Die neue TU, Sonderausgabe der TU intern - Verwaltungsreform
Große Visionen - lange Diskussionen
Die Umstrukturierung einer Bürokratie: Konsens trotz Konflikten
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"Wir sind keine Revisoren oder Kontrolleure, wir versuchen
Problembewusstsein zu schaffen."
Hans-Joachim Rieseberg, Projektmanager
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"Harte Wahrheiten auszusprechen und Auseinandersetzungen
zu führen sind Teile des Prozesses."
Michael Wullert, Projektmanager |
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Hans-Joachim Rieseberg und Michael Wullert organisieren und
moderieren als so genannte "Projektmanager" die Verwaltungsreform.
Im Gespräch mit TU intern berichten sie von ihrer Arbeit:
Welche Veränderungen anstehen, wie sie durchgesetzt werden
und was der Prozess für die Betroffenen bedeutet.
Auf welcher Grundlage wird die Verwaltungsreform durchgeführt,
was war der Ausgangspunkt?
Wullert: Grundlage unserer Arbeit ist der A.T. Kearney-Bericht.
Darin sind verschiedene Projekte aufgeführt, die wir einzeln
mit den jeweiligen Umsetzungsbeauftragten der Fachrichtungen,
Abteilungen und Hierarchiestufen in Angriff nehmen. Wir definieren
gemeinsam mit den Umsetzungsbeauftragten Aufgaben, Terminpläne
und Vorgehensweisen. Dann beobachten wir, wie die Dinge sich bei
der Umsetzung entwickeln. Der Prozess verläuft nicht starr,
sondern wird den praktischen Erfahrungen entsprechend modifiziert.
Rieseberg: Bei der Reform einer klassischen Verwaltung
des öffentlichen Dienstes sind drei Dinge zu beachten: Das
Dienstleistungsbewußtsein ist entwicklungsfähig, die
Arbeitsabläufe sind nicht optimal und die Beteiligungsrechte
sind zu wahren. Zu den Spielregeln gehört es, auf betriebsbedingte
Kündigungen zu verzichten und Veränderungen nur im Einvernehmen
mit den Beschäftigten durchzuführen.
Welches sind die wichtigsten Projekte?
Wullert: Die Studierenden sollen eine zentrale Anlaufstelle
erhalten, in der die allgemeine Studienberatung, das Immatrikulationsbüro
und das Akademische Auslandsamt vereint sind. Der Gesamtkomplex
Personaleinstellung und -verwaltung wird neu organisiert, eine
Konzeption für Personalplanung, -entwicklung und -management
muß das Gesamtreformpaket abrunden. Auch das Gebäudemanagement
der TU Berlin erhält neue Strukturen.
Rieseberg: Die Budgetierung, die Bildung der Fakultäten
durch den Zusammenschluss von Fachbereichen und die Gründung
der Fakultäts-Service-Center sind Herzstücke der Strukturreform.
Die Center sollen wesentliche Verwaltungsaufgaben der zentralen
Universitätsverwaltung übernehmen. Bei der Namensgebung
wurde übrigens bewusst der Begriff "Service" verwendet.
Schließlich soll ja auch das Bewusstsein für den Dienstleistungsgedanken
in der Verwaltung geweckt werden.
In welchem Zeitrahmen sollen diese Projekte umgesetzt werden?
Rieseberg: Die Reform des Gebäudemanagements zum Beispiel
soll im Sommer 2001 abgeschlossen werden. Obgleich sich die Konturen
der Reformbemühungen bereits abzeichnen, wird das gesamte
Vorhaben in spätestens fünf Jahren abgeschlossen sein.
Wullert: Die konkrete Zeitplanung wird durch die gleichzeitige
Behandlung einer Vielzahl von Prozessen erschwert: Während
der Projekte ergeben sich neue Anforderungen und Notwendigkeiten,
die in die Gesamtplanung einzuarbeiten sind. Daraus ergibt sich
teilweise eine rollierende Zeitbildung und Zeitplanung.
Wer setzt die Prioritäten bei der Umsetzung?
Wullert: Das macht der Umsetzungsausschuss, der aus Vertretern
des Präsidiums, des Personalrats und der Frauenbeauftragten
besteht. Wir machen Vorschläge und moderieren den Prozess.
