TU intern - Juni 2000 - Forschung

Naturwerksteine in Architektur und Baugeschichte von Berlin


Stadtführung der besonderen Art
Naturwerksteine sind in Berlin wie in vielen anderen Städten allgegenwärtig. Vom Bordstein über den Pflasterstein, vom U-Bahnhof-Eingang bis zur Gebäudefassade, vom Brunnen bis zur Brücke, vom Denkmal bis zu seinem Sockel. Besonders spannend wird es im Inneren von Gebäuden, wo vor allem polierte Marmore bzw. Kalksteine ihre Pracht entfalten. Die darin eingeschlossenen Fossilien, Reste von Pflanzen und Tieren künden von Lebensbedingungen vergangener Erdzeitalter.

Zuerst wurde in Berlin das naheliegende Material - der Findling - verwendet, der ursprünglich während der Eiszeit aus Skandinavien und dem Ostseeraum in die Berliner Umgebung geschoben wurde. Als weiteres heimisches Material wurde seit dem 13. Jahrhundert der Rüdersdorfer Muschelkalk eingesetzt. Mit dem Schlossbau kamen ab 1538 die billig auf Elbe und Havel transportierten Elbsandsteine aus Sachsen, nach 1871 die Schlesischen Sandsteine hinzu. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam der Muschelkalk wieder in Mode, nunmehr die Vorkommen aus Thüringen und Franken. Heute werden Naturwerksteine aus der ganzen Welt in großen Mengen auf der Großbaustelle Berlin verarbeitet.

Die wenigen Beispiele deuten schon an, dass Steine Geschichte in dreifacher Weise reflektieren: die Erdgeschichte aufgrund ihrer Herkunft und Bildung, die Architekturgeschichte in ihrer technischen und künstlerischen Verarbeitung am Bau und die Handelsgeschichte aufgrund ihrer Verfügbarkeit.


Friedrichstadt: Sandstein- und Travertinfassaden
DAS LEBEN DER STEINE

Diese Geschichte bleibt dem nichtgeschulten Betrachter in der Regel verborgen. Doch wer sich zwei Stunden Zeit nimmt, kann an ausgewählten Orten in Berlin in das Leben der Steine eintauchen. Dr. Gerda Schirrmeister vom Institut für Angewandte Geowissenschaften II, Fachgebiet Sedimentologie und Quartärgeologie, der TU Berlin bietet seit rund drei Jahren gesteinskundliche Führungen an. Damit geht die sonst oft auf Fachkreise beschränkte Geowissenschaft einen Schritt an die Öffentlichkeit, der auf großes Interesse stößt. In über hundert Führungen hat Gerda Schirrmeister mehr als tausend Gesteinsinteressierte, aber auch Steinmetze und Spezialisten aus der steinverarbeitenden Industrie durch Berlin geführt und die harten Steine lebendig werden lassen.

Im Rahmen des Programms "Schaustelle Berlin" führt Gerda Schirrmeister durch verschiedene Bauensembles. Der Pariser Platz ist ein Beispiel für kritische Rekonstruktion. Im Rahmen der strengen Vorgaben für die historische Bebauung finden sich Steinfassaden ganz unterschiedlicher Art und Bearbeitung. Die Friedrichstadt zeichnet sich heute durch ein Wechselspiel von sehr alten und sehr neuen Gebäuden aus, auch wenn letztere das Stadtbild dominieren. Gerade hier ist etwas über die verschiedenen Montagetechniken und die Gliederung der Steinfassaden zu erfahren.

Auf der Museumsinsel zeigt Gerda Schirrmeister, mit welchen Problemen man es bei der Sanierung eines so kultur- und geschichtsträchtigen Ensembles zu tun hat. Weil sie an der Sanierung des Pergamonmuseums beteiligt ist, kann sie Einblick geben in die praktische Arbeit der Geologie. Am Großen Stern im Tiergarten geht es nicht nur um die Siegessäule, die geradezu wie ein Mosaik aus vielen unterschiedlichen Gesteinsarten zusammengesetzt ist, sondern auch um die Denkmale, die den Großen Stern säumen.

Thomas Schulz


Quartier 206: Marmore und Kalksteine

Steine in Berlin

Naturwerksteine am Pariser Platz

  • Treffpunkt: vor dem Hotel Adlon, Unter den Linden 77
  • Dauer: 2-3 Stunden
  • Termine: Sonntag, den 2. Juli 2000, 11 Uhr
  • Preise: DM 17,- /ermäßigt DM 15,-

Naturwerksteine in der Friedrichstadt

  • Treffpunkt: Hausvogteiplatz 3/4: am "Bullenwinkel" (U 2 Hausvogteiplatz)
  • Dauer: 2-3 Stunden
  • Termine : Sonntag, den 9. Juli 2000, 11 Uhr
  • Preise: DM 17,- / ermäßigt DM 15,-

Naturwerksteine auf der Museumsinsel

  • Treffpunkt: am "Betenden Knaben" auf dem Ehrenhof vor dem Eingang zum Pergamonmuseum (Am Kupfergraben)
  • Dauer: 2-3 Stunden
  • Termine : Samstag, den 15. Juli 2000, 15 Uhr / Preise: DM 17,- /ermäßigt DM 15,-

Naturwerksteine am Großen Stern im Tiergarten

  • Treffpunkt: am Eingang zum Sockel der Siegessäule auf dem Großen Stern
  • Dauer: 2-3 Stunden
  • Termine: Sonntag, den 16. Juli 2000, 11 Uhr
  • Preise: DM 17,- / ermäßigt DM 15,- (zzgl. Eintritt Siegessäule)


Leserbriefe

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