz prüft, hat seit Anfang des Jahres sechs Erfindungen in Anspruch genommen. Zwei Professoren und ein wissenschaftlicher Assistent haben als freie Erfinder ihre Rechte auf die TU Berlin übertragen. Das Referat für Wissenstransfer (WTB) hat die Ergebnisse über Pantentanwälte priorisieren lassen, so dass sie für ein Jahr geschützt sind und der Wissenschaftler sie veröffentlichen kann. Die Kosten der Priorisierung schießt die Universität vor, im Zuge einer Lizenzvergabe sollen sie zurückfließen. Derzeit kann die TU Berlin jedoch viele Patente nicht vermarkten, weil schlicht das Geld für die Priorisierung fehlt. Dieses Problem hat auch das BMBF erkannt und Fördermöglichkeiten erschlossen, die die Universitäten von den hohen Patentkosten entlasten sollen.

An der Vermarktung der Forschungsergebnisse will die Universität natürlich mitverdienen. "Wenn die Wissenschaftler unsere Einrichtungen für Patententwicklungen nutzen, muss auch Geld an die Universität zurückfließen", betont der Präsident der TU Berlin, Prof. Dr. Hans-Jürgen Ewers. Nach Abzug der Kosten für die Patentanmeldung könnten 20 Prozent an die Universität und der Rest an den Erfinder gehen, so eine Modellrechnung von Bernd Poppenheger.

Thomas Schulz

Informationen zum Thema Patente gibt es unter http://www.wtb.tu-berlin.de. Hier auch Links zu weiteren Seiten zum Thema Patente.

An den Fachbereichen 5, 6 und 15 gibt es so genannte INPAT-Lehraufträge; INPAT steht für "Verstärkte Integration des Patentwesens in die ingenieur- und naturwissenschaftliche Hochschulausbildung", eine Initiative, die vom BMBF gefördert wird. Gefördert werden Lehraufträge und Seminare über das Patentwesen.

Des weiteren gibt es den Erfinder-Club der TU Berlin (ECTUB). Der Club bietet allgemeine Beratung und Erfahrungsaustausch in Sachen Erfinden. Infos zu ECTUB gibt Nahid Stürzer, Tel.: 314-2 19 52; E-Mail: nast0827@sp.zrz.tu-berlin.de; WWW: http://www.tu-berlin.de/campus/ECTUB/


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