Rieseberg: Beim umfassenden Ineinandergreifen aller Reformen
kann auch nur begrenzt von Prioritäten geredet werden.
Welches Feedback kommt von den Betroffenen?
Rieseberg: Die Reaktionen waren zunächst - vorsichtig
gesagt - nicht durchweg positiv.
Wullert: Es geht bei diesen tiefgreifenden Reformprozessen
um ganz spürbare Veränderungen im Arbeitsbereich von
vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Teilweise werden völlig
neue Erwartungen an die künftige Arbeit formuliert, die ganz
zwangsläufig auch zu Irritationen führen müssen.
Wir erwarten künftig von den Beschäftigten eine ganzheitliche
Herangehensweise an Arbeitsprozesse und - dies kommt hinzu - an
die Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse, die flexible Reaktionen
erforderlich machen.
Rieseberg: Die ersten positiven Rückmeldungen sind
gerade erst eingetroffen. Es muss sich vor allem in den Köpfen
der Mitarbeiter etwas ändern. Schließlich werden sich
ihre Arbeitsverhältnisse durch die Reform qualitativ verbessern.
Andererseits ist verständlich, dass die Reform auch als elementare
Bedrohung wahrgenommen wird: Aufgrund der erzwungenen Sparmaßnahmen
wird ein Drittel des gesamten Universitäts-Personals abgebaut.
Da kann man kein positives Feedback erwarten.
Welche Probleme, wie zum Beispiel Personalüberhang, gibt
es bei der Umsetzung?
Wullert: Der Personalüberhang ist nicht das Hauptproblem.
Die Abteilungen Gebäudemanagement und Umzüge wurden
etwa von 181 auf 128 Stellen reduziert. Dabei ergab sich lediglich
ein Überhang von ein oder zwei Leuten.
Rieseberg: In den Fakultäten spielt der Personalüberhang
allerdings eine größere Rolle als in der Zentrale.
Dort sind Versetzungen noch schwieriger. Selbst in der Zentrale
kann ein temporärer Überhang von vielleicht fünf
oder weniger Jahren entstehen, bis wir allen Leuten vernünftige
Jobs oder Weiterbildungen angeboten haben werden.
Wie werden die Mitarbeiter überzeugt?
Rieseberg: Wir haben zum einen die Aufgabe zu erklären,
dass es so nicht weitergeht, andererseits zu signalisieren: Wir
finden was Neues - und das tun wir auch!
Wullert: Große Offenheit ist uns wichtig. Der Weg
zur Entscheidungsfindung wird möglichst lange gemeinsam gegangen,
auch wenn letztlich die Leitung die Entscheidungen fällt.
Harte Wahrheiten auszusprechen und Auseinandersetzungen zu führen
sind Teile des Prozesses. Im besten Fall akzeptieren die Betroffenen
das Ergebnis.
Wie definieren Sie Ihre Position als Controller?
Wullert: Der Begriff Projektmanager wäre passender.
Wir haben eine Führungsaufgabe auf Zeit zwischen den Hierarchien
und Säulen der Organisation.
Rieseberg: Wir sind keine Revisoren oder Kontrolleure,
wir versuchen Problembewusstsein zu schaffen.
Wie soll die "Neue TU Berlin" einmal aussehen?
Rieseberg: Vor allem professionell. Der Begriff "Zuständigkeit"
sollte nicht mehr existent sein. Es gibt keine Warte- und Sprechzeiten
mehr, viele Vorgänge fallen weg oder sind mit kurzen Wegen
zu erledigen. Die Anzahl der Verwaltungsangestellen hat im Verhältnis
zu der von Wissenschaftlern und Studierenden abgenommen.
Wullert: Wer sich künftig an die TU Berlin wendet,
kann über eine Servicenummer alle Belange regeln. Die Arbeitsplätze
werden dann so interessant sein, dass alle Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter - auch aus der hohen Verantwortung, die mit diesen
Arbeitsplätzen verbunden ist, - eine große Zufriedenheit
ausstrahlen, die sich auch auf die Kunden der Universität
überträgt.
Das Gespräch führten Mirjam Kaplow und Lars Klaaßen
Leserbriefe
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