TU intern - November 2000 - Vermischtes

Multimedia und Gentechnologie

Der Erstsemestertag 2000 bot vor allem Gelegenheit zur Diskussion

Aller Anfang ist schwer - das heißt aber nicht, dass man am Ende des Anfangs nicht auch ein bisschen Spaß haben könnte. Zum Abschluss der zentralen und dezentralen Einführungsveranstaltungen hat die TU Berlin auch in diesem Jahr wieder einen Erstsemestertag organisiert, der diesmal unter dem Motto "Science & Fiction" stand. Zu der Veranstaltung, die von der Berliner Zeitung gesponsert wurde, waren natürlich nicht nur die Neulinge, sondern auch ältere Semester und alle anderen Universitätsmitglieder eingeladen. Neben verschiedenen Infoforen, fand auch eine Podiumsdiskussion zum Thema "Science & Fiction - Gentechnologie" statt.


Nicht nur auf dem Podium, sondern auch im Publikum wurde über das Thema Gentechnologie diskutiert
Das Uni-Kino präsentierte passend zum Motto des Tages die Filme "Gattaca" und "Blade Runner". In "Gattaca" sind die genetisch perfekten Menschen auf dem Vormarsch. In der total überwachten Gesellschaft haben "normale Menschen" kaum eine Chance. In "Blade Runner" kämpfen vier Replikanten, künstlich hergestellte Menschen, deren einprogrammierte Lebenszeit bereits abgelaufen ist, gegen ihre Auslöschung durch den Blade Runner. Insgesamt zeigte die TU Berlin in Zusammenarbeit mit dem Uni-Kino im zumeist gut besuchten H 104 während der gesamten Einführungswoche acht Sciencefiction-Filme von Frankenstein bis Matrix.

DISKREPANZ ZWISCHEN AUSSTATTUNG UND ANSPRUCH

"Neue Medien und Computer im Studium" war der Titel eines der insgesamt sieben Informationsforen, von denen vor allem die Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Arbeiten, zum Studium international und zu Stipendien gut besucht waren. Im Multimediaforum erläuterte Bernd Schiphorst, der Medienbeauftragte von Berlin und Brandenburg, mit welchen Anforderungen, aber auch Chancen die Studierenden angesichts der rasanten Entwicklung im Mutimedia-Bereich rechnen können: Für die Studierenden der Zukunft werden die Arbeit am PC und der Umgang mit einer ganzen Palette von Anwendersoftware eine Selbstverständlichkeit sein.

Darüber hinaus wird von der akademischen Elite jedoch auch erwartet, dass sie schnell studiert und gleichzeitig Erfahrungen im Berufsleben, zum Beispiel durch verschiedene Praktika, sammelt. Auch Auslandsaufenthalte und Fremdsprachenkompetenz seien gerne gesehen. Angesichts dieser umfassenden Wunschliste, wie sie Bernd Schiphorst aufstellte, regte sich bei den rund 100 Teilnehmern auch Unmut: Nach anfänglichem Zögern entspann sich eine Diskussion um die Frage, inwieweit denn die deutschen Universitäten den kommenden Herausforderungen gewachsen seien. Ausstattung und Lehrkapazitäten, so einige anwesende Studierende, entsprächen nicht den Bedürfnissen der Jungakademiker. Vor allem im Vergleich zu ausländischen Hochschulen stünden die hiesigen Universitäten in schlechtem Licht. Wo aber sollen die hochmotivierten und -qualifizierten Nachwuchskräfte herkommen, wenn in der Bildungspolitik an allen Ecken und Enden gespart wird?


Entspannt ging es dann auf der Party zu
Ein Patentrezept konnte letztlich niemand der Anwesenden aus dem Ärmel schütteln. Dass von einigen Diskutanten düster projezierte Bild wurde bei der anschließenden Live-Vorführung relativiert: Die Präsentation der neuesten Multimediatechniken der TU Berlin zeigte auf, dass den Studierenden auch heute schon neuartige Möglichkeiten des Lernens und Arbeitens offen stehen. Von der Online-Literaturrecherche bis hin zu computergestützten Vorlesungen ist der studentische Alltag im Wandel begriffen.

GENTECHNOLOGIE ZWISCHEN WISSENSCHAFT UND FIKTION

Nachdem der TU-Vizepräsident für Studium und Lehre, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Sahm, die Neuimmatrikulierten der TU Berlin begrüßt hatte, begann um 18.30 Uhr im Lichthof des Hauptgebäudes die Podiumsdiskussion zum Thema Gentechnologie. Neben Prof. Dr. Günter Stock, dem Vorstand für Forschung und Entwicklung der Schering AG, Dr. Dr. Alfred Sonnenfeld, Pfarrer und Lehrbeauftragter für medizinische Ethik sowie Mitglied der Ethik-Kommission der Charité Berlin, Wolfgang Jeschke, Sciencefiction-Autor und -Herausgeber beim Heyne-Verlag München sowie Dr. Ullrich Keller, Privatdozent am Max-Volmer-Institut der TU Berlin und einer der Gründer der Firma Actino-Drug nahm auch ZEIT-Redakteur Jan Ross als Überraschungsgast an der Debatte teil. Carla Kniestedt, freie Journalistin beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) moderierte die Veranstaltung.

Welche Eingriffe ins menschliche Erbgut sind heutzutage und in absehbarer Zeit überhaupt möglich? Welche Konsequenzen ziehen diese Eingriffe nach sich? Und vor allem: Was davon ist ethisch vertretbar? Diese Fragen wurden nicht nur von den Podiumsgästen, sondern auch von den Zuschauern rege und kritisch diskutiert. Neben den harten wissenschaftlichen Fakten und ethischen Kriterien wurde dabei auch der Bereich "Fiction" gewürdigt: Gerade in der Sciencefiction-Literatur, so ein Fazit, spiegeln sich die Hoffnungen und Ängste der Menschen gegenüber der realen Entwicklung. Denn gerade die Gentechnik berührt Bereiche menschliche Lebens, die über abstrakte Kosten-Nutzen-Rechnungen hinausgehen: "Hinter dem Lächeln eines Menschen steckt mehr als Muskelbewegungen", pointierte Alfred Sonnenfeld den weitgesteckten Horizont der Debatte. Leider war die Podiumsdiskussion mit rund hundert Gästen weniger gut besucht, als man bei dem brisanten Thema erwartet. Im Gegensatz dazu tummelten sich im anschließenden Kinofilm und auf der abendlichen Party wieder rund 400 gutgelaunte und tanzwütige Studentinnen und Studenten.

Lars Klaaßen


Leserbriefe

  TU intern -
    November 2000


© 11/2000 TU-Pressestelle