TU intern - November 2000 - Die neue TU

Dezentrale Verantwortung

Reformen an deutschen Hochschulen hinken hinterher


Wolfgang Bröker
Die Reform der Hochschulen ist kein deutsches Thema. Alle europäischen Universitäten haben sich in den vergangenen Jahren den Herausforderungen der Zukunft stellen müssen. Dabei haben sie ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht und sind doch zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Das zeigte eine Tagung des Heads of University Management and Administration Network in Europe (HUMANE), die Mitte Oktober an der TU Berlin stattfand und auf der sich Kanzler und Verwaltungschefs von Hochschulen aus neun europäischen Ländern trafen. TU intern fragte den Kanzler der TU Berlin, Wolfgang Bröker, wie weit andere europäische Hochschulen mit ihren Reformbemühungen gekommen sind.

Herr Bröker, an der TU Berlin läuft die Verwaltungs- und Strukturreform auf Hochtouren. Wie sieht es an anderen europäischen Hochschulen in Sachen Reform aus? Können Sie ein oder zwei Beispiele nennen?

Die Tagung der Kanzler zeigte wieder einmal, dass die deutschen Hochschulen im europäischen Vergleich noch Nachholbedarf haben. Holland oder Großbritannien beispielsweise haben schon vor zehn bzw. fünf Jahren das Hochschulsystem reformiert. Egal, welches Land Sie betrachten, die Reformen zielen immer auf eine Dezentralisierung der Verwaltungsstrukturen und der finanziellen Verantwortung. Was die "Aufsichtsgremien" betrifft - an der TU Berlin das Kuratorium -, haben viele Hochschulen neue Gremien eingerichtet, in denen nicht politische Interessenvertreter sitzen, sondern Repräsentanten etwa aus der Wirtschaft. Diese Gremien sind mit den Hochschulräten, die in Niedersachsen oder Bayern schon bestehen und in Berlin an der Humboldt und der Freien Universität schon eingerichtet sind, vergleichbar.

Inwiefern verändert sich das Hochschulmanagement durch die Einbindung Externer?

Die "Aufsichtsgremien" neuer Art, wie ich sie oben schon einmal verkürzt genannt habe, sind weniger von parteipolitischen Auseinandersetzungen oder von Interessenvertretern geprägt als vielmehr von den persönlichen Managementerfahrungen etwa der Vertreter aus der Wirtschaft. Da geht es dann um die Frage, wie diese Erfahrungen in das Hochschulmanagement eingebracht werden können. In den Gesprächen, die ich auf der Tagung geführt habe, ist deutlich geworden, dass die Entscheidungsabläufe an Professionalität gewonnen haben. In Zeiten knapper Kassen ist das natürlich von besonderer Bedeutung.

Wie würden Sie die Verwaltungs- und Strukturreform an der TU Berlin im europäischen Vergleich bewerten?

Wie oben bereits angesprochen, hinken die deutschen Hochschulen in ihren Reformbemühungen mit Blick auf andere europäische Länder hinterher. Ansonsten ist ein Vergleich natürlich nicht ganz einfach, denn die Strukturen sind doch sehr unterschiedlich. Unter den deutschen Universitäten aber scheint die TU Berlin eine Vorreiterrolle einzunehmen, vor allem was die sehr weit gehende Budgetierung angeht. Viele europäische Hochschulen aber haben den Weg der Dezentralisierung eingeschlagen, weil nur so mehr Effizienz im Einsatz der Finanzmittel erreicht werden kann. In dieser Hinsicht stehen alle Hochschulen vor den gleichen Herausforderungen.

Das Gespräch führte Thomas Schulz


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