Die neue TU, Sonderausgabe der TU intern - Forschung

In der Frauenförderung die Nase vorn

"Die Strukturreform und die Budgetierung eröffnen den hier arbeitenden Frauen Chancen."
Heidemarie Degethoff de Campos,
Zentrale Frauenbeauftragte der TU Berlin

Bei den Reformen an der TU Berlin spielen finanzielle Aspekte und Effizienz eine zentrale Rolle. Doch auch über Chancengleichheit in Verwaltung und Wissenschaft wird dabei debattiert. Diese "ideellen" Bereiche sind für die Qualität einer wissenschaftlichen Einrichtung nicht minder entscheidend. Heidemarie Degethoff de Campos, die Zentrale Frauenbeauftragte der TU Berlin, sieht die Universität dabei auf dem richtigen Weg: "Die Strukturreform und die Budgetierung eröffnen den hier arbeitenden Frauen Chancen."

Ein entscheidender Schritt in der Frauenförderung ist das im Mai beschlossene Anreizsystem zur Einstellung weiblichen Personals. Mit Beginn der Budgetierung am 1. Januar 2001 erstattet die Zentralverwaltung der TU Berlin den zuständigen Bereichen fünf Prozent der jährlichen Personalkosten einer Stelle, wenn diese mit einer Frau besetzt wird. Bei Professorinnen kommen nochmals fünf Prozent der Sachmittel hinzu. "Dieses System", so Degethoff de Campos, "hat den Vorteil, unbürokratisch und ohne komplizierte Verteilerschlüssel zu funktionieren." Damit habe man in der Frauenförderung die Nase vorne.

Doch auch immaterielle Ziele können vertraglich festgeklopft werden - etwa den Anteil der Studentinnen oder Professorinnen zu erhöhen. Darüber hinaus könnte die Frauen- und Geschlechterforschung künftig durch Neufassungen der Studien- und Prüfungsordnungen ausgebaut werden. Gegenwärtig wird ein Gastprofessorinnen-Programm diskutiert: Vier Professorinnen sollen für je ein Semester an die TU Berlin berufen werden, so dass die Hälfte der künftigen Fakultäten ständig eine Stelle über das Programm besetzt. "Besser wäre allerdings", schränkt Degethoff de Campos ein, "eine längere Anbindung an unsere Uni zu stärken."

Bislang bietet die TU Berlin ein durchwachsenes Bild in ihrer Beschäftigten-Struktur: Die Anzahl der Professorinnen hat zwar kontinuierlich zugenommen, das liegt allerdings weniger an einer absoluten, etwa durch Frauenfördermaßnahmen erreichten Zunahme, sondern ist in der Abnahme der Anzahl der Professoren begründet. Mit 3,4 Prozent Frauen auf C4-Professuren liegt die TU Berlin unter dem Bundesdurchschnitt, der bei rund 5 Prozent liegt. Bei den C3-Stellen ist der Bundesdurchschnitt knapp erreicht. "Mit anderen Worten: Frauen befinden sich eher auf den billigen Plätzen - ein Prinzip, das durchgängig in allen Statusgruppen zu finden ist", mahnt die Frauenbeauftragte. In den technisch naturwissenschaftlichen Bereichen verfügt die TU Berlin - außer in der Architektur - über gar keine Professorin. 9 von 15 Fachbereichen haben keine mit einer Frau besetzte Professur.

Im wissenschaftlichen Mittelbau (Stellen zur Promotion), wurde der Anteil der Frauen von 22,9 Prozent 1995 auf 28,1 Prozent 1999 (Vollzeitstellen) gesteigert. "Dabei fällt besonders ins Auge, dass die Anzahl von Frauen zwar insgesamt von 229 im Jahr 1998 auf 236 im Jahr 1999 anstieg, dass sich aber die der Männer von 451 auf 513 erhöhte", so Degethoff de Campos. "Klar erkennbar ist darüber hinaus, dass die Frauen auf den Teilzeitstellen überproportional vertreten sind."

Bei den zunächst günstig erscheinenden Zahlen bei den C1/C2-Stellen ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Frauenförderprogramms 13 C1- und 5 C2-Stellen besetzt sind, die zentral vergeben werden. Im Ergebnis ist festzustellen, dass offenbar die Fachbereichsstellen vorwiegend an Männer vergeben werden, weil es ja für Frauen das Förderprogramm gibt.

Leicht angestiegen ist der Anteil der Frauen in der Zentralen Universitätsverwaltung, und zwar von 44,7 Prozent 1995 auf 48,8 Prozent 1999, wobei es erfreulich ist, dass es zu einem prozentualen Anstieg von Frauen in den oberen Besoldungs- und Vergütungsgruppen gekommen ist, wenn auch die höchsten von Frauen nicht erklommen werden konnten.

"Auch in den kommenden Jahren müssen wir noch einiges in der Frauenförderung tun", fordert Degethoff de Campos. Es bedürfe sowohl weiterer Signale von der Universitätsleitung, dass sie Frauenförderung für eine wesentliche Aufgabe der TU Berlin hält als auch weiterer konkreter Maßnahmen, wie Ziel- und Zeitvorgaben sowie gezielter Anreize. "Diese sollten in den Zielvereinbarungen in Form von evaluier- und sanktionierbaren Verträgen abgeschlossen werden."

lk


Leserbriefe

  Die neue TU -
           Juni 2000


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