TU intern - November 2000 - Alumni

Meinungen aus der Praxis:

Franciska Stache

Im Zickzackkurs in die erste Reihe

Wer nicht nur einseitig begabt ist, hat es mitunter schwer, seinen Weg zu finden. Aber auch Umwege führen bekanntlich zum Ziel. Und vielfältige Erfahrungen sammelt man beim Suchen nach der Berufung allemal. So erging es Franciska Stache, Jahrgang 1965, die heute Geschäftsführerin des Internet-Dienstleisters http.net ist. Dabei träumte sie in Kindertagen davon, Tierärztin zu werden. Doch daraus wurde nichts, weil sie den Eingangstest nicht bestand.

So trat sie in die Fußstapfen ihrer Eltern, die beide beim Schering-Konzern arbeiteten, und absolvierte dort zunächst eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Anschließend kam sie in der Abteilung für Aus- und Weiterbildung im EDV-Bereich unter, was sie auf den Geschmack brachte. So schrieb sie sich ein Jahr später an der TU Berlin im Fach Informatik ein mit dem Ziel, im Anschluss an das Hochschulstudium in den Weiterbildungsmarkt zu gehen. Doch die Informatik war ihr zu trocken, "zu theorielastig", sagt sie heute. Franciska Stache wechselte zu den Kommunikationswissenschaften, behielt Informatik aber als zweites Hauptfach bei. Obwohl sie nebenher immer arbeitete - das Studium musste sie sich selber finanzieren, was damals noch nicht so selbstverständlich war wie heute -, hatte sie nach zwölf Semestern den Magisterabschluss in der Tasche.

Inzwischen jedoch war der Arbeitsmarkt im Bereich Weiterbildung zusammengebrochen. Jobs gab es so gut wie keine. So griff sie auf ihre Ausbildung als Industriekauffrau zurück und arbeitete bei einem Bauunternehmen als Assistentin der Geschäftsführung. In dieser "Haifischbranche" fühlte sie sich jedoch so unwohl, dass sie nach gut einem Jahr kündigte. Sie startete nun einen neuen Versuch, in der Weiterbildung unterzukommen, was ihr auch gelang: beim Berufsförderungswerk Brandenburg. Dieser Job lief eigentlich gut an. Im Rahmen eines jungen Teams versuchte Franciska Stache, neue Lehrmethoden in die Erwachsenenbildung einzubringen. Die "Schüler" zogen dabei kräftig mit. "Dass sie Verhaltensweisen wie Pennäler an den Tag legten, hat mich immer amüsiert. Das hat wohl mit der Schulbank zu tun und gehörte einfach dazu." Dennoch war die Enttäuschung bald groß. Der Leitung des Berufsförderungswerks ging die Experimentierfreude zu weit. Und weil sie nicht bereit war zurückzustecken, suchte sie sich wieder einen Job als Assistentin, der ihr denn doch eine bessere Alternative schien.

Rastlos, wie sie damals war, hängte sie auch diesen Job ein Jahr später wieder an den Nagel. "Ich hatte keine Lust mehr, immer nur in der zweiten Reihe zu sitzen." Sie wechselte ins Gründungsteam von berlin.de, dem Internet-Auftritt des Berliner Senats. "Das machte endlich einmal richtig Spaß", erzählt sie noch heute begeistert.

Dann überraschte sie ein Angebot des Internet-Dienstleisters http.net. Eigentlich sollte sie wieder im zweiten Glied stehen. Doch das Unternehmen befand sich gerade am Beginn einer Umstrukturierungsphase - drei Monate später sah sie sich als Geschäftsführerin inthronisiert. "Ich hatte zwanzig Minuten Zeit, mir die ganze Sache zu überlegen, und habe zugesagt. Dabei war mir durchaus bewusst: Entweder ich bekomme die Sanierung hin, oder wir müssen den Laden schließen."

Franciska Stache hat http.net in den Griff bekommen. Nicht einfach in einer Zeit, da die Konkurrenz buchstäblich täglich wächst. "Wenn das Dienstleistungsangebot stimmt, sind die Überlebenschancen gut", glaubt sie. Und das reicht von Business-Servern in variabler Skalierung über E-Commerce-Lösungen bis hin zu Domain-Service und günstigen Dial-In-Tarifen. Sechs Mitarbeiter beschäftigt http.net, diplomierte Informatiker sind nicht dabei. "Mit einer Ausnahme setzt sich unser Team aus Quereinsteigern zusammen, die Spaß an ihrem Job und am Medium Internet haben. Darauf kommt es an."

Doch Spaß reicht natürlich nicht aus. Immerhin geht es um Geldverdienen in einem hart umkämpften Markt. Schlüsselqualifikationen sind für Franciska Stache Organisationstalent, Disziplin und richtiges Zeitmanagement - Fähigkeiten, die sie auf den unterschiedlichen Stationen ihres bisherigen Berufslebens erworben hat, nicht an der Universität.

Thomas Schulz


Leserbriefe

  TU intern -
    November 2000


© 11/2000 TU-Pressestelle