Die neue TU, Sonderausgabe der TU intern - Lehre und Studium
Die Lehre auf dem Prüfstand
Die Bemühung um Studierende gewinnt an Bedeutung
|
"Das Bewusstsein für die Bedeutung guter Lehre und
eines zügigen Studiums muss bei allen Beteiligten gestärkt
werden"
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Sahm, Vizepräsident für Lehre
und Studium der TU Berlin |
|
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Sahm,
2. Vizepräsident der TU Berlin und zuständig für
die Weiterentwicklung der Lehre, erläutert im Gespräch
mit TU intern, wie die Qualität der Lehre qualitativ und
quantitativ bewertet werden kann und welche Konsequenzen aus bisherigen
Evaluationen gezogen werden.
Welche Rolle spielt die Lehre an der TU Berlin in Zeiten des
Umbruchs?
Die Reform in der Lehre ist genauso wie die Weiterentwicklung
in der Forschung eine Daueraufgabe der Universität. Die Bemühung
um Studierende gewinnt heutzutage immer mehr an Bedeutung - nicht
zuletzt durch den wachsenden nationalen wie internationalen Wettbewerb.
Was wurde bislang zur Verbesserung der Lehre getan?
Der Akademische Senat
hat im Wintersemester 1999/2000 Leitlinien für die Weiterentwicklung der Studiengänge
beschlossen. Diese beinhalten unter anderem Elemente wie die Verbindung
von Forschung und Lehre, die Vermittlung sozialer und fachlicher
Kompetenz, gute Studierbarkeit, modularen Studienaufbau, überfachliche
Studienanteile sowie eine Verbesserung der Chancengleichheit.
Gehört dazu nicht auch die Bewertung von Lehrveranstaltungen?
Die meisten Fachbereiche lassen mittlerweile ihre Lehrveranstaltungen
regelmäßig von den Studierenden selbst bewerten. Dabei
geht es allerdings nicht darum, ein Ranking zu erstellen. Ziel
ist vielmehr, die Ergebnisse zur Verbesserung der Veranstaltungen
zu benutzen. Das gelingt am besten, wenn die Befragung so frühzeitig
im Semester erfolgt, dass die Anregungen der Studierenden noch
im Laufe des Semesters in die Veranstaltungen rückgekoppelt
werden können. Darüber hinaus werden wir die Lehre -
gemäß den Hochschulverträgen - an der TU Berlin
auch übergreifend und extern bewerten lassen. Dazu haben
wir zunächst eine Reihe von Ingenieurstudiengängen,
die Physik und die Chemie als Pilotprojekte ausgewählt.
Beim aktuellen Ranking des CHE hat die TU Berlin im Bereich
Lehre nur mäßig abgeschnitten. Wo liegen die Probleme?
Für die Forschungsleistung gab es fast durchweg gute Noten.
In der Bewertung durch die Studierenden hat die TU Berlin nicht
gut abgeschnitten. Wir werden die Lehre und ihre Akzeptanz verbessern
müssen. Leider ist es bislang noch nicht möglich, auch
die Absolventen zu befragen - daran arbeiten wir zur Zeit noch.
Die Wirtschaftsingenieur-Studierenden der TU Berlin zum Beispiel
bewerten ihr Studium aufgrund der hohen Belastung kritisch. Nach
dem Examen allerdings, wenn die gleichen Leute schnell in gutbezahlten
Jobs tätig werden, weil sie eine gute Ausbildung in kurzer
Zeit absolviert haben, sieht das Urteil möglicherweise anders
aus.
Wie soll es nun weitergehen?
Die Analyse der CHE-Ergebnisse hat einige Schwachpunkte aufgedeckt.
Dazu zählt zum Beispiel die schlechte Ausstattung von Computerarbeitsplätzen.
Zugleich muss das Bewusstsein für die Bedeutung guter Lehre
und eines zügigen Studiums bei allen Beteiligten gestärkt
werden. Hierzu könnten regelmäßige Gespräche
der Lehrenden untereinander sowie der Lehrenden mit den Studierenden
beitragen.
Wie kann die Universität künftig einen Rahmen für
die entsprechende Entwicklung der Lehre schaffen?
Nach dem Leitlinienbeschluss des Akademischen Senats im vergangenen
Semester sind die Fachbereiche nun aufgefordert, ihre Studien-
und Prüfungsordnungen zu überarbeiten. Die Umsetzung
der Ziele ist Aufgabe aller für die Lehre verantwortlichen
Personen und Gremien. Es wird aber sicher sehr hilfreich sein,
eine leitende Person zu haben, die den Umsetzungsprozess verantwortlich
befördert, zum Beispiel ein so genannter Studiendekan.
Wird sich durch die Umwandlung der Fachbereiche in Fakultäten
und die gleichzeitige Einführung der Budgetierung auch die
Gestaltung des Lehrbetriebs verändern?
Die Mittel an der TU Berlin werden künftig zu einem merklichen
Teil leistungsorientiert vergeben. Die Stellen der wissenschaftlichen
Mitarbeiter zum Beispiel werden zu 50 Prozent als Grundausstattung,
die andere Hälfte nach Forschungs- und Lehrleistung zugeteilt.
Die Leistungskriterien in der Lehre werden zum Teil formelgebunden
sein. Dabei spielen eine Rolle: die Zahl der Studierenden im Grundstudium,
im Hauptstudium und die Zahl der Absolventen. Letztere werden
wiederum nach Studiendauer gewichtet. Voll zählen nur diejenigen
Examenskandidaten, die innerhalb der Regelstudienzeit plus maximal
zwei Semester abschließen. Andere Lehrleistungskriterien
beziehen sich auf die eben erwähnten Elemente der Studiengangsgestaltung.
Diese Kriterien zur Bemessung der Lehrleistung sind zur Zeit in
der Formulierungsphase.
Wird auch an den Inhalten gearbeitet?
Ja, die Universität wird mit den künftigen Fakultäten
Zielvereinbarungen abschließen, in denen unter anderem die
Erfüllung der Leitlinien thematisiert werden. Diese Zielvereinbarungen
werden budgetwirksam sein. Bei diesem Zusammenspiel von finanziellen
Anreizen und Sanktionen muss allerdings verhindert werden, dass
in schwachen Bereichen eine Abwärtsspirale erzeugt wird.
Ich bin aber sicher, dass die Wirkung der Anreize überwiegen
wird.
Interview: Lars Klaaßen
Leserbriefe
|