TU intern - Oktober 2000 - Studium
Bafög-Reform
Mehr Geld für mehr Studierende
Am bestehenden Bafög-System wird nicht gerüttelt.
Aber es wird deutlich verbessert. Nachdem Bundesbildungsministerin
Edelgard Bulmahn im Januar mit ihrer grundlegenden Reform der
Ausbildungsförderung am Votum des Kanzlers gescheitert war,
legte sie nun Ende September einen neuen Entwurf vor, der vom
Bundeskabinett bereits verabschiedet worden ist.
Die von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn jetzt vorgelegte
Bafög-Reform fällt um einiges bescheidener aus als ihr
Vorstoß zu Beginn des Jahres. Zum Ausgleich durfte sie tief
in die Kasse greifen. Ab 2001 werden Bund und Länder pro
Jahr rund eine Milliarde Mark zusätzlich für das Bafög
bereitstellen. Gegenüber 1998 entspricht das einer Steigerung
von 50 Prozent. Edelgard Bulmahn rechnet damit, dass auf diese
Weise etwa 80 000 junge Menschen mehr gefördert werden können.
Die Reform des Bafög sieht eine deutliche Anhebung der Bedarfssätze
vor. Der Höchstsatz steigt um 7,3 Prozent von 1030 Mark auf
1105 Mark. Anders als bisher wird das Kindergeld bei der Berechnung
des Bafög-Anspruches nicht mehr auf das Einkommen angerechnet.
Und: Auch der Freibetrag steigt. Künftig werden zwei Kinder
in der Ausbildung noch bei einem Bruttoeinkommen der Eltern von
3900 Mark monatlich den Bafög-Höchstsatz erhalten. Die
bisherige Einkommensgrenze lag bei 2900 Mark. Die Schuldenlast
der Studierenden, die sie oft vor einer Beantragung des Bafög
zurückschrecken ließ, wird auf 20000 Mark begrenzt.
Damit sollen die Schulden kalkulierbar bleiben.
Wer bis Ablauf der Förderungshöchstgrenze noch kein
Examen in der Tasche hat, kann in Zukunft dennoch mit Bafög
rechnen, das dann als Bankdarlehen ausgegeben wird. Er muss allerdings
innerhalb von vier Semestern nach Überschreiten der Grenze
zur Prüfung zugelassen werden. Neu ist auch, dass die Studierenden
eine EU-weite Förderung erhalten sollen. Nach zwei Semestern
in Deutschland haben sie innerhalb der gesamten EU Anspruch auf
Bafög, und zwar bis zum Abschluss ihres Studiums. Damit will
die Bundesbildungsministerin lange und intensive Auslandserfahrungen
fördern.
Das Deutsche Studentenwerk
(DSW) bewertet den von Edelgard Bulmahn vorgelegten Gesetzentwurf
als deutliche Verbesserung der studentischen Ausbildungsförderung.
Nach den rigiden Spargesetzen der vergangenen Jahre sei die Novelle
"ein echter Schritt nach vorn".
Anders ließ sich der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
(HRK), Prof. Dr. Klaus Landfried, vernehmen. Er konnte sich nur
zu einem halben Ja durchringen. Gleichwohl gestand er zu, dass
das Gesetz gegenüber dem derzeitigen Stand der Dinge eine
Verbesserung darstelle. Dies gelte zum Beispiel für die Ausdehnung
der Auslandsförderung sowie die Neugestaltung der Abschlussförderung.
Kritik äußerte Klaus Landfried an der Anhebung des
Fördersatzes, die nicht ausreichend sei. Außerdem fehlten
weitere Darlehensmöglichkeiten für Studierende, die
keine oder nur eine geringe Bafög-Förderung erhielten.
Enttäuscht zeigte sich der HRK-Präsident darüber,
dass es zu keiner grundlegenden Strukturreform der Ausbildungsförderung
kommt.
Auf diese Kritik dürfte die Bundesbildungsministerin vorbereitet
gewesen sein. Hatte sie doch im Januar eine weiter gehende Reform
im Sinne. Dennoch präsentierte sie ihre abgespeckte Version
voller Selbstbewusstsein. "Wir wollen für die Wissenschaft
und die Forschung alle Potenziale nutzen und damit allen Jugendlichen
die gleichen Karrierechancen ermöglichen."
ths
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