TU intern - November 2000 - Rechtsextremismus
Nur ein erster Schritt
Das NPD-Verbot wird die rechte Gewalt nicht eindämmen
Jetzt wollen Bundesregierung und Bundesrat handeln: Sie wollen
beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einen Antrag auf Verbot
der NPD einreichen. Wann mit einer Entscheidung des höchsten
deutschen Gerichts zu rechnen sein wird, ist völlig offen,
ebenso, welche Wirkung die Initiative haben wird. Was, wenn das
Bundesverfassungsgericht die NPD nicht verbietet? Was, wenn die
rechte Gewalt unvermindert weitergeht? Immerhin beteuern auch
die verantwortlichen Politiker, ein NPD-Verbot könne nur
eine Maßnahme unter vielen sein. Demnächst wir auch
der Bundestag sich für einen Verbotsantrag aussprechen.
TU intern hörte sich auf dem Campus um, was die Studierenden
der TU Berlin über den NPD-Verbotsantrag denken.
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Florian Häußler,
Wirtschaftsingenieurwesen,
1. Semester |
Den Antrag auf Verbot der NPD finde ich problematisch. Meines
Erachtens wird die ganze Sache unter einem diplomatischen Gesichtspunkt
gesehen. Sollte es aber tatsächlich so sein, dass die NPD
gegen das Grundgesetz verstößt, würde ich ein
Verbot allerdings befürworten. Das Ziel, die rechtsextreme
Gewalt auf der Straße einzudämmen, wird aber wohl so
nicht zu erreichen sein. Ich glaube eher, dass die Leute in den
Untergrund abwandern und von dort aus weiteroperieren. Und dann
hat der Staat keine Rechtsmittel mehr zur Verfügung, um gegen
diese Leute vorzugehen. Ich würde mir eine schärfere
Auseinandersetzung sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf
politischer Ebene wünschen. |
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Arne Cordes,
Wirtschaftsingenieurwesen,
9. Semester |
Ich befürchte, dass die Diskussionen um das NPD-Verbot zu
einer hohen Medienpräsenz der Partei führen. Das ist
bedenklich, weil doch die Gefahr besteht, dass die Leute denken:
Die NPD ist zwar verboten, Parteien wie die DVU oder die Republikaner
aber nicht. Wählen wir doch die. Auch ich glaube, dass die
rechte Gewalt vor allem in den neuen Bundesländern durch
ein Parteienverbot nicht eingedämmt werden kann. Das kann
nur gelingen, wenn jeder Einzelne mehr Courage zeigt. Aber das
ist natürlich auch leichter gesagt als getan. |
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Verena Schwarz,
Ältere deutsche Philologie,
6. Semester |
Auf der einen Seite finde ich das Parteienverbot gut. Doch gleichzeitig
habe ich dabei erhebliche Bedenken. Die politischen Parteien machten
es sich zu einfach, wenn sie auf die politische Auseinandersetzung
verzichten würden. Darauf käme es doch an, sich mit
der NPD argumentativ zu beschäftigen und nicht nur mit flotten
Sprüchen auf deren Aktivitäten zu reagieren. Und klar
ist ja wohl auch, dass man durch ein Verbot der NPD deren Gedankengut
nicht auslöscht. Es wird im Untergrund weiter gedeihen. Wenn
ich jetzt immer wieder höre, dass die Jugendarbeit verstärkt
werden soll, um ein Eindringen des rechtsextremen Gedankenguts
in die Köpfe der Heranwachsenden zu verhindern, so glaube
ich, dass damit zu spät angesetzt wird. Die heutigen Jugendlichen,
die 12 oder 15 Jahre alt sind, erreicht man mit Jugendarbeit nicht
mehr richtig, befürchte ich. |
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Alexander Engelmann,
BWL,
1. Semester |
Ich würde ein NPD-Verbot befürworten. Die NPD ist eine
Partei, die in der Bundesrepublik Deutschland nichts zu suchen
hat. Ein Ende bzw. ein Eindämmen der rechten Gewalt wird
durch das Verbot aber nicht zu erzielen sein, denn da spielen
zahlreiche Organisationen eine Rolle. Ich weiß allerdings
auch nicht, was man tun müsste, um den Gewalttätern
angemessen zu begegnen. Zivilcourage hört sich immer gut
an, aber kostet eben doch viel Überwindung. |
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Sergiusz Manzelenko,
Wirtschaftsmathematik,
1. Semester |
Ich halte ein Verbot der NPD für eine richtige Entscheidung.
Wichtiger sollte es aber sein, die Jugendlichen frühzeitig
aus den entsprechenden Kreisen, die rechtsextremes Gedankengut
verbreiten, herauszuholen. Und: Die Deutschen müssen endlich
zu einem entspannten Verhältnis zu ihrer Geschichte und ihrer
Identität als Deutsche kommen. Warum wird der Satz "Ich
bin stolz, Deutscher zu sein" immer gleich als rechtsextreme
Äußerung, zumindest aber mit Befremden aufgenommen? |
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Marc Johnen,
Wirtschaftsingenieurwesen,
8. Semester |
Unterm Strich wird mit einem Verbot der NPD nichts bewirkt. Die
Leute, die eine rechtsextreme Gesinnung haben, organisieren sich
ja auch ohne eine öffentliche Organisation, auch außerhalb
der NPD. Wichtig ist vor allem, dass wir als Gesellschaft deutliche
Zeichen gegen rechte Gewalt setzen. Eine wichtige Aufgabe kommt
da auch dem Bildungssystem zu. Das darf nicht immer weiter abgebaut
werden. |
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Ulrike Schaefer,
Englisch und Geographie,
13. Semester |
Ich bin schon für die Initiative eines NPD-Verbots. Zugleich
aber habe ich Bedenken. Denn die Rechtsextremen organisieren sich
ja auch in Organisationen, die nichts mit der Partei der NPD zu
tun haben. Das Verbot der NPD kann meines Erachtens nur ein erster
Schritt sein, um gegen rechtes Gedankengut vorzugehen. Die Gewalt
auf den Straßen kann durch ein Parteienverbot aber sicher
nicht eingedämmt werden. |
Leserbriefe
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