TU intern - Juni 2000 - Forschung
Begegnung zweier Welten der Robotik
TU-Informatiker entwickelten Roboter-Installation für
die Ausstellung "7 Hügel"
Kuka trifft Lego - Industrie- und Lego-Roboter beim Spielen im
Martin-Gropius-Bau |
Im Rahmen der Ausstellung "7 Hügel - Bilder und Zeichen des 21. Jahrhunderts"
im Berliner Martin-Gropius-Bau
plante die Berliner Festspiele GmbH
eine Roboterinstallation, ein Projekt, mit dem Prof. Günter
Hommel vom Institut für Technische Informatik
der TU Berlin beauftragt wurde. Die ursprüngliche Idee: Zwei
Industrieroboter der Firma Kuka
sollten in einem Raubtierkäfig tanzen. Doch schon bald wurde
nach anderen Aufgaben gesucht.
Eine ironische Präsentation - so ließe sich charakterisieren,
was die TU-Informatiker nun im Themenbereich "Kern"
der "7 Hügel"-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau
vorstellen. Zwei Industrieroboter spielen mit den seit einiger
Zeit auf dem Markt befindlichen Spielzeugrobotern von Lego
- Begegnung zweier Welten der Robotik.
Auf der einen Seite stehen die seit drei Jahrzehnten etablierten
Industrieroboter mit ihrer großen Kraft und Präzision:
Selbst die Kleinsten der aktuellen Baureihe können 6 kg mit
atemberaubender Geschwindigkeit bewegen und Positionen mit einer
Genauigkeit von 0,1 mm wiederholt anfahren. Demgegenüber
sind die Lego-Roboter, wie alle Plastik-Spielzeuge, eher ungenau,
nicht sehr stabil und mit ausreichender Batterieladung gerade
in der Lage, sich selbst zu tragen. So war es nicht schwer, die
Rollen zu verteilen: Die Industrieroboter sollten die Spielzeugroboter
zusammenbauen und diese für sich arbeiten lassen.
Noch vor Weihnachten fiel der Startschuss zu einer Projektlehrveranstaltung,
in der die Studierenden zunächst mit Lego "spielen"
durften. Nachdem eine geeignete Programmierumgebung für die
Lego-Roboter gefunden war, konnten die Möglichkeiten des
Systems in einer der Programmiersprache C ähnlichen höheren
Sprache getestet werden. Erste Versuche zeigten, dass es eine
große Herausforderung werden würde, ein solch kleines
System zu beherrschen. Mit den begrenzten sensorischen Fähigkeiten
bedurfte es einiger Mühe, einen geplanten Weg auf einer ebenen
Unterlage abzufahren und danach in eine definierte Endposition
zu gelangen, damit die kleinen mobilen Roboter von den Industriearmen
aufgenommen werden konnten.
Dann kamen die Industrieroboter hinzu. Im Auslieferungszustand
waren die beiden Roboter eigenständige Systeme. Bis sie kooperieren,
also gemeinsam eine Aufgabe lösen konnten, waren umfangreiche
Hard- und Software-Arbeiten erforderlich.
Bis zum Beginn der Ausstellung haben sich dabei zwei Szenarien
herausgebildet, die von zwei Studierenden entworfen worden sind.
Die Industrieroboter werden dabei diagonal in einem Käfig
mit quadratischem Grundriss aufgestellt. Zwischen den Armen befindet
sich der Montageplatz. Hier wird ein Lego-Roboter aus einem vorgefertigten
Fahrgestell, einem Block aus drei Lichtsensoren und dem "intelligenten"
Kern, dem Baustein mit dem Mikrorechner, zusammengesetzt. Nachdem
der fahrbare Roboter auf einer ovalen Spur, die auf den Boden
gedruckt ist, abgesetzt und eingeschaltet wurde, setzt er sich
in Bewegung und folgt ihr mittels zweier Lichtsensoren, die die
schwarze Spur vom weißen Untergrund unterscheiden können.
Durch Markierungen gesteuert hält er kurzzeitig zielsicher
an, lässt sich be- und entladen und schließlich wieder
aufnehmen und demontieren.
Auf der anderen Seite der Installation wurde ein runder Tisch
aufgebaut, der von einer Rinne umgeben ist. Die Aufgabe des hier
zum Einsatz kommenden Lego-Roboters mit Schaufel und Raupenfahrwerk
ist es, die auf dem Tisch ausgeschütteten bunten Bausteine
vom Tisch zu schieben und dabei auf keinen Fall selbst herunterzufallen.
Diese Aufgabe und das Aufsuchen der Zielposition, damit der Roboter
zeitweise vom Tisch genommen werden kann, wurde auch hier mit
nur drei Sensoren bewerkstelligt.
Die Präsentation dieser Szenarien in einer Ausstellung, die
immerhin fünfeinhalb Monate dauert, ist mit einigen Problemen
behaftet. Zum einen waren Dauerversuche aufgrund der kurzen Entwicklungszeit
nicht möglich. Zum anderen kollidiert hier ein System mit
einer immer gleichen Genauigkeit und ohne Ermüdungserscheinungen
mit einem Spielzeug, das sich erfahrungsgemäß schnell
abnutzt und unter Dauerbelastung seine Form ändert. Dies
macht eine ständige Überwachung und Optimierung des
Montageablaufs, aber auch der Steuerungs- und Kooperations-Software
notwendig. Das Exponat wird in den nächsten Monaten ständig
weiterentwickelt, was möglicherweise an veränderten
Abläufen zu sehen ist.
Mathias Neumann
Die Ausstellung "7 Hügel - Bilder und Zeichen des 21.
Jahrhunderts" ist im Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße
7, 10693 Berlin, noch bis zum 31. Oktober 2000 zu sehen. Sie ist
Di-So zwischen 10.00 und 20.00 Uhr und Sa zwischen 10.00 und 22.00
Uhr geöffnet. Informationen gibt es auch im Internet unter
http://www.siebenhuegel.de
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