TU intern - Oktober 2000 - Aktuelles
Informatiker-Mangel:
Zu kurz gesprungen
Das von den Informatik-Fachbereichen gefürchtete Wintersemester
hat begonnen. An der TU Berlin haben sich auf die 300 Studienplätze
für das Fach Informatik rund 770, auf die 130 Studienplätze
für das Fach Technische Informatik rund 170 Interessenten
beworben. Der lokale Numerus clausus (NC), den die drei Berliner
Universitäten im Sommer eingeführt haben, um dem erwarteten
Ansturm standhalten zu können, liegt ersten Berechnungen
zufolge bei einem Notendurchschnitt von 1,8.
Die Aufregung um den Fachkräfte-Mangel in der IT-Branche
und den Berliner Informatik-NC hat sich inzwischen gelegt. Im
Rückblick wird immer deutlicher, dass die Diskussion um das
Fach Informatik für die Problematik selbst wenig hilfreich
war. "Wenn beispielsweise Siemens
oder ihre Tochtergesellschaft Infineon
über Fachkräftemangel geklagt haben, sprachen sie immer
vom Fachkräftemangel in der informationstechnischen Industrie.
In der Öffentlichkeit wurde daraus verkürzt vom Mangel
an Informatikern gesprochen", so Dieter Bimberg, Professor
am Institut für Festkörperphysik
der TU Berlin.
Während Informatiker zum Beispiel im Bereich Software-Entwicklung
arbeiten, fehlen der informationstechnischen Industrie Fachkräfte
vor allem für den Bereich Hardware. Hier werden vor allem
Elektrotechniker und Physiker händeringend gesucht. Das berichtet
Dieter Bimberg aus zahlreichen Gesprächen, die er in den
vergangenen Monaten mit Vorstandsmitgliedern großer Konzerne
geführt hat.
Die Entwicklung optoelektronischer Systeme beispielsweise basiert
auf Glas- und Plastikfaserkabeln, die zur Datenübertragung
im Internetbereich bzw. im Flugzeug oder Auto genutzt werden.
Sie geht nicht auf das Konto von Informatikern, sondern auf das
von Elektrotechnikern und Physikern. "Insbesondere im Bereich
Optoelektronik, eine Disziplin, in der Elektrotechniker und Physiker
zusammenarbeiten, gibt es ein enormes Entwicklungspotenzial und
einen entsprechend hohen Fachkräfte-Bedarf", so Dieter
Bimberg. Gelinge es nicht, diesen Bedarf mittelfristig durch eigene
Absolventen zu decken, stehe eine der wichtigsten Zukunftstechnologien
auf dem Spiel.
Thomas Schulz
Leserbriefe
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