TU intern - Mai 2000 - Forschung

Vision nachfossiles Zeitalter

Das Prinzip von Brennstoffzellen beruht auf der inversen Elektrolyse: mit einem wasserstoffhaltigen Gas wird über eine so genannte kalte Verbrennung Strom erzeugt. Da bei diesem Prozess auch nutzbare Wärme frei wird, könnten Brennstoffzellen künftig zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Niedertemperaturwärme verwendet werden - ähnlich den Blockheizkraftwerken.

Derzeit konkurrieren mehrere technische Konzepte miteinander. Das größte Potenzial wird der Niedertemperatur-Brennstoffzelle eingeräumt, denn sie verspricht attraktive Wirkungsgrade bei hohen Stromkennzahlen, gerade auch im Teillastbetrieb. Darüber hinaus ist ein weitgehendes Fehlen von Lärm- und Luftemissionen sowie ein erschütterungsfreier Betrieb absehbar. Schließlich zeichnet sie sich durch ein gutes Start-Stopp-Verhalten aus. All dies sind vor allem für den dezentralen Einsatz im Raumwärmebereich attraktive Eigenschaften.

Obwohl die Entwicklung der Niedertemperatur-Brennstoffzellen mit der erforderlichen Peripherie bislang noch nicht das Stadium der Marktreife erlangt hat, wird die BEWAG AG noch in diesem Frühjahr in Treptow eine Pilotanlage dieses Typs mit einer elektrischen Leistung von 250 kW in Betrieb nehmen. Andere experimentieren mit Kleinanlagen von 1 bis 5 kW elektrischer Leistung für die dezentrale Energieversorgung von Einfamilienhäusern und kleineren Wohngebäuden. In diesem Marktsegment könnte die stationäre Brennstoffzelle zu einem Massenprodukt mit mehreren zehntausend verkauften Einheiten pro Jahr werden. Außerdem wird es wohl bald Brennstoffzellen für die Stromversorgung von mobilen Geräten wie Laptops und Handys geben - hier ist der Preis der erzeugten Kilowattstunde Elektrizität nahezu bedeutungslos; auch hier läge ein Potenzial für erste Massenmärkte.

Es würde zu weit führen, die Ergebnisse der jüngst an der TU Berlin abgeschlossenen Systemanalysen für die verschiedensten dezentralen Einsatzkonzepte im Einzelnen zu referieren. Insgesamt ist der Wissensstand für belastbare Aussagen noch relativ gering, denn wegen des frühen Entwicklungsstadiums von Niedertemperatur-Brennstoffzellen sind die technischen Eigenschaften solcher Anlagen teilweise noch ungeklärt. Darüber hinaus ist noch ziemlich offen, wie der Weg von Brennstoffzellen aus den Entwicklungslaboren in industrielle Fertigungsprozesse aussehen wird. Doch sofern die laufenden Forschungs- und Entwicklungsbemühungen zu marktfähigen Produkten führen - für dezentrale Gebäudeanwendungen heißt dies Systemkosten von deutlich unter 2000 Euro pro kW elektrische Leistung -, wäre damit ein Beitrag zum Übergang vom fossilen in ein künftiges nachfossiles Zeitalter geleistet. Im Unterschied zu anderen regenerativen Energieoptionen ist dies aber eine langfristige Strategie und erfordert Geduld und langen Atem. Es könnte sein, dass dieser hierzulande nicht vorhanden ist.


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