TU intern - Juni 2000 - Alumni
Claudia Meier

Nischen bieten große Chancen

Es war nicht der klassische Weg. Claudia Meier, die heute Gesellschafterin einer kleinen Unternehmensberaterfirma ist, hat erst nach einer sechsjährigen Berufstätigkeit im Bankgewerbe den Weg zur TU Berlin gefunden. Das Studium der Betriebswirtschaftslehre nutzte sie dann ganz gezielt dafür, sich Know-how anzueignen, das ihr bislang fehlte oder auf das sie einfach neugierig war.

Nach dem Abitur 1983 wollte Claudia Meier, 1965 in Berlin geboren, gerne Justizinspektorin werden, das Arbeitsamt riet ihr jedoch zu einer Ausbildung zur Bankkauffrau - das sei doch alles das gleiche, so ließ sich der Berufsberater vernehmen. "Blauäugig, wie ich damals war, ließ ich mich von diesem völlig absurden Argument überzeugen", sagt sie heute. So begann sie im Februar 1984 bei der Berliner Bank, von der sie nach Abschluss ihrer Ausbildung übernommen wurde. Für zwei Jahre arbeitete sie dann als "Springer", was ein Glücksfall war. "Ich lernte so gut wie die ganze Bank von innen kennen." Im Herbst 1988 hatte sie dann Lust auf etwas Neues und bewarb sich für ein Reorganisationsprojekt. Sie wurde angenommen und entwickelte EDV-Programme.

Der Aufstieg bei der Berliner Bank brachte sie mit immer mehr studierten Leuten zusammen. Sie stellte sich das erste Mal die Frage, warum sie seinerzeit ein Studium überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte. "Nach dem Abitur hatte ich eigentlich keine Ahnung, was ich hätte studieren sollen. Jetzt aber wusste ich es ganz genau: Betriebswirtschaftslehre." Der Auslöser für die Entscheidung, sich an der TU Berlin einzuschreiben: Die Berliner Bank hatte das Reorganisationsprojekt, für das sie gearbeitet hatte, auf Eis gelegt - aus unternehmenspolitischen Gründen. Seitdem gehört die Frage, warum Umstrukturierungsprozesse in großen Unternehmen scheitern, zu ihren Steckenpferden.

Weil sie sich ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Systemanalyse, Organisation und Personal selbst finanzieren musste, hat sie nebenher weiter bei der Berliner Bank gearbeitet. Nach Abschluss ihres Studiums war sie aber fest entschlossen, dem Bankengewerbe den Rücken zuzukehren. Doch das Angebot, eine bankinterne Unternehmensberatung mit aufzubauen, war einfach zu verlockend. Aber auch für dieses Projekt kam nach erfolgreichem Start aus unternehmenspolitischen Gründen das Aus. "Jetzt hatte ich endgültig die Nase voll von unternehmenspolitischen Entscheidungen."

Claudia Meier wagte nun den Schritt in die Selbständigkeit. Gemeinsam mit einem Kollegen gründete sie die Unternehmensberatung "Aurum". Der Start wurde dadurch erleichtert, dass ihr Mitgesellschafter bereits seit zehn Jahren als freier Berater tätig war und gute Kontakte in petto hatte. Den Erfolg garantiert jedoch die Nische, die Aurum für sich entdeckt hat: Wenn große Beraterfirmen wie McKinsey ihre Empfehlungen abgegeben haben, sorgt Aurum für die Umsetzung im Unternehmen. Für größere Aufträge, die mit den zurzeit fünf festen Mitarbeitern nicht zu bewältigen sind, verfügt Aurum über ein Netz von freien Mitarbeitern und Kooperationspartnern.

Von den eigenen Mitarbeitern, die freien eingeschlossen, sind die wenigsten Betriebswirte. Aurum setzt bewusst auch auf Naturwissenschaftler und Geisteswissenschaftler - "wenn man nur Betriebswirte an einen Tisch holt, kommt nur halb so viel dabei heraus als wenn man unterschiedliche Disziplinen zusammenbringt", weiß Claudia Meier zu berichten. Natürlich arbeitet Aurum auch mit externen Experten zusammen, wenn es darum geht, knifflige Detailfragen zu lösen.

Die Konkurrenz von Beraterfirmen vergleichbarer Größe fürchtet Aurum nicht. Im Gegenteil: Aurum sieht sie als potentielle Partner, um den ganz Großen gemeinsam die Stirn bieten zu können. Bei dem Konzept, um einen Stamm von wenigen festen Mitarbeitern ein weites Netzwerk von Freiberuflern und Kooperationsfirmen zu unterhalten, soll es aber bleiben. "Um dieses Prinzip zu stärken, würde ich gerne einen Stammtisch der kleinen Unternehmensberater und Freiberufler in Berlin gründen", träumt Claudia Meier. Wer dazu Lust hat, kann ihre Entschlossenheit ja mal auf die Probe stellen und sich bei Aurum melden (http://www.aurum-berlin.com).

Die Selbständigkeit hat ihren Preis. Claudia Meier arbeitet im Schnitt 52 Stunden die Woche, da bleibt für die Familie sowie Sohn und Tochter nur wenig Zeit. "Wir haben ein ausgeklügeltes System, wer sich wann um die Kinder kümmert, und das läuft sehr gut. Wenn ich zu Hause bin, dreht sich alles um sie."

Thomas Schulz


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