TU intern - Mai 2000 - Hochschulpolitik

Eine Rechnung mit Pferdefuß -

oder welche Rendite ein Hochschulstudium bringt


Pauken für die Rendite. Die Debatte um Studiengebühren wird auch mit Börsenvokabular geführt

In der Debatte um Studiengebühren geht es auch spitzfindig zu. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat jetzt vorgerechnet, dass Studiengebühren gerechtfertigt seien, weil ein Hochschulstudium eine stattliche Rendite abwirft - vorausgesetzt, man studiert das richtige Fach.

Juristen stehen gar nicht mal am besten da. Sie verzichten während ihres Studiums auf rund 146000 Mark, verdienen im Laufe ihrer späteren Berufstätigkeit jedoch insgesamt rund 990000 Mark mehr als Nicht-Akademiker, so die Experten des CHE. Die Einkommensdifferenz macht eine Rendite von etwa 9 Prozent aus.

Das höchste zusätzliche Nettoeinkommen erwirtschaften Zahnmediziner mit rund 1,7 Millionen Mark. Es folgen Absolventen der Studiengänge Maschinenbau und Tiermedizin mit rund 1,1 Millionen Mark. Physiker und Humanmediziner bringen es auf rund 900000 Mark. Am Ende der Skala rangieren Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, die mit 20000 Mark kaum zusätzliches Einkommen erzielen.

Eine Rechnung mit Pferdefuß. Denn wer ist eigentlich mit der Vergleichsgröße Nicht-Akademiker gemeint? Nicht etwa Facharbeiter, sondern Abiturienten ohne Berufsausbildung. Ob sich mit dieser Gruppe Rechnungen anstellen lassen, die auch noch Studiengebühren begründen sollen? Ein wohl doch etwas windiges Unterfangen.

Folgen wir den Berechnungen des CHE, ergibt sich für die Hochschulabsolventen in Deutschland eine durchschnittliche Rendite des Studiums von 7,2 Prozent. Die staatliche Rendite, die sich aus den Kosten des Studiums und höheren Steuereinnahmen ergibt, liegt dagegen nur bei 2,6 Prozent.

"Damit subventionieren alle Steuerzahler den finanziellen Vorteil der Hochschulabsolventen", so der Leiter des CHE, Professor Detlef Müller-Böling, und leitet daraus die Forderung nach sozialverträglichen Studiengebühren ab. Deren Zahlung müsse jedoch an das zukünftige Einkommen der Absolventen geknüpft werden. Das CHE hat dazu ein entsprechendes Studienbeitragsmodell vorgelegt, bei dem die Gebühren durch ein Darlehen vorfinanziert werden und erst nach dem Studium einkommensabhängig zurückzuzahlen sind. Der Staat übernimmt dabei den größten Teil des Investitionsrisikos, weil er erst dann einen Teil der Investitionserträge abschöpft, wenn diese nach dem Studium tatsächlich anfallen.

Dass Studiengebühren kein Allheilmittel für die chronisch unterfinanzierten Universitäten sind, wissen auch die CHE-Experten. Für Detlef Müller-Böling sind Studiengebühren vor allem ein Mittel, um die Lehre zu verbessern: "Studiengebühren, die direkt den Hochschulen zugute kommen, mindern die Unterfinanzierung in der Lehre und setzen Anreize für die Professoren, durch attraktive Lehre Studierende anzuziehen und damit Einnahmen zu erzielen."

Die Ministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, wird über die CHE-Studie sicher nicht sehr glücklich sein. Gegenüber dem Münchner Nachrichtenmagazin "Focus" gab sie wieder zu verstehen, die Bundesregierung werde die Studierenden nicht zur Kasse bitten. "Das bringt gar nichts, sondern schreckt Abiturienten ohne wohlhabende Eltern nur vom Studium ab. Zu den Rendite-Prognosen äußerte sich Edelgard Bulmahn skeptisch. Sie verwies darauf, dass sich der Arbeitsmarkt rasant wandelt, wie sich an der Nachfrage an Informatikern besichtigen lässt.

Derweil geht die Debatte um Studiengebühren weiter. Die baden-württembergische Gebühr für Langzeitstudierende wurde vom Verwaltungsgericht Mannheim für rechtens erklärt, ein Richterspruch, der nicht ohne Folgen bleiben wird.

Apropos CHE-Studie: Bleibt zu hoffen, dass sich die Studierenden nicht vom Wink mit der Rendite verführen lassen. Immerhin: Das Börsenfieber hat ja nicht allen den Kopf verdreht.

Thomas Schulz


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