TU intern - Juni 2000 - Alumni

Was würden Sie eigentlich heute gerne studieren?

Habe ich das Richtige studiert? Oder hätte ich damals eine andere Studienwahl treffen sollen? Wenn TU-Absolventinnen und Absolventen heute noch einmal studieren könnten, für welches Fach würden sie sich dann einschreiben? Diese Frage stellte TU intern einigen Alumni.

Regine Maaß-Todjirom ist Geschäftsinhaberin von "Umwelt Maaß - Ingenieurinnenbüro für ganzheitlichen Umweltschutz" und hat von 1984 bis 1994 Technischen Umweltschutz studiert.

Diese Frage stelle ich mir auch schon seit einiger Zeit. Ich bin seit über vier Jahren in der Beratung, Planung, und Weiterbildung für Umwelttechnik tätig und der Arbeitsmarkt sieht in dieser Branche mehr als schlecht aus. Manchmal denke ich, solange es noch Essen aus Konservendosen gibt, wird im Umweltschutz kaum etwas passieren. Nicht, dass es hier nicht genügend Arbeit gäbe, aber bezahlen will kaum jemand dafür. Investitionen im Umweltschutz und in der Umwelttechnik sind langfristiger Natur, sie werfen eben nicht, wie momentan der gesamte IT-Bereich, schnelle Gewinne und sichtbare Erfolge ab. Wenn ich heute nur den Arbeitsmarkt betrachte, würde ich vermutlich etwas anderes wählen - allerdings würde mir die Entscheidung sehr schwer fallen, denn was heute aktuell ist, kann in fünf Jahren überholt bzw. voller Konkurrenz sein. Gehe ich aber über den Arbeitsmarkt hinaus und frage nach meinen Interessen und meiner beruflichen Zufriedenheit, so würde ich immer wieder Umwelttechnik studieren. Inzwischen würde ich aber noch mehr Wert auf Betriebswirtschaft, Marketing, Kommunikation und Sprachen legen, denn unsere Umweltprobleme sind nicht regionalen und technischen Ursprungs, sondern eher globaler und gesellschaftlicher Natur, und hier ist eine internationale Verständigung mehr als wichtig. Und ich denke, hier liegt für die Umwelttechnik der Arbeitsmarkt der Zukunft.

Dr. Georges Przyrembel studierte von 1976 bis 1984 Elektrotechnik. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heinrich-Hertz-Institut in Berlin.

Um es kurz zu machen: Ich bin mit der damaligen Wahl meines Studiums der Elektrotechnik, Nachrichtentechnik und mit dem jetzigen Arbeitsinhalt sehr zufrieden. Es passt wohl immer noch am besten zu mir, den Neigungen und Fähigkeiten entsprechend. Der heutigen Zeit folgend wäre vielleicht die Informatik eine Alternative, aber die Hardware käme mir dann wohl zu kurz. Andere Fächer, die mich damals auch interessierten (Architektur, Bauingenieur, Medizin, Physik), sind immer noch Kandidaten für ein mögliches Zweitstudium in späterer Zeit.

Von 1973 bis 1979 hat Berthold Maurer Mathematik und Informatik studiert. Heute ist er Geschäftsführer der MeCom GmbH in Berlin.

Schon bei meinem Studienbeginn 1973 war ich unschlüssig, ob ich denn nun lieber Architektur oder Mathematik studieren sollte. Ich entschloss mich für Mathematik, machte aber zwei Jahre später Informatik, ein Studiengang, der damals noch sehr jung war, zu meinem Hauptfach. Neben einer ausführlichen Studienberatung, die die guten Zukunftschancen der Informatik ins Spiel brachte, veranlassten mich zwei weitere Gründe zum Wechseln: der im Gegensatz zum Mathematikstudium sofort vorhandene und anwendbare Praxisbezug sowie der Reiz, etwas wirklich "Neues" mitzumachen, zumindest im Vergleich zu den "klassischen" Fächern. Auch wenn die Informatik inzwischen als Studiengang etabliert ist, so lassen die Geschwindigkeit der Fortentwicklung, die daraus immer neu entstehenden Möglichkeiten mit all ihren gesellschaftlichen Auswirkungen dieses Fach mehr denn je als Aufbruchs- und Zukunftsstudium erscheinen. Aus diesem Grunde würde ich es bestimmt in irgendeiner Form wieder studieren, vielleicht mehr in Verbindung mit meinem damaligen Wunschfach Architektur, was heute auf Grund der vielfachen Querverbindungen sicher viel einfacher möglich ist. Im Gegensatz zu früher würde ich jedoch dem theoretischen Teil mehr Bedeutung beimessen. So wichtig selbstverständlich der Praxisbezug ist, der inhaltlichen Unbestimmbarkeit im Hinblick auf die spätere berufliche Situation sollte man Rechnung tragen, zu schnell ist alles im Wandel. Als Informatiker (ob Inder oder Deutscher) muss man diesen Wandel in der Praxis ohnehin permanent mitvollziehen, auch wenn es mitunter doch ganz schön anstrengend ist. Dafür bleibt es immer spannend!

Prof. Dr. Wolfgang Jonas hat von 1971 bis 1976 Schiffs- und Meerestechnik studiert. Heute ist er Professor an der Hochschule für Kunst und Design Halle.

Heute würde ich sicher nicht mehr Schiffbau (naval architecture) studieren, obwohl der starke emotionale Bezug dazu weiter besteht. Vielleicht war es damals eine zu spontane (kindliche, blauäugige?) Entscheidung. Das Studium hat mir für meinen weiteren, leicht chaotischen, Werdegang weder geschadet noch besonders geholfen. Möglicherweise ist die Sensibilität für Ästhetik geschärft worden. Heute bin ich Professor am Fachbereich Design der Hochschule für Kunst und Design Halle. Aufgrund meiner ziemlich breiten Interessen (und Defizitgefühle als Folge recht einseitiger Ingenieurausbildung) wäre mein Studienwunsch heute: Architektur und Philosophie (und Soziologie). Aber wenn ich heute 18 wäre und vor der Frage nach dem Studieren stünde, hätte ich ja diese ganzen Erfahrungen nicht.

Bettina Weniger


Leserbriefe

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        Juni 2000


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