TU intern - Mai 2000 - Studium
Optimale Lösung zwischen Beton und Grün
TU-Studierende legten Pläne für den Stuttgarter Platz
vor
Die städtebauliche Diskussion um den Stuttgarter Platz
hat inzwischen hohe Wellen geschlagen. Die Anwohner protestieren
gegen die Pläne der Deutschen Bahn AG
und der Investorengruppe. Aus Interesse an dem Thema haben sich
auch Studierende der TU Berlin eingeschaltet, die in einem Projektseminar
unter der Leitung von Ursula Flecken vom Institut für Stadt- und Regionalplanung
alternative Ideen entwickelt haben.
Wenn es irgendwie geht, vermeidet es der vom öffentlichen
Nahverkehr gestresste Berliner, am S-Bahnhof Charlottenburg in
die U-Bahn Wilmersdorfer Straße umzusteigen. Zwischen den
400 Meter voneinander entfernten Bahnhöfen erstreckt sich
der östliche Teil des Stuttgarter Platzes, von den West-Berlinern
liebevoll "Stutti" genannt. Doch was ist dieser Platz
vielmehr als ein hässlicher Parkplatz mit angrenzenden mafiösen
Billigläden und ein paar Sexkinos?
Nun will die Deutsche Bahn AG die S-Bahnsteige so verschieben,
dass sich der Umsteigeweg auf 80 Meter verkürzt. Das Projekt
soll durch den Verkauf der bahneigenen westlichen Flächen
des Stutti finanziert werden. Auch dieser Bereich des Platzes
ist mit seinem schäbigen Parkplatz und eingezäunten
Baracken nur zum Teil öffentlich nutzbar und wirkt alles
andere als großstädtisch. Eine Umgestaltung ist überfällig.
1996 fand dazu ein städtebaulicher Wettbewerb statt. Der
Siegerentwurf des Architekten Albers sieht eine langgestreckte
zwei- bis dreistöckige Bebauung direkt an der S-Bahn mit
einem 19-geschossigen Hotel als sogenanntem "Städtebaulichen
Highlight" vor. Ein Investor ist auch schon gefunden, der
das Areal kaufen und gewinnbringend zu einem "städtischen
und repräsentativen" Platz umgestalten will. Die Baumasse
wurde auf Drängen des Investors mehrmals erhöht, so
dass vom eigentlichen Platz nur noch schmale Restflächen
übrig blieben.
Obwohl Einigkeit darüber herrscht, dass "am Stutti was
passieren muss", hat sich doch eine breite Opposition gegen
diese Planung formiert. Vor allem eine Bürgerinitiative mobilisiert
Widerstand gegen die "Investorenplanung". Sie lehnt
die enge Bebauung ab und plädiert stattdessen für eine
kieznahe Grünfläche. Auch die Bezirksverordneten überzeugt
die Investorenplanung angesichts der zahlreichen Proteste inzwischen
nicht mehr.
Auf Anregung unserer Dozentin Ursula Flecken mischten sich in
diese Debatte auch Studierende der Stadtplanung an der TU Berlin
ein. Innerhalb eines Seminars versuchten wir, Alternativen zum
umstrittenen Investorenentwurf zu entwickeln - aus Interesse an
dem Projekt und als Praxistest. Erklärtes Ziel war es, eine
Balance zwischen den überzogenen Baumasse-Wünschen der
Investorenseite, die nach unserer Meinung zu wenig städtische
Qualität schaffen würden, und den nichtfinanzierbaren
Grünflächenvorstellungen der Bürgerinitiative zu
finden.
Der Entwurf von Fernando Diaz, Thomas Hoch, Kilian Jost und Juliane
Martinius plädiert dafür, dass nur einer der zwei Bahnsteige
verschoben wird. Dadurch könnten sehr alte und bedeutende
Bäume an der Böschung der S-Bahn erhalten werden, die
die Bahn für die Realisierung ihrer Planung fällen müsste.
Die fünfstöckige Bebauung soll auf zwei Flächen
an den verkehrsreichen Hauptstraßen (Lewishamstraße
und Wilmersdorfer Straße) beschränkt werden, wodurch
jeweils sehr städtische Plätze entstehen würden,
die zum Flanieren einladen.
So entstünde auf dem östlichen und dem westlichen Teil
des Platzes jeweils eine Grünfläche, die durch die Gebäude
vom Verkehrslärm abgeschirmt ist. Die westliche könnte
als parkähnliche Fläche mit zahlreichen kiezbezogenen
Nutzungen (wie Skaten & Bolzen, Café, Bürgerzentrum
etc.) entwickelt werden. Im Gegensatz dazu ermöglichte eine
sehr schlichte Grünanlage eine attraktive Überquerung
des östlichen Platzes.
In diesem sehr praxisnahen Seminar wurde allen bewusst, wie schwer
es unter den gegebenen finanziellen Zwängen der öffentlichen
Hand ist, eine bürgernahe und ökologische Planung zu
realisieren.
Juliane Martinius
Die Entwürfe der Studierenden werden demnächst am Stuttgarter
Platz 14 aushängen. Weitere Informationen erteilt Ihnen Ursula
Flecken, Tel.: 3 80 06-195.
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