Die neue TU, Sonderausgabe der TU intern - Bibliothek

Happy End für einen klaren Entwurf

Im Dezember 2000 soll der Bau der neuen Universitätsbibliothek beginnen


Die neue Universitätsbibliothek der TU Berlin und der HdK: mehr PC, weniger Bleistift

Ein kühler, klarer Architekturentwurf liegt vor: zirka 120 Meter lang, rund 40 Meter tief, fünf Stockwerke hoch und ein Kellergeschoss als Magazin. Die Glasfassade schafft Transparenz. Durch die Anwendung konsequenter Brandschutztechnik konnte auf innere Trennwände verzichtet werden. Der Besucher schaut von außen durch die Freihandmagazine auf die Bücher. Der Verwendungszweck des Gebäudes ist sofort erkennbar. Keinerlei Symbolik von außen muss dies unterstreichen.

An einem Ende des Gebäudes schweben in dem großen Glaskubus die Hörsäle, die gläsernen Fahrstühle unterstützen die Transparenz und betonen das Schwebende des Komplexes. Nicht nur die Architektur, sondern auch der Name wird viele Erwartungen auslösen: "Volkswagenuniversitätsbibliothek, Technische Universität und Hochschule der Künste Berlin". Was hat VW mit Büchern zu tun?

Als im Laufe der fast 50-jährigen Planungszeit des Neubaus wieder einmal die Finanzierung fraglich war, entwickelte TU-Präsident Prof. Dr. Hans-Jürgen Ewers ein alternatives Finanzierungskonzept. Vorausgegangen war die Genehmigung des Hochschulbau-Förderungsantrages. Doch Berlin sah sich wegen der aktuellen Finanznot nicht in der Lage, den Landesanteil von zirka 60 Millionen DM beizusteuern. Eigeninitiative war gefragt. Durch die Abmietung von Institutsgebäuden, u. a. in der Uhlandstraße, dem Sitz des Fachbereichs 14 - Wirtschaftswissenschaften, würden Haushaltsmittel frei. Mit ihnen könnte man einen langfristigen Kredit zur Finanzierung der Landesanteile auf die Beine stellen. Das Modell, bereits an anderen Stellen in Berlin erprobt, fand Anklang, weil es kreativ ist, die Eigeninitiative der Hochschule unter Beweis stellte und das Land finanziell entlastete. Und doch klaffte eine empfindliche Finanzierungslücke, die weder die TU Berlin noch das Land schließen konnten.

Eine gemeinsame Initiative der Gesellschaft von Freunden der TU Berlin, insbesondere des Vorstandsmitgliedes Prof. Dr. Dietger Hahn, und des Präsidenten Hans-Jürgen Ewers folgten. Sie bemühten sich um einen Sponsor und fanden in einem dramatischen Wettlauf mit der Zeit einen Retter für das von allen totgesagte Projekt: Volkswagen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch und der Leiter des Zentralbereichs Forschung und Entwicklung, Udo-Willi Kögler, sagten spontan eine Spende von 10 Millionen DM zu. Sie rettete das Projekt und dokumentiert gleichzeitig, dass sich das große deutsche Industrieunternehmen in der Hauptstadt für die Wissenschaft einsetzt und damit einen zukunftsweisenden Weg für die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft beschreitet.

Trotz dieser großzügigen Spende bedrohten immer wieder bürokratische Hemmnisse das Projekt. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses musste seine Zustimmung geben. Allein die zeitlichen Irritationen durch die Wahlen in Berlin verzögerten die endgültige Sicherstellung. Trotzdem musste weitergeplant werden. Der Entwurf hatte bis dahin verständlicherweise ein beträchtliches Alter erreicht: Er stammte von 1990. Nunmehr musste in kürzester Zeit eine Überarbeitung erfolgen, die Baugenehmigung, die 1994 erteilt worden war, aktualisiert, das Raumprogramm geändert und der Entwurf an die neue Informations- und Kommunikationstechnik angepasst werden. Dies geschah in den letzten Monaten.

Das Zahlenwerk beeindruckt: 1000 m2 Hauptnutzfläche für im Endzustand ca. 2,5 Millionen Bücher, 645 Leseplätze für 34000 Studierende von TU Berlin und HdK und für viele weitere aus Berlin und Brandenburg. 145 Mitarbeiter stehen zur Verfügung. Dabei werden die meisten von ihnen für die Betreuung der Leser da sein und immer weniger Personal für die Bewachung der Bestände. Eine technische Sicherung am Ausgang soll Diebstähle verhindern.

Fast wie selbstverständlich werden alle Medien auf dem neuesten technischen Stand angeboten. Die Nutzer holen sich künftig ihre Informationen von den Bildschirmen, selbst von zu Hause können sie auf den digitalisierten Katalog zurückgreifen. Innerhalb der Bibliothek wird der Leser vielfältige Arbeitsmöglichkeiten haben, die nur noch selten von Papier und Bleistift bestimmt sein werden, in der Regel aber von PC und Drucker. Künftig sollen viele Veröffentlichungen neben der gedruckten Form auch im Netz abrufbar sein und entweder in der Bibliothek vor Ort oder im Institut bzw. zu Hause am PC gelesen werden können. Insofern ist der Begriff Bibliothek vielmehr eine Verbeugung vor der Tradition als eine korrekte Bezeichnung für das in Bau befindliche Informations- und Kommunikationszentrum an der Fasanenstraße.

Trotzdem wird das traditionelle Buch das bestimmende Element sein. Die Freihandmagazine auf vier Etagen - durch Treppen und Lichtschächte miteinander verbunden - gleichen eher einem großen Regal. Das Buch wird also optisch weiterhin den Raum bestimmen.

Nach jetzigem Stand soll der Baubeginn im Dezember 2000 erfolgen, die Bauzeit wird längstens drei Jahre dauern, der erste Besucher soll spätestens 2003 sein erstes Buch lesen oder seine erste wissenschaftliche Arbeit an modernen Flachbildschirmen bearbeiten können.

Nach dem Bibliotheksauszug aus dem Hauptgebäude wird es dort umfangreiche Umbauten geben, damit die Wirtschaftswissenschaftler aus der Uhlandstraße in das Hauptgebäude umziehen und damit die wirtschaftliche Grundlage für die Finanzierung der Bibliothek sichern können.

Hans-Joachim Rieseberg


Leserbriefe

  Die neue TU -
           Juni 2000


